Gesundheitswesen 2022; 84(08/09): 837
DOI: 10.1055/s-0042-1753907
Abstracts | DGSMP/DGMS
Workshop

Gewichtsentwicklung und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen während der COVID-19-Pandemie – Ergebnisse aus dem Kinderärztenetzwerk CrescNet

M Vogel
,
R Gausche
,
W Kiess
 

Einleitung Die Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie brachten für einen Großteil der Kinder und Jugendlichen erhebliche Einschränkungen ihres Alltags mit sich. Der Wegfall vom Besuch des Kindergartens oder der Schule, die Schließung von Sportstätten, der eingeschränkte Kontakt zu Freunden und Familie: viele Experten befürchteten schon früh, dass die eingeschränkten Gelegenheiten sich zu bewegen, Übergewicht und Adipositas bei Kindern befördern würden.

Methoden Mithilfe von Daten des Kinderärztenetzwerks CrescNet verglichen wir verschiedene Parameter der Gewichtsentwicklung (mittlere BMI-SDS-Änderung und Anteil der Kinder mit einer positiven/negativen BMI-SDS-Trend) vor (2015-2019) und während der COVID-19-Pandemie.

Ergebnisse Die ermittelten Parameter aller Gewichts- und Altersgruppen weisen auf eine deutliche mittlere Gewichtszunahme während der ersten Welle der COVID-19-Pandemie hin: Die mittlere BMI-SDS-Änderung und die Anteile von Kindern mit einer tendenziellen Gewichtszunahme stiegen an, gleichzeitig gab es weniger Kinder, die eine negative Gewichtsentwicklung zeigten. Dabei waren Kinder bis zum Alter von 12 Jahren deutlich stärker als Jugendliche (12-18 Jahre) betroffen, die stärksten Effekte zeigten sich in den Gruppen der adipösen und übergewichtigen Kinder und Jugendlichen. Damit verstärkte die COVID-19-Pandemie und die mit ihr verbundenen Maßnahmen eine Tendenz, die bereits über den vorpandemischen Studienzeitraum zu beobachten war, um ein Vielfaches. Die Langzeiteffekte waren bei den adipösen Kindern und Jugendlichen besonders ausgeprägt, während sie sich zwischen den übrigen Gewichtsgruppen nur geringfügig unterschieden. Für keine der Analysen konnten wir einen Geschlechtsunterschied nachweisen.

Schlussfolgerung Zusammengefasst zeigen unsere Daten eine seit 15 Jahren akzelerierte Gewichtsentwicklung, die insbesondere in der bereits betroffenen Gruppe ausgeprägt war und damit langfristig eine Zunahme extremer Adipositas befürchten lässt. Darüber hinaus zeigte sich, dass die Änderung äußerer Umstände eine sehr starke und kurzfristige Wirkung entfalten kann. Im Kontext der COVID-19-Pandemie bedeutet dies leider eine weitere Eskalation kindlicher Adipositas.



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Article published online:
22 August 2022

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