Zentralbl Chir 2016; 141 - FV32
DOI: 10.1055/s-0036-1587476

Fehldiagnose eines kleinzelligem Lungenkarzinoms durch Quetschartefakte an kleinen Tumorbiopsien. Beschreibung eines Falles mit weitreichenden Folgen

I Kyritsis 1, B Krebs 1, S Kampe 2, D Theegarten 3, C Aigner 1, S Welter 1
  • 1Abteilung für Thoraxchirurgie und Thorakale Endoskopie, Ruhrlandklinik – Westdeutsches Lungenzentrum, Universität Duisburg-Essen
  • 2Abteilung für Anästhesiologie und Schmerztherapie, Ruhrlandklinik – Westdeutsches Lungenzentrum, Universität Duisburg-Essen; Abteilung für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Universitätsklinikum Magdeburg, Otto von Guericke Universität Magdeburg
  • 3Institut für Pathologie; Universitätsklinikum Essen

Hintergrund: Obwohl kleinzellige Lungenkarzinome (SCLC) und typische Karzinoide (TC) zu den neuroendokrinen Tumoren (NETs) zählen, haben Sie unterschiedliche Prognosen und müssen völlig unterschiedlich behandelt werden. SCLC treten in höherem Alter und bei starken Rauchern auf, während Karzinoid auch bei Jugendlichen und Nichtrauchern gefunden werden. Beide manifestieren sich eher hilusnahe. Die Gefahr von Verwechslungen besteht durch inadäquate Biopsien und inkomplette Immunhistochemie.

Material und Methode: Fallpräsentation einer 46-jährige Nieraucherin, bei der durch bronchoskopische Biopsie ein zentrales SCLC rechts diagnostiziert, und mit 6 Zyklen von Cisplatin/Etoposid, thorakaler Strahlentherapie (60 Gy) und prophylaktischer Schädelbestrahlung (30,6 Gy) behandelt wurde. Ein Zwischenstaging nach 4 Zyklen hatte kein Ansprechen gezeigt. Bei fehlender Remission nach 1 Jahr wurde in unserer Klinik über eine erneute Tumorbiopsie ein TC diagnostiziert. Die Nachuntersuchung der auswärtigen Primärbiopsien zeigten Quetschungsartefakte und ein Ki-67 mit nur wenigen positiven Zellen.

Ergebnis: Die R0-Resektion konnte nur über eine intraperikardiale erweiterte rechtsseitige Pneumonektomie erreicht werden. Tumorstadium: 5,5 cm großes typisches Karzinoid, ypT2b, ypN0 (0/7), L0, V0, R0. Der postoperative Verlauf war unauffällig und die Patientin ist nach 6 Monaten rezidivfrei. Durch die Fehldiagnose und den lokalen Tumorprogress war eine initial denkbare untere Bilobektomie nicht mehr möglich gewesen und die Patientin durch die zerebrale Bestrahlung mit eindeutigen psycho-kognitiven Veränderungen auffällig geworden.

Schlussfolgerung: Kleine Biopsien mit Quetschungsartefakten bergen das Risiko einer Fehldiagnose zwischen verschiedenen NETs. Zur Unterscheidung ist eine Ki-67 Bestimmung unerlässlich. Wenn Alter und Nieraucherstatus gegen ein SCLC sprechen sollte die Diagnose mit neuen Biopsien überprüft werden.