Diabetologie und Stoffwechsel 2014; 9 - FV62
DOI: 10.1055/s-0034-1374919

Ein kulturadaptiertes Schulungskonzept motiviert zu gesundheitsfördernden Verhaltensänderungen bei türkischen Diabetikern

M Thole 1, D Isildak 1, A Kurtulus 1, G Empacher 2, R Lobmann 1
  • 1Klinikum Stuttgart, Bürgerhospital, Medizinische Klinik 3, Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Geriatrie, Stuttgart, Germany
  • 2Gemeinschaftspraxis Endokrinologie und Diabetologie im Zentrum, Stuttgart, Germany

Als Reaktion auf die defizitäre Versorgungslage türkischer Diabetiker wurden türkischsprachige Schulungsangebote eingeführt. Eine Auswertung der gesundheitlichen Auswirkungen ist bislang nur selten erfolgt.

1-Gruppen-Design-Interventionsstudie an allen Teilnehmern einer kulturadaptierten 1-wöchigen DDG-Schulung, n = 72, 56,9% Frauen 43,1% Männer. Bei Aufnahme medizinische Untersuchung, face-to-face Befragung mit offenen und geschlossen Fragen sowie erneut telefonisch nach 6 Monaten. Auswertung mittels parametrischer und nichtparametrischer Testverfahren, zur Bewertung von Zusammenhängen Regressionsanalysen unter Adjustierung von Störfaktoren.

Bei Aufnahme lag der Altersdurchschnitt bei 57,8 (9,52), Diabetesdauer bei 8,9 Jahren (7,98), HbA1c-Wert bei 8,4% (7,3, 8,95), BMI bei 32 (5,13), eine arterielle Hypertonie bei 28,6% vor. 58,3% nahmen erstmalig an einer Schulung teil, Frauen bisher seltener (p = 0,022). 15,4% hatten keine (Schul)bildung. Zur Nachuntersuchung (22,2% Studienabbrecher) waren BMI (U =-5,12, p < 0,001) und HbA1c-Wert (U =-4,47, p < 0,001) signifikant reduziert, die Anzahl der wöchentlichen Blutzuckermessungen (U =-4,72, p < 0,001) signifikant höher. Die Regressionsanalysen (zur Nachuntersuchung) zeigten niedrigere HbA1c-Werte bei jüngeren Patienten (ß= 0,169, p = 0,071), bei wiederholten Schulungen signifikant häufigere Blutzuckermessungen (ß= 0,477, p < 0,001). Im hierarchischen Modell (Störfaktoren zuerst) leistete die Schulungsanzahl einen signifikanten Beitrag zur Prädiktion der wöchentlichen Blutzuckerselbstmessungen (R2-change 19,7%, p < 0,001). Je häufiger gemessen wurde, desto größer war die HbA1c-Senkung (ß=-0,323, p < 0,05).

Das Risiko für Folgeerkrankungen ist bei der Mehrheit bereits bei Erstteilnahme erhöht. Die Schulung war effektiv trotz geringem Bildungsstatus und langjährigem Diabetes. Um den HbA1c-Wert nachhaltig zu senken sind regelmäßige Schulungswiederholungen nötig, da so die für den Verlauf ausschlaggebende Selbstkontrollbereitschaft steigt. Eine flächendeckende Implementierung mit frühzeitigem Zugang insbesondere für Frauen und jüngere Patienten, könnte die Diabeteseinstellung und damit Prognose verbessern.