Z Orthop Unfall 2020; 158(S 01): S95
DOI: 10.1055/s-0040-1717394
Vortrag
DKOU20-425 Allgemeine Themen->26. Freie Themen

Ätiologie der PTD: Standortbestimmung und Lösungsansatz

E Scola
*   präsentierender Autor
1   i. R. (im Ruhestand), Neumarkt/OPf
,
A Scola
2   Klinik Immenstadt, Unfallchirurgie und Orthopädische Chirurgie, Immenstadt
,
M Huber-Lang
3   Inst. f. klin. u. experimentelle Trauma-Immunologie (ITI), Ulm
› Author Affiliations
 

Fragestellung Bei der Posttraumatische Dystrophie (PTD) sind offene AV Shunts nachweisbar und als auslösende Ursache in der Diskussion.

Methodik 10 Patienten (8 w, 2 m) mit distaler Radiusfraktur (7 x Typ A, 3 x Typ C nach AO) und 5 gesunde Probanden (mit einmaliger Kontrolle) wurden untersucht. Bestimmt wurde pO2 venös im Seitenvergleich bei stationärer Aufnahme, postoperativ, 2 Wochen und 6 Wochen nach OP. Gleichzeitig wurde ein Screening von Neuropeptiden (CGRP, VIP, Substance P, ACh) und Cytokinen (IL-1 β###, IL-6) vorgenommen.

Ergebnisse und Schlussfolgerung Die Laborwerte waren sehr inhomogen ohne Signifikanzen. ACh und IL-1 β### waren insgesamt unverändert. Einzig das IL-6 ergab durchweg positive Δ### -Werte im Seitenvergleich (und verglichen mit den Kontrollen) als möglichen Hinweis auf eine Beteiligung der myeloischen Zellreihe.

Diskussion und Schlussfolgerung

Nach einem Gewebeschaden werden ortsständige Makrophagen und Mastzellen aktiviert, ein “oxidative burst” aus freien Radikalen (ROS und/oder RNS) initiiert. Es werden mehrere Signalkaskaden aktiviert, um die Blutversorgung sicherzustellen. HIF-1 z. B. wird in den Endothelzellen aktiviert und kodiert das induzierbare iNOS, das aus L-Arginin NO bildet und zwar bis zu tausendfach mehr als die konstitutiven eNOS und nNOS und wesentlich länger (mehrere Stunden bzw. Tage im Gegensatz zu einigen Sekunden bzw. Minuten). Eine zusätzliche Steigerung erfährt das iNOS durch den gleichzeitig kodierten VEGF. Die freie Diffusion von NO im Gewebe in benachbarte glatte Gefäßmuskelzellen hat eine anhaltende Relaxation zur Folge. Die Exozytose von TNF aus Makrophagen und Mastzellen setzt NF κ### B frei, das nicht nur iNOS sondern hunderte weitere Substanzen kodiert sowie zusätzliche Entzündungsprozesse initiiert und unterhält. Andere Signalkaskaden tragen ebenfalls mit ihren Transkriptionsfaktoren zu den klinischen Symptomen einer aseptischen Entzündungsreaktion bei. ATP, aus zerstörten Zellen freigesetzt, wirkt als extrazelluläre Fremdsubstanz sofort chemotaktisch auf Entzündungszellen und aktivierend z. B. auf purinerge Rezeptoren (Ionenkanäle und metabotrope Rezeptoren), wie auch seine Abbauprodukte ADP, AMP und Adenosin. Eine weitere Vasodilatation und Exozytose von Neurotransmittern sind die Folgen. - Das Signal zur Vasodilatation wird über das Endothel durch Connexine (Verbindungskanäle zwischen den Endothelzellen) nach proximal weitergeleitet bis zu den Verteilerarterien, sog. “conducted vasodilation (CVD)”. Mit eingeschlossen werden AV Shunts, sodass eine Hyperperfusion resultiert, die das doppelte Blutvolumen erreichen kann. Trotz der Hyperperfusion bleibt aber eine mikrovaskuläre Dysfunktion mit Minderperfusion der Kapillaren und chronischer Hypoxie bzw. Azidose bestehen, der Anfang eines circulus vitiosus.

Die PTD entwickelt sich höchstwahrscheinlich aus einer persistierenden Hyperperfusion bei offenen AV Shunts mit erhöhtem pO2 venös im Seitenvergleich und Zeichen einer chronischen Entzündung. Die Indikation für Corticosteroide scheint gegeben.

Stichwörter Posttraumatische Dystrophie, AV-Shunts, aseptische Entzündung



Publication History

Article published online:
15 October 2020

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