Hamostaseologie 2019; 39(S 02): S01-S10
DOI: 10.1055/s-0039-3400715
Hämophilie Teil I
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Produkt-spezifische Anforderung zur FVIII/FIX-Aktivitätsbestimmung bei Patienten unter Therapie mit FVIII/FIXKonzentraten mit verlängerter Halbwertszeit

Jens Müller
1   Institut für Exp. Hämatologie und Transfusionsmedizin, Uniklinikum Bonn, Bonn, Germany
,
Daniela Krause
1   Institut für Exp. Hämatologie und Transfusionsmedizin, Uniklinikum Bonn, Bonn, Germany
,
Simone Gasper
1   Institut für Exp. Hämatologie und Transfusionsmedizin, Uniklinikum Bonn, Bonn, Germany
,
Britta Lehnhoff
1   Institut für Exp. Hämatologie und Transfusionsmedizin, Uniklinikum Bonn, Bonn, Germany
,
Nina Schöneberg
1   Institut für Exp. Hämatologie und Transfusionsmedizin, Uniklinikum Bonn, Bonn, Germany
,
Sabine Wittersheim
1   Institut für Exp. Hämatologie und Transfusionsmedizin, Uniklinikum Bonn, Bonn, Germany
,
Georg Goldmann
1   Institut für Exp. Hämatologie und Transfusionsmedizin, Uniklinikum Bonn, Bonn, Germany
,
Natascha Marquardt
1   Institut für Exp. Hämatologie und Transfusionsmedizin, Uniklinikum Bonn, Bonn, Germany
,
Bernd Pötzsch
1   Institut für Exp. Hämatologie und Transfusionsmedizin, Uniklinikum Bonn, Bonn, Germany
,
Johannes Oldenburg
1   Institut für Exp. Hämatologie und Transfusionsmedizin, Uniklinikum Bonn, Bonn, Germany
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Publication History

Publication Date:
20 November 2019 (online)

 

Hintergrund: Aktuell stehen zur Behandlung der Hamophilie A mit ADYNOVIR (Shire), AFSTYLAR (CSL Behring) und ELOCTAR (Sobi/Biogen) drei, sowie zur Behandlung der Hämophilie B mit ALPROLIXR (Sobi/Biogen), IDELVIONR (CSL Behring) und REFIXIAR (Novo Nordisk) ebenfalls drei Faktorenkonzentrate mit verlängerter Halbwertszeit (extended half-life [EHL]) zur Verfügung. Aufgrund der entsprechenden Modifikationen dieser Moleküle reagieren diese in Labortesten zur Bestimmung der FVIII- bzw. FIX-Aktivität mitunter anders als die eingesetzten Plasma-basierten Kalibratoren, was potentiell zu testspezifischen Unterschieden fuhrt. Das Ziel der hier vorgestellten Studie war die systematische Untersuchung dieser Effekte bezüglich der uns zur Verfügung stehenden Testverfahren sowie die Erstellung entsprechend angepasster Anforderungsprofile.

Methoden: Die vorstehend aufgeführten EHL-Produkte wurden entsprechend der Herstellervorgaben gelost und in unterschiedlichen finalen Konzentrationen zu FVIII bzw. FIX-Mangelplasma pipettiert. Anschließend erfolgte die Analyse der Ansätze mittels chromogener Testverfahren (FVIII-CSA [Siemens], FIX-CSA [Hyphen]) als auch koagulometrischer Einstufen-Tests (OSC-Assays) unter Verwendung folgender aPTT-Reagenzien (Actin FS, Actin FSL und Pathromtin SL; alle Siemens). Die Analysen wurden auf dem Atellica Coag 360-System der Firma Siemens durchgeführt.

Ergebnisse: Mit den folgenden Testverfahren wurden akzeptable Ergebnisse (Variationskoeffizient sowie relative Abweichung vom Zielwert <25%) über einen Konzentrationsbereich von 0,025 bis 0,8 IU/ml erreicht: ADYNOVIR: FVIII-CSA; AFSTYLAR: FVIIICSA; ELOCTAR: alle OSC-Assays; ALPROLIXR: FIX-CSA; IDELVIONR: Pathromtin SL-basierter OSC-Assay; REFIXIAR: FIX-CSA. ADYNOVIR und AFSTYLAR, wurden in allen FVIII-OSCAssays, in Abhängigkeit sowohl von der eingesetzten Konzentration als auch dem verwendeten aPTT-Reagenz, um 30%–60% unterschätzt. IDELVIONR und REFIXIAR wurden in den OSC-Assay basierend auf Actin FS bzw. Actin FSL ebenfalls unterbewertet, während REFIXIAR unter Verwendung von Pathromtin SL im OSC-Assay massiv überschätzt wurde.

Schlussfolgerungen: Auf Basis der erhobenen Daten wurden Produkt-spezifische Anforderungsprofile erstellt, um eine korrekte Quantifizierung der FVIII- bzw. FIX-Aktivität bei Patienten unter Therapie mit EHL-Produkten zu gewährleisten. Mit der zu erwartenden baldigen Zulassung der FVIII-EHL N8-GP (turoctocog alfa pegol, Novo Nordisk) sowie BAY 94-9027 (Bayer) gilt es diese Strategie entsprechend zu erweitern.