Geburtshilfe Frauenheilkd 2013; 73 - P3_12
DOI: 10.1055/s-0033-1343543

Management auffälliger Sonografiebefunde – ein Fallbericht

C Voigt 1, M Brenner 1, 2, J Herrmann 1, KH Eichhorn 2
  • 1Sophien- und Hufeland-Klinikum Weimar, Geburtshilfe
  • 2Gemeinschaftspraxis Martin/Eichhorn, Weimar

Die 27-jährige Patientin Erstgravida, Nullipara stellte sich in der 12. SSW zum Ersttrimester-Screening vor. Die Eigen- und Familienanamnese der Patientin waren unauffällig. Das ETS ergab einen auffälligen sonographischen Befund mit einer NT > 7 mm, einem Hygroma colli und einem V.a. einen komplexen Herzfehler – Trikuspidalinsuffizienz, fraglicher VSD. In der 13+2. SSW wurde eine CVS durchgeführt. Die sonographische Untersuchung bestätigte mit V.a. einen perimembranösen VSD, Double Outlet Right ventricle (DORV) und einer Trikuspidalinsuffizienz einen auffälligen, frühfetalen Herzbefund. Der Eingriff verlief komplikationslos. Das Ergebnis zeigte eine unauffällige Karyotypisierung, woraufhin weitere humangenetische Untersuchungen veranlasst wurden. In der 20. SSW erfolgte eine komplettierende Feindiagnostik mit Echokardiografie. Der anfängliche Verdacht auf einen komplexen Herzfehler konnte hierbei nicht bestätigt werden. Keine der zuvor festgestellten Fehlbildungen konnten verifiziert werden. Aufgrund der Befunddiskrepanz zwischen ETS und Feindiagnostik schlossen sich zahlreiche Folgeuntersuchungen an, die im Ergebnis stets einen unauffälligen, zeitgerecht entwickelten Fetus ergaben. Die humangenetischen Untersuchungsergebnisse zeigten ebenfalls unauffällige Befunde. Für Untersucher und Patientin entstand somit eine schwierige Situation, die Patientin möchte das Kind auf jeden Fall austragen, es werden Verlaufskontrollen und die Entbindung in einer Klinik mit Kinderklinik empfohlen. In der 36 + 3. SSW stellte sich die Patientin zur Geburtsplanung in der Klinik vor. In der sonographischen Untersuchung zeigte sich eine asymmetrische fetale Entwicklung mit einem Schätzgewicht von 2200 g, entsprechend der 5. Perzentile nach Voigt. Die fetalen und maternalen Doppler waren unauffällig. In der Kontrolluntersuchung 10 Tage später zeigte sich das Bild einer asymmetrischen fetalen Retardierung ohne Wachstumstendenz. Die Indikation zur primären Sectio wurde gestellt. Die primäre Sectio caesarea in Spinalanästhesie wurde komplikationslos durchgeführt. Es wurde ein lebensfrischer, hypotropher Junge entbunden (APGAR 9/6/6, Geburtsgewicht: 1950 g, Geburtslänge: 49 cm, KU: 33 cm, Nabelarterien-pH: 7,22). Die initiale Aufnahme des Neugeborenen in die Kinderklinik erfolgte aufgrund einer CPAP-pflichtigen, respiratorischen Anpassungsstörung. Im weiteren Verlauf kam es zu einer Verschlechterung des Allgemeinzustandes, eine Antibiose und Intubation wurden notwendig. In der durchgeführten Echokardiografie wurde der V.a. einen unterbrochenen Aortenbogen gestellt. Ein ZVK wurde gelegt und eine Prostaglandin-Infusion indiziert, um die physiologische Obliteration des Ductus arteriosus zu verhindern. Am zweiten Lebenstag erfolgte die Verlegung in das Herzzentrum des Universitätsklinikums Leipzig. Am 7. Lebenstag wurde das Kind an einer Aortenisthmusstenose operiert. Der Eingriff verlief ohne Komplikationen. Nach 10 Tagen konnte das Kind zum oralen Kostaufbau auf die Neonatologie nach Weimar zurück verlegt werden. Dieser Fall zeigt einerseits die Grenzen der Sonografie – nicht alle Erkrankungen können präpartal genau diagnostiziert werden, andererseits können Befunde im ETS schon früh Hinweise auf fetale Erkrankungen geben.