Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - V15
DOI: 10.1055/s-0033-1337139

Kombinierte Stimulation des Nucleus subthalamicus und der Substantia nigra pars reticulata für Gang-Freezing: Ergebnisse einer randomisierten klinischen Studie

D Weiss 1, M Walach 1, C Meisner 2, M Fritz 1, M Scholten 1, A Gharabaghi 1, 3, C Plewnia 1, 3, 4, S Breit 1, B Bender 1, 5, T Wächter 1, R Krüger 1
  • 1Hertie-Institut für klinische Hirnforschung und Zentrum für Neurologie mit Schwerpunkt Neurodegenerative Erkrankungen, Tübingen, Deutschland
  • 2Biometrisches Institut, Universität Tübingen, Deutschland
  • 3Werner-Reichardt Zentrum für Integrative Neurowissenschaften und Neurochirurgische Klinik, Universtitätsklinikum Tübingen, Deutschland
  • 4Psychiatrische Klinik, Universtitätsklinikum Tübingen, Deutschland
  • 5Neuroradiologische Klinik, Universitätsklinikum Tübingen, Deutschland

Fragestellung: Gang- und Gleichgewichtstörungen treten typischerweise im fortgeschrittenen Stadium der Parkinson-Krankheit auf mit schlechtem therapeutischen Ansprechen auf Standardtherapien wie die Tiefe Hirnstimulation des Nucleus subthalamicus oder dopaminerge Medikation. Neue Therapiemethoden wie die Programmierung mit „Interleaved Pulses“ wurden von uns vorgeschlagen, um die Substantia nigra pars reticulata (SNr) zusätzlich zum Nucleus subthalamicus (STN) zu stimulieren. Wir prüften die Hypothese, dass die kombinierte Therapie mit [STN+SNr] axiale motorische Symptome bessert verglichen zur Standardtherapie [STNmono]. Sicherheit und Wirksamkeit der kombinierten [STN+SNr] Stimulation wurden in einer randomisierten klinischen Studie überprüft.

Methoden: 12 Patienten mit idiopathischem Parkinsonsyndrom wurden am Zentrum für Neurologie des Universitätsklinikum Tübingen in die randomisierte klinische Studie eingeschlossen (2 × 2 cross-over doppel-blindes Design). Der primäre Endpunkt war die Veränderung des kumulativen axialen UPDRS Scores nach dreiwöchigem Follow-up. Sekundäre Endpunkte adressierten spezifisch „Gang-Freezing“, „Gleichgewicht“, „Lebensqualität“, „Nicht-motorische Symptome“ und „Neuropsychiatrische Symptome“.

Ergebnisse: Der primäre Endpunkt (kumulativer axialer UPDRS Score) verbesserte sich leicht mit [STN+SNr] beim dreiwöchigen Follow-up, jedoch nicht statistisch signifikant. Die Analyse der sekundären Endpunkte zeigte, dass sich „Gang-Freezing“ spezifisch verbesserte, hingegen zeigten sich Balance-Störungen unverändert. Die kombinierte [STN+SNr] Stimulation konnte gut verträglich und sicher eingesetzt werden, insbesondere wurden keine relevanten neuropsychiatrischen Interferenzen beobachtet.

Schlussfolgerungen: Therapeutische Stimulation mit kombinierter [STN+SNr] Programmierung zeigte keinen „globalen“ therapeutischen Effekt auf axiale Symptome. Hingegen liefert diese Studie den ersten Hinweis, dass sich mit dieser neuen Therapiemethode Gang-Freezing behandeln lässt, das auf Standardtherapien nicht ausreichend anspricht. Die Studienergebnisse legen eine Phase-III-Studie mit „Gang-Freezing“ als primärem Endpunkt nahe.