Geburtshilfe Frauenheilkd 2017; 77(05): 524-561
DOI: 10.1055/s-0037-1602312
Fetomaternale Medizin/Geburtshilfe I; Datum: Freitag, 16.06.2017, 13:30 bis 15:00 Uhr, Vorsitz: Susanne Schüler-Toprak, Thorsten Fischer
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Auswirkungen weiblicher Beschneidung auf die Geburt – eine retrospektive Fall-Kontroll-Studie

C Arnreiter
1   Medizinische Universität Wien, Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Abteilung für Allgemeine Gynäkologie und gynäkologische Onkologie
,
D Dörfler
1   Medizinische Universität Wien, Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Abteilung für Allgemeine Gynäkologie und gynäkologische Onkologie
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Publication History

Publication Date:
02 June 2017 (online)

 

Fragestellung:

Untersucht wurde, ob Frauen mit weiblicher Beschneidung im Zeitraum von 1.1.2000 bis 30.04.2016 an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde des AKH Wien häufiger mittels Kaiserschnitt entbunden haben als Frauen ohne Genitalbeschneidung. Des Weiteren sollten auch Unterschiede im mütterlichen und fetalen Outcome bei der Geburt zwischen beschnittenen und unbeschnittenen Frauen beschrieben werden.

Methodik:

Es wurde eine retrospektive Fall-Kontroll-Studie durchgeführt. Zunächst wurden alle Patientinnen mit Genitalbeschneidung aus den Aufzeichnungen der Krisenambulanz und den Geburtenbüchern identifiziert. Es waren Daten zu insgesamt 65 Geburten vorhanden, denen anhand des Alters der Frau zum Zeitpunkt der Geburt eine entsprechende Kontrolle zugeordnet wurde.

Ergebnisse:

In der Gruppe von Frauen mit Genitalbeschneidung wurden 26 (40%) und in der Kontrollgruppe 25 (38,5%) Kaiserschnitte durchgeführt. Es konnte kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen gezeigt werden. Auch für die Häufigkeit von geburtsbedingten Risswunden und dem kindlichen Geburtsgewicht konnten keine signifikanten Ergebnisse gezeigt werden. Im Anschluss wurden die Variablen „Episiotomie“, „Blutverlust“, „Häufigkeit vaginal-operativer Entbindungen“, „Größe des Kindes“, „Nabelschnur-pH“, „Apgar-Score nach 1, 5 und 10 Minuten“ und „Häufigkeit einer Totgeburt“ zum Vergleich für mütterliches und fetales Outcome betrachtet. Es konnte gezeigt werden, dass bei Frauen mit Genitalbeschneidung signifikant häufiger Episiotomien durchgeführt wurden, als in der Kontrollgruppe (p = 0,035).

Schlussfolgerung:

Es konnten keine Unterschiede in der Häufigkeit an durchgeführten Kaiserschnitten zwischen Frauen mit Genitalbeschneidung und der Kontrollgruppe festgestellt werden. Da die Kaiserschnittrate mit 38,5% auch in der Kontrollgruppe über dem österreichischen Durchschnitt lag (30%, Stand 2015) und die Frauen nur nach dem Alter zugeordnet wurden, wäre es für zukünftige Studien empfehlenswert, die Kontrollen auch nach weiteren Kriterien zu matchen. Mögliche andere Risikofaktoren für einen Kaiserschnitt sollten ausgeschlossen werden. Es konnte allerdings gezeigt werden, dass an Frauen mit weiblicher Beschneidung häufiger Episiotomien durchgeführt wurden.