Gesundheitswesen 2015; 16 - P42
DOI: 10.1055/s-0035-1546944

Globale Erwärmung: Zunahme Arthropoden-übertragener Infektionen in Deutschland?

P Kimmig 1, T Naucke 1, S Pluta 1, U Mackenstedt 1, G Schmolz 2
  • 1Universität Hohenheim, Fachgebiet Parasitologie, Stuttgart
  • 2Dtsch. Fachgesellschaft f. Reisemedizin, Düsseldorf

Unter dem Einfluss der globalen Klimaerwärmung ist vermehrt mit dem Auftreten von Arthropoden-übertragenen (Insekten, Zecken, Milben) Infektionen zu rechnen. Dabei spielt das Einschleppen der Krankheiten etwa durch Touristen epidemiologisch zunächst keine Rolle, Probleme entstehen erst nach dem Import von Vektoren, die die Infektion weiter verbreiten können. In dieser Hinsicht besonders gefürchtet sind Moskitos der Gattung Aedes, die mit dem Altreifenhandel weltweit verschleppt worden sind. Über den Mittelmeerraum und besonders Italien gelangen tropische Aedes-Arten auch nach Deutschland. Der Tigermoskito Aedes (Stegomyia) albopictus wurde 2008 erstmals in Deutschland nachgewiesen. Im selben Jahr fanden sich in der Schweiz Larven des asiatischen Buschmoskitos Aedes japonicus, der sich inzwischen über ganz Süddeutschland ausgebreitet hat. Beide Aedes-Arten sind potente Vektoren von Infektionen wie Dengue und Chikungunya-Fieber bzw. Welt-Nil-Fieber; vor allem bei letzterem sind autochthone Infektionen auch in Deutschland möglich.

Besonders problematisch sind Arthopoden-übertragene Infektionen, die auf natürliche Weise von Tieren auf Menschen übertragen werden (Zoonosen), sodass sich tierische Reservoire bilden. Als Überträger des Mittelmeerfleckfiebers (Rickettsia conorii) fungiert die Braune Hundezecke Rhipicephalus sanguineus. Die Erreger und Vektoren werden über Hunde nach Deutschland eingeschleppt; die thermophilen Zecken können sich in Wohnungen, offenbar aber noch nicht im Freiland halten. Leishmania infantum, ein Erreger der viszeralen Leishmaniose, ist im mediterranen Raum verbreitet und wird durch Sandmücken (Phlebotomen) übertragen. Das tierische Reservoir sind Haushunde, mit denen die Erreger nach Deutschland importiert werden. Ein potientieller Überträger, Plebotomus mascittii, tritt auch in Süddeutschland auf. Autochthone Infektionen viszeraler Leishmaniosen wurden in Deutschland mehrfach nachgewiesen, sodass mit der Etablierung dieser Infektion gerechnet werden muss.