Diabetologie und Stoffwechsel 2014; 9 - FV4
DOI: 10.1055/s-0034-1374861

Mangelnde Diabetesakzeptanz ist ein stärkerer Prädiktor einer schlechten Diabetes-Selbstbehandlung und glykämischen Kontrolle als depressive Stimmung oder diabetesbezogene Belastung in querschnittlichen und längsschnittlichen Analysen

A Schmitt 1, N Hermanns 1, A Reimer 1, T Haak 1, B Kulzer 1
  • 1Diabetes Zentrum Mergentheim, Forschungsinstitut der Diabetes-Akademie Bad Mergentheim (FIDAM), Bad Mergentheim, Germany

Fragestellung: Eine angemessene Akzeptanz des Diabetes wird als Grundvoraussetzung einer effektiven Diabetesbehandlung erachtet. Allerdings besteht nur geringe Evidenz für die vermutlich negativen Auswirkungen einer mangelnden Diabetesakzeptanz. Diese Studie untersuchte solche Auswirkungen auf das Selbstbehandlungsverhalten und die glykämische Kontrolle.

Methodik: 321 Diabetespatienten (Alter 44 ± 15; 51% weiblich; BMI 29 ± 7; 66% Typ-1; Diabetesdauer 14 ± 10; 94% insulinbehandelt; HbA1c 8,7 ± 1,7%) wurden hinsichtlich Diabetes-Nonakzeptanz (AADQ-6), Depressivität (ADS), Diabetesbelastung (PAID), Selbstbehandlungsverhalten (SDSCA) und glykämischer Kontrolle (HbA1c) untersucht. 164 Patienten konnten in einem 12-Monats-Follow-Up nachuntersucht werden. Es wurden querschnittliche und längsschnittliche Korrelationen zwischen Diabetes-Nonakzeptanz und Selbstbehandlungsverhalten bzw. HbA1c-Wert bestimmt und mit denen von Depressivität und Diabetesbelastung verglichen. Zusätzlich wurden die Zusammenhänge mittels Regression für Störeinflüsse adjustiert.

Ergebnisse: Querschnittlich war stärkere Diabetes-Nonakzeptanz signifikant mit einer schlechteren Diabetes-Selbstbehandlung (r=-0,27), geringeren Adhärenz bei Ernährung (r=-0,25) und Blutzucker-Selbstkontrolle (r=-0,34) und einem höheren HbA1c-Wert (r= 0,28) assoziiert. Alle Korrelationen waren signifikant höher als die von Depressivität und Diabetesbelastung (alle p < 0,05). Längsschnittlich war stärkere Diabetes-Nonakzeptanz im Prätest signifikant mit einer reduzierten Selbstbehandlung (r=-0,32) und Adhärenz bei Ernährung (r=-0,33) und Blutzucker-Selbstkontrolle (r=-0,29) sowie einem höheren HbA1c-Wert (r= 0,18) im 12-Monats-Follow-Up assoziiert. Dagegen zeigten weder Depressivität noch Diabetesbelastung signifikante längsschnittliche Assoziationen mit diesen Outcomemaßen. Eine Adjustierung für Alter, Geschlecht, BMI, Bildung, Diabetestyp, Diabetesdauer und Behandlung veränderte die Befunde nicht.

Schlussfolgerungen: Mangelnde Diabetesakzeptanz hat stärkere negative Auswirkungen auf Diabetes-Selbstbehandlung und glykämische Kontrolle als Depressivität oder Diabetesbelastung. Die Erfassung von Diabetesakzeptanz könnte die Identifikation von Patienten mit problematischer Prognose und Optimierung von Behandlungsmaßnahmen für diese Gruppe erleichtern.

Diese Arbeit wurde unterstützt vom „Kompetenznetz Diabetes mellitus“ (FKZ 01GI1107).