Geburtshilfe Frauenheilkd 2014; 74 - FV_03_08
DOI: 10.1055/s-0034-1388561

Einfluss der Kenntnis des fetalen Outcome auf die Interpretation des intrapartalen CTGs – eine europäische Studie

P Reif 1, S Schott 2, C Boyon 3, J Richter 4, G Kavšek 5, K Nyangoh Timoj 6, P Pateisky 7, J Haas 1, U Lang 1, D Ayres-de-Campos 8
  • 1Medizinische Universität Graz, Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Graz, Austria
  • 2Universitätsfrauenklinik, Heidelberg, Germany
  • 3Universitätspital, Lille, France
  • 4Universität, Leuven, Belgium
  • 5Universtity Clinical Center, Ljubljana, Slovenia
  • 6Université Pierre und Marie Curie, Paris, France
  • 7Medizinische Universität, Wien, Austria
  • 8Faculdade de Medicina da Universidade do Porto, Porto, Portugal

Fragestellung: Für die FIGO Klassifikation wurde gezeigt, dass das Wissen um den Ausgang einer Geburt die retrospektive Interpretation des CTGs beeinflusst. Inwieweit dieser Effekt jedoch von Berufserfahrung beeinflusst wird, inwieweit dies auch auf andere Klassifikationssysteme übertragbar ist und ob dies auch für Handlungsempfehlungen gilt, ist unklar.

Methodik: 37 AssistenzärztInnen, 58 FachärztInnen, 28 Abteilungsvorstände u. 92 Hebammen aus 5 europäischen Ländern wurden eingeladen 42 Geburts-CTGs von unauffälligen Schwangerschaften mittels Online-Formular anhand der NICE/RCOG Kriterien zu beurteilen. In der ersten Runde waren keine fetalen Outcome-Daten verfügbar. 2 Monate später wurden dieselben CTGs in geänderter Reihenfolge – nun mit art. NS-pH-Werten versehen – von den 120 Reviewern, die die ersten Runde abgeschlossen hatten, nochmals beurteilt. Die Beurteilung umfasste Einzelkriterien, Gesamtklassifikation und Handlungsempfehlung. Die Übereinstimmung zwischen beiden Runden wurde mittels Kappa und Signifikanzen mittels Mc-Nemar-Bowker-Test berechnet.

Ergebnisse: Es besteht lediglich eine ausreichende Übereinstimmung der Gesamtklassifikationen (Κ= 0,35; CI 95%: 0,33 – 0,38), welche zwischen den Berufsgruppen nicht differiert. Die Übereinstimmung hinsichtlich der Handlungsempfehlungen war ebenfalls ausreichend (Κ= 0,33; CI 95%: 0,31 – 0,35), wobei signifikant bessere Übereinstimmung für normale (Κ= 0,39; CI 95%: 0,35 – 0,43) als für azidotische Fälle (Κ= 0,21; CI 95%: 0,17 – 0,24) gezeigt werden konnte; auch hier keine Unterschiede zwischen den Berufsgruppen.

Die Detektionsrate für folgende CTG Veränderungen war in der 2. Runde signifikant erhöht: suspekte, pathologische Basalfrequenz; suspekte, pathologische Variabilität; sinusiodale CTGs; späte, atypisch-variable, prolongierte Dezelerationen; suspekte, pathologische Gesamtklassifikation; Empfehlung zu Akutmaßnahmen, Entbindung.

Schlussfolgerung: Der Stellenwert der retrospektiven CTG Beurteilung muss angesichts der abweichenden Beurteilungen in Kenntnis von Outcome Parametern überdacht werden. Berufserfahrung bzw. höhere hierarchische Position scheinen nicht mit einer höheren Konsistenz der Interpretationsergebnisse assoziiert zu sein.