Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - P184
DOI: 10.1055/s-0036-1592749

Der Einfluss von Disstress und Persönlichkeitsfaktoren auf die Entscheidung über präventive Maßnahmen nach Feststellung einer BRCA-Mutation

K Wassermann 1, K Rhiem 1, R Schmutzler 1
  • 1Uniklinik Köln, Zentrum Familiärer Brust- und Eierstockkrebs, Köln, Deutschland

Zielsetzung: Die steigende Inanspruchnahme prophylaktischer Mastektomien in den letzten Jahren („Jolie-Effekt“) macht die Identifizierung psychosozialer Faktoren, welche die Entscheidung bezüglich präventiver Maßnahmen nach genetischer Testung beeinflussen, dringend erforderlich.

Materialien und Methoden: Im Rahmen einer prospektiven Studie, gefördert vom Bundesministerium für Gesundheit (Förderzeichen IIA5 – 2512 FSB 002), wurden 159 BRCA1/2-Mutationsträgerinnen zwischen Juni 2013 und Dezember 2014 zu drei Zeitpunkten hinsichtlich Disstress (HADS), Persönlichkeitsfaktoren (FPI), Erkrankungsrisiko und soziodemographischer Daten im Zusammenhang mit ihrer Entscheidungstendenz für präventive Maßnahmen untersucht.

Ergebnisse: Über alle Erhebungszeitpunkte konnten signifikant erhöhte Angstmittelwerte gegenüber der Allgemeinbevölkerung festgestellt werden. 18 – 27% der Mutationsträgerinnen zeigten zu allen Messzeitpunkten pathologische Angstwerte (HADS-A> 10), unabhängig davon, ob sie bereits an Brustkrebs erkrankt waren oder nicht. Erhöhte Angstwerte standen dabei in einem signifikanten Zusammenhang mit der Entscheidung zur prophylaktischen Mastektomie (PM) (p < 0,001), während Mutationsträgerinnen mit Normalwerten (HADS-A< 8) sich überwiegend für das intensivierte Früherkennungsprogramm (iFE) entschieden.

Persönlichkeitsfaktoren, wie höhere Lebenszufriedenheit korrelierten signifikant mit der Entscheidung für das iFE (p > 0,001), während Faktoren, wie soziale Orientierung (p = 0,012), Emotionalität (p < 0,001) und (allg.) somatische Beschwerden (p = 0,004) signifikant mit der Entscheidung zur PM korrelierten. Ein Zusammenhang zwischen Erkrankungsrisiko, Alter, Bildungsniveau und Familiensituation auf die Entscheidung konnte nicht nachgewiesen werden.

Zusammenfassung: Angst und Persönlichkeitsfaktoren spielen eine zentrale Rolle bei der Entscheidung für präventive Maßnahmen, während der Krankheitsstatus und das individuelle Erkrankungsrisiko weniger relevant sind. Diese Ergebnisse sollten im Rahmen interdisziplinärer Beratung berücksichtigt werden, um bei den Betroffenen eine präferenzsensible Entscheidung über präventive Maßnahmen zu unterstützen.