Gesundheitswesen 2015; 77 - A140
DOI: 10.1055/s-0035-1563096

Lungenkrebs und sozio-ökonomischer Status: die SYNERGY-Studie

J Hovanec 1, J Siemiatycki 2, D Conway 3, KH Jöckel 4, A Olsson 5, 6, J Schüz 5, K Straif 5, H Kromhout 7, B Kendzia 8, B Pesch 8, T Brüning 8, T Behrens 8
  • 1Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), Bochum
  • 2University of Montreal, Hospital Research Center (CRCHUM) and School of Public Health, Montreal
  • 3Dental School, College of Medicine Veterinary and Life Sciences, University of Glasgow, Glasgow G2 3JZ, UK
  • 4Institut für Medizinische Informatik, Biometrie & Epidemiologie Universitätsklinikum Essen, Essen
  • 5International Agency for Research on Cancer (IARC), Lyon, France
  • 6Institute of Environmental Medicine, Karolinska Institutet, Stockholm, Sweden
  • 7Environmental Epidemiology Division, Institute for Risk Assessment Sciences, Utrecht University, Utrecht, The Netherlands Utrecht
  • 8Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA)

Hintergrund: Ein Zusammenhang zwischen sozio-ökonomischem Status (SES) und Lungenkrebs ist in vielen Studien beobachtet worden, die häufig das Rauchverhalten nicht ausreichend berücksichtigten. Wir untersuchten die Assoziation von Lungenkrebs und beruflichem SES unter Einbeziehung der detaillierten Rauchbiografien im Rahmen des SYNERGY-Projektes. Methoden: Elf Fall-Kontrollstudien aus Europa und Kanada wurden in die Analyse eingeschlossen. Der SES wurde über den International Socio-Economic Index of Occupational Status (ISEI) und die European Socio-economic Classification (ESeC, mit 3 und 5 Klassen) gemessen. Hierzu wurde der Wertebereich des ISEI geviertelt. Im Rahmen von Sensitivitätsanalysen wurden zudem vier Expositionskategorien basierend auf den Quartilen der ISEI-Verteilung in der Kontrollgruppe gebildet. Wir berechneten Odds Ratios (OR) und 95% Konfidenzintervalle (KI), adjustiert für Alter, Geschlecht, Studie und das Rauchverhalten über unbedingte logistische Regressionsmodelle. Stratifizierte Analysen nach Geschlecht, Alter, Studienregion, histologischem Subtyp und Sensitivitätsanalysen, die einzelne Studien bzw. Subgruppen von Studienteilnehmern ausschlossen, wurden durchgeführt. Ergebnisse: Die Analyse umfasste 17.021 Lungenkrebsfälle und 20.885 Kontrollpersonen. Die OR für den Vergleich von niedrigster und höchster SES-Kategorie für den längsten ausgeübten Beruf betrugen 1,80 (95% KI 1,61 – 2,02) bei ISEI, 1,50 (95% KI 1,42 – 1,59) bei ESeC mit 3 Klassen und 1,55 (95% KI 1,46 – 1,64) mit 5 Klassen. Der Zusammenhang zwischen beruflichem SES und Lungenkrebs zeigte einen sozialen Gradienten, z.B. für ISEI (nach absteigendem SES): OR 1,19 (95% KI 1,07 – 1,33), OR 1,71 (95% KI 1,54 – 1,90) und OR 1,80 (95% KI 1,61 – 2,02). Die SES-Differenzen hinsichtlich des Lungenkrebsrisikos waren bei Männern stärker als bei Frauen ausgeprägt (z.B. niedrigste vs. höchste ISEI-Kategorie Männer: OR 1,84 (95% KI 1,61 – 2,09), Frauen: 1,54 (95% KI 1,20 – 1,98)). Nach Adjustierung für das Rauchverhalten reduzierte sich das Lungenkrebsrisiko um bis zu 50%. Auch zusätzliche Adjustierung für Schulbildung führte zu einer Reduktion der Risiken. Schlussfolgerung: SES blieb nach Adjustierung für das Rauchverhalten besonders bei Männern ein Risikofaktor für Lungenkrebs.