Diabetologie und Stoffwechsel 2011; 6 - P101
DOI: 10.1055/s-0031-1277372

Das besondere angiogenetische und inflammatorische Potential perivaskulärer Fettzellen im Vergleich zu subkutanen und viszeralen Fettzellen

D Siegel-Axel 1, J Dolderer 2, K Rittig 1, B Balletshofer 1, J Machann 3, H Staiger 1, F Machicao 1, U Stock 4, HU Häring 1
  • 1Universitätsklinik Tübingen, Medizinische Klinik IV, Tübingen, Germany
  • 2BG Unfallklinik, – Klinik für Plastische-, Hand-, Rekonstruktive- und Verbrennungschirurgie, Tübingen, Germany
  • 3Universitätsklinik Tübingen, Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Sektion für Experimentelle Radiologie, Tübingen, Germany
  • 4Universitätsklinik Tübingen, Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie, Tübingen, Germany

Fragestellung: Bluthochdruck, Dyslipidämie und Typ II-Diabetes sind mit der Adipositas assoziiert. Adipöses Gewebe sezerniert Zyto- und Chemokine (Adipokine), die direkt oder indirekt mit den Insulinsignaltransduktionswegen interagieren. Zudem werden inflammatoryische Zytokine und angiogenetische Faktoren freigesetzt. Perivaskuläre Fettzellen (PVFZ) nehmen eine Sonderstellung ein, da sie ein ektopes Fettgewebe bilden, das ohne anatomische Barriere direkt an die Adventitia der arteriellen Gefäßwand angrenzt. Eine kürzliche Studie unserer Arbeitsgruppe konnte zeigen, dass die Masse an perivaskulärem Fett (PVF) in Patienten negativ mit der Insulinsensitivität und dem postischämisches Blutfluss korreliert. Das Expressionsmuster und das sekretorische Potential humaner PVFZ sollte daher mit subkutanen (SKFZ) und viszeralen (VFZ) verglichen werden.

Methodik: PVFZ, SKFZ und VFZ wurden aus verschiedenen Patienten frisch isoliert und mit arteriellen Endothelzellen co-kultiviert. Mithilfe von Microarray- und Luminex-Technologien wurde ein Screening zahlreicher angiogetischer, metabolischer und inflammatorischer Faktoren auf Proteinebene und mRNA-Ebene (real-time PCR) bei allen drei Zellarten durchgeführt. Einzelzellkulturen wurden außerdem mit Co-Kulturen und undifferenzierte mit differenzierten Fettzellen verglichen. Spezifische ELISA gegen Hepatocyte-Growth Factor (HGF) in Zellkulturüberständen und Serum wurden schließlich für eine kombinierte in vitro- und in vivo-Studie durchgeführt. Mithilfe des Ganzkörper-MRT-Imaging wurde die Masse an PVF bei 95 Patienten gemessen und parallel dazu die Serum-HGF-Spiegel bestimmt.

Ergebnisse: Die Konzentration und das Expressionsmuster der von PVSZ sezernierten Proteine unterscheidet sich deutlich von SKFZ und VFZ. Es zeigten sich signifikant höhere Spiegel der angiogenetischen Proteine HGF-1, FGF-acidic, VEGF, serpin-E1, TSP-1 and IGFBP-, sowie des proinflammatorischen MCP-1. Außerdem konnten vor allem die metabolischen Proteine Serpin 1 und Visfatin, aber auch Adiponektin, Leptin, Resistin, Fetuin A und Apelin nachgewiesen werden. Unter den angiogenetischen Faktoren war insbesondere HGF in PVSZ deutlich höher exprimiert. HGF stellt einen sehr potenten angiogenetischen Faktor und ein Zytokin dar, das sowohl in der Hämatopoiese als auch Vaskulogenese eine wichtige Rolle spielt. Die Bestimmung der Serum-HGF-Spiegel in Patienten mit viel oder wenig PVF, SKFZ und VFZ zeigte, dass PVF als einziges Fettkompartiment mit den HGF-Spiegeln korrelierte.

Schlussfolgerungen: PVFZ nehmen sowohl anatomisch, als (patho-)physiologisch eine Sonderstellung zwischen verschiedenen Fettgeweben ein. Durch ihr hohes angiogenetisches und proinflammatorisches Potential können sie im Rahmen der Arteriosklerose die Plaque-Neovaskularisierung und Entzündung fördern, was zu klinisch akuten koronaren Ereignissen führt. Diese Ergebnisse erweitern die bereits bekannte Rolle von PVF als ein Regulator des peripheren Widerstands.