Geburtshilfe Frauenheilkd 2010; 70 - A9
DOI: 10.1055/s-0030-1269967

Gewinnung von Eizellen zur Kryokonservierung beim Mammakarzinom vor Chemotherapie bei gleichzeitig bestehender intrauteriner Schwangerschaft

M Werling 1, K Wohlfahrt 1, G Stief 1, A Siemann 1, A Tandler-Schneider 1, H Kentenich 1
  • 1Berlin-Charlottenburg

Einleitung: Über 440 Frauen ≤34 Jahre erkranken in Deutschland jährlich an einem Mamma-Karzinom mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von 79%. Ca. 5% der Frauen nach Brustkrebs tragen eine Schwangerschaft aus. Zur Fertilitätsprotektion stehen die ovarielle Stimulation und Kryokonservierung von fertilisierten oder unfertilisierten Oozyten, Kryokonservierung von Ovarialgewebe, in vitro Maturation, bei der unreife Oozyten entnommen werden, sowie GnRH-Analoga während Chemotherapie zur Verfügung. Die Stimulation wird zumeist im kurzen Protokoll mit GnRH-Antagonisten oder in Kombination mit einem Aromatasehemmer durchgeführt, um insbesondere bei hormonrezeptorpositiven Mammakarzinomen möglichst niedrige Östrogenspiegel zu beizubehalten.

Kasuistik: Eine 38-jährige GII P0 wurde mit der Erstdiagnose eines invasiv-duktalen Mammakarzinoms pT2, pN2 (6/12), G2, L1, R0, M0, ER 80% im Juni 2009 zur fertilitätserhaltenden Protektion vorstellig. Eine Ablatio mammae rechts war erfolgt und der Beginn der adjuvanten Chemotherapie kurzfristig geplant. Die Patientin wünschte eine Kryokonservierung unbefruchteter Eizellen vor Beginn der Chemotherapie. Die Stimulation wurde in der zweiten Zyklushälfte am 26. Zyklustag (ZT) im kurzen Protokoll unter Verwendung eines GnRH-Antagonisten (Cetrotide) mit täglich 4 Ampullen HMG und einem Aromatasehemmer (Letrozol) 2×1/d während der ersten 5 Stimulationstage begonnen. Die Ovulationsinduktion erfolgte an Tag 11 mit HCG (10.000 IE) und 0,2mg Triptorelin (GnRH-Agonist). Bei der Punktion wurden 17 Oozyten gewonnen und kryokonserviert. Morphologisch handelte es sich nach dem Bild der gewonnenen Eizellen um normal reife Eizellen (Metaphase II). Während der Stimulation setzte trotz Cetrotide (GnRH-Antagonist) überraschenderweise keine Luteolyse ein, so dass am 11. Stimulationstag ein Schwangerschaftstest durchgeführt wurde. Dieser zeigte einen positiven Wert (β-HCG 3.493 mIU/ml, E2 1848 pg/ml, Progesteron 19ng/ml). Zeitgleich wurde intrauterin eine Fruchthöhle sichtbar. Die Patientin befand sich zu dem Zeitpunkt in der rechnerisch in der 5+0 Schwangerschaftswoche (SSW). Die Patientin entschloss sich nach Bedenkzeit vor Beginn der adjuvanten Chemotherapie zur Abruptio. Zusammenfassung: Diese Kasuistik zeigt eine erfolgreich durchgeführte Stimulation mit folgender Kryokonservierung von Eizellen bei einer im gleichen Zyklus unmittelbar vor Beginn der Stimulation spontan entstandenen intrauterinen Schwangerschaft. Die Stimulation wurde innerhalb kurzer Zeit in Kombination mit GnRH-Antagonisten und einem Aromatasehemmer zur Gewährleistung möglichst niedriger Östrogenspiegel durchgeführt. Die Qualität der Eizellen wurde durch die Schwangerschaft nicht negativ beeinflusst.

Literaturempfehlungen:

  • von Wolff, M, Strowitzki, T: Fertilitätsprotektion. Gynäkologische Endokrinologie 2006; 4:189–196.

  • Blumenfeld Z, von Wolff M: GnRH-analogues and oral contraceptives for fertility preservation in women during chemotherapie. Hum Reprod Update 2008; 14: 543–552.

  • Oktay et al. Letrozole reduces estrogen and gonadotropin exposure in women with breast cancer undergoing ovarian stimulation before chemotherapy. J Clin Endocrinol Metab 2006; 91: 3885–3890.

  • Kroman et al. Should women be advised against pregnancy after breast-cancer treatment? Lancet 1997; 350: 319–322.

  • von Wolff et al., Cryopreservation and autotransplantation of human ovarian tissue prior to cytotoxic therapy – a technique in its infancy but already successful in fertility preservation. Eur J Cancer 2009; 45:1547–1553.