Pneumologie 2013; 67 - Editorial
DOI: 10.1055/s-0033-1357069

„Gute Partikel – böse Partikel“. Abschlusssymposium des NanoCare-Forschungsverbundes CarbonBlack

H Fehrenbach 1
  • 1Direktor, Programmbereichs Asthma & Allergie, Forschungszentrum Borstel, Leibniz-Zentrum für Medizin und Biowissenschaften, Airway Research Center North (ARCN), Mitglied im Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL)

Im Rahmen der Fördermaßnahme NanoCare wurden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung 2010 mehrere Forschungsverbünde eingerichtet, um das Gefährdungspotential synthetischer Nanopartikel zu erforschen. Der Verbund „CarbonBlack“1, der oberflächenfunktionalisierte Kohlenstoffnanopartikel (CBNP) auf ihre potentiell gesundheitsgefährdende Wirkung bei pulmonaler Exposition untersuchte, lud Vertreter der an verwandten Themen arbeitenden Verbünde „nanoGEM“ und „CarboTox“ sowie des Leibniz-Forschungsverbundes „Nanosicherheit“ zu einem am 24./25.10.13 am Forschungszentrum Borstel veranstalteten Symposium ein. Gemeinsam mit international renommierten Experten der Nanotoxikologie wurden Fragen der potentiellen Gesundheitsgefährdung von CBNP diskutiert.

In fünf wissenschaftlichen Sitzungen wurden verschiedene Facetten der Risikoabschätzung beleuchtet. In „Ultrafine/nanoparticle exposure and health hazards“ wurden neben, derzeit nur begrenzt vorliegenden, epidemiologischen Studien, die jedoch ein Gesundheitsrisiko durch ultrafeine Umweltpartikel nahelegen (1), Studien zum Einfluss von Partikeloberfläche und -form (2) vorgestellt sowie der Einsatz von in vivo Untersuchungen an Nagern zur Beurteilung diskutiert. In „Pulmonary effects of ultrafine/nanoparticle exposure“ wurde auf die größenabhängige differentielle Deposition von Partikeln in unterschiedliche Lungenregionen sowie die Translokation von Partikeln aus der Lunge in andere Organe eingegangen (3). Anschließend wurde diskutiert, über welche Mechanismen Partikel die epitheliale Barriere überwinden können (4) und welche Eigenschaften von Partikeln ihre z.T. verstärkenden Effekte bei bestehender Atemwegserkrankung bedingen können (5). In seiner Keynote Lecture stellte Professor Oberdörster (University of Rochester) die ganze Komplexität eines möglichst realistischen Konzeptes zur Risikoabschätzung mit Extrapolation experimenteller in vivo und in vitro Daten für die Beurteilung des Gefährdungspotentials inhalierbarer Partikel für den Menschen dar (6). Die gemeinsam mit dem Leibniz-Verbund „Nanosicherheit“ gestaltete Sitzung „Assessment of nanosafety/nanohazards“ widmete sich den Einsatzmöglichkeiten von humanen in vitro Zellsystemen zur toxikologischen Prüfung (7) sowie den bei direkter Interaktion von Nanopartikeln mit Zellen wirksam werdenden Mechanismen, die zellschädigende Effekte nach sich ziehen können (8, 9). Eine Postersitzung, in der verschiedenste für die Erforschung potentiell toxikologischer Wirkungen von Partikeln relevante Aspekte vorgestellt wurden (10-14), rundete den allgemeinen Teil des Symposiums ab.

Im Verlauf des Symposiums wurde deutlich, dass mehr noch als die geringe Größe der Partikel deren spezifische Oberfläche ihre biologisch-toxikologischen Wirkungen entscheidend beeinflussen. Die vom Verbund „CarbonBlack“ vorgestellten Befunde zum Einfluss von oberflächen-adsorbierten polyaromatischen Kohlenwasserstoffen belegten dies eindrücklich (15-20). Zudem wurde deutlich, dass identische CBNP in ex vivo Systemen an Trachea, Bronchien, Bronchiolen und Alveolargeweben sehr unterschiedlich wirksam werden können.

Fazit: Auf Partikelseite sind es v.a. die Größe und Chemie der Oberfläche, die ein „böses“ von einem „guten“ Nanopartikel unterscheiden lassen; auf Lungenseite sollten die spezifischen Sensitivitäten und Reaktionsmuster der durch Partikeldeposition präferentiell betroffenen Regionen in eine Risikobewertung einbezogen werden.

1 carbon black (engl.): Industrieruß