Zentralbl Chir 2011; 136 - P_58
DOI: 10.1055/s-0031-1289089

Laparoskopische Entfernung eines „trinkbaren Fremdkörpers„

J Knuth 1, C Pilz 1, B Krakamp 2, MM Heiss 1, DR Bulian 1
  • 1Kliniken der Stadt Köln, Krankenhaus Merheim, Klinik für Viszeral-, Gefäß- und Transplantationschirurgie des Krankenhauses Köln-Merheim, Lehrstuhl für Chirurgie I der Universität Witten/Herdecke, Köln, Germany
  • 2Kliniken der Stadt Köln, Krankenhaus Merheim, Medizinische Klinik I, Gastroenterologie des Krankenhauses Köln-Merheim, Lehrstuhl für Innere Medizin II der Universität Witten/Herdecke, Köln, Germany

Fragestellung: Ein 65-jähriger Patient stellt sich mit seit mehreren Monaten persistierend bestehenden epigastrischen Schmerzen vor. Ambulant war bereits eine Gastroskopie und HP-Eradikationstherapie durchgeführt worden. An Vorerkrankungen bestanden eine symptomatische Epilepsie und eine Schizophrenie.

Methodik: Eine erneute Gastroskopie wurde durchgeführt. Es zeigten sich Ulcera in Korpus und Antrum. Außerdem wurde ein 6cm großer, harter, rundlicher Fremdkörper gesehen. Eine endoskopische Bergung gelang nicht, der untere Ösophagussphinkter konnte nicht überwunden werden. Eine Fragmentierung des Fremdkörpers war aufgrund der Härte nicht möglich. Anamnestisch ergab sich auch auf gezielte Nachfrage kein Hinweis auf eine Fremdkörperingestion – die auch ob der Größe des Fremdkörpers schwer vorstellbar war.

Ergebnis: Wir führten eine laparoskopische Gastrotomie der Magenvorderwand durch. Der Fremdkörper wurde mittels Bergebeutel und Schnitterweiterung eines Trokarzuganges geborgen.

Der Patient erholte sich adäquat. Eine Kontrollgastroskopie drei Wochen post-OP zeigte noch ein in Abheilung befindliches Ulcus.

Eine spektroskopische Untersuchung des Fremdkörpers zeigte, dass es sich um ein Alkylharz handelte. Dies besteht aus Polyestermonomeren, die in Klarlacken Verwendung finden.

Auf dahin gezielte Befragung gab der Patient an, zu Hause oft mit solchen Stoffen zu arbeiten und vor einiger Zeit, angeblich versehentlich, ein Glas mit Klarlack mit Wasser verwechselt und getrunken zu haben.

Nach Ingestion muss es zur Verflüchtigung des Lösungsmittels im Magen und dann zu einer Aushärtung der Polyestermonomere und somit Entstehung des Fremdkörpers gekommen sein.

Schlussfolgerung: Fremdkörperingestionen bei Erwachsenen sind meist beabsichtigt, oft in Zusammenhang mit psychiatrischen Grunderkrankungen. Häufig beschrieben sind dabei z.B. Trichobezoare, die wie hier auch erst im Magen entstehen. Die Besonderheit in unserem Fall ist, dass ein völlig solider Fremdkörper im Magen entstanden ist.

Eine getrunkene Flüssigkeit muss also nicht zwingend „flüssig bleiben„, sondern kann nach Ingestion zu einem soliden Fremdkörper werden. Dieser, sicherlich seltenen Art des intragastralen Fremdkörpers, ist durch gezielte Anamnese und endoskopische Untersuchungsverfahren Rechnung zu tragen. Sollte die endoskopische Bergung eines Fremdkörpers nicht möglich sein, so ist eine laparoskopische Gastrotomie ein adäquates und schonendes Verfahren der chirurgischen Bergung.