Z Geburtshilfe Neonatol 2015; 219 - P10_8
DOI: 10.1055/s-0035-1566692

Misoprostol zur Geburtseinleitung: die Perspektive von Hebammen

C Schwarz 1, K Oehler 2, W Rath 3
  • 1Medizinische Hochschule Hannover, AG Hebammenwissenschaft, Hannover, Germany
  • 2Helios Klinikum Hildesheim, Frauenklinik, Hildesheim, Germany
  • 3Universitätsklinikum Aachen, Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Aachen, Germany

Fragestellung: In Deutschland werden aktuell etwa 22% der Geburten eingeleitet, meist medikamentös. Zwei Drittel der Geburtskliniken setzen Misoprostol zu diesem Zweck ein. Es gibt Untersuchungen zu Effektivität von Misoprostol für diese off-label Indikation. Dabei werden überwiegend klinische Outcomes erfasst. Eine Einschätzung des Einleitungsprozesses aus Sicht von Hebammen ermöglicht eine Erweiterung dieser Perspektive.

Methodik: Vier Wochen konnten Hebammen(teams) aus Deutschland per Mail oder über einen online Survey ihre Erfahrungen mit Misoprostol mitteilen. Texte aus Mails wurden kodiert. Der online Survey enthielt vier geschlossene Fragen zur Geburtseinleitung mit Misoprostol und die Möglichkeit, freien Text einzugeben. Zwei weitere Fragen erfassten demografische Daten. Die Auswertungen erfolgten mit SPSS 21 und Excel.

Ergebnis: Wir erhielten 30 ausgefüllte Online-Fragebögen und 52 Mails zur Auswertung. Kodierte positive und negative Bewertungen wurden quantifiziert. Hebammen schätzen Misoprostol zur Geburtseinleitung wegen der einfachen oralen Applikation (13,4%; n = 11), guten Akzeptanz (14,6%; n = 12) und hohen Wirksamkeit (28,1%; n = 23). Die Anwendung ist in den Kliniken sehr heterogen in Bezug auf Dosierung der Medikamentengaben, Applikationsmodus, Indikationen und Maximaldosis. Vielfach werden negative Aspekte wie pathologische CTG Muster (12,2%; n = 10) und heftige oder Hyperstimulation/besonders schmerzhafte Wehen (25,6%; n = 21) genannt. Gelegentlich berichten die Hebammen auch von schweren Komplikationen (n = 2). Insgesamt überwogen die positiven Aspekte (92 vs. 58 Nennungen, p < 0,001).

Schlussfolgerung: Hebammen berichten von positiven und negativen Erfahrungen mit Misoprostol zur Geburtseinleitung. Die Anwendungspraxis des off-label Medikaments ist uneinheitlich. Die Outcomes und Komplikationsraten sollte zentral erfasst werden, um eine Abwägung von Vor- und Nachteilen sowie eine reale Risikoeinschätzung zu gewährleisten.