Gesundheitswesen 2010; 72 - P178
DOI: 10.1055/s-0030-1266685

Einfluss der Implementierung des Koloskopie-Screenings auf stadienspezifische Inzidenzen kolorektaler Karzinome

A Waldmann 1, A Eberle 2, S Hentschel 3, B Holleczek 4, A Katalinic 1
  • 1Krebsregister Schleswig-Holstein, Lübeck
  • 2Krebsregister des Landes Bremen, Bremen
  • 3Hamburgisches Krebsregister, Hamburg
  • 4Epidemiologisches Krebsregister Saarland, Saarbrücken

Hintergrund: Seit der Implementierung des qualitätsgesicherten Koloskopie-Screenings im Jahr 2002 haben krankenversicherte Personen in Deutschland ab dem Alter von 55 Jahren einen Anspruch auf Screening-Koloskopien. Die frühzeitige Diagnose von Darmkrebs und die damit verbundene Chance auf eine Erhöhung der Heilungschancen ist ein primäres Ziel der Früherkennungskoloskopie. Zusätzlich wird eine Inzidenzsenkung der Darmkrebsfälle durch die systematische Adenomektomie erwartet. Bislang wurde weder ein systematisches Monitoring der epidemiologischen Daten (Inzidenz, Stadien, etc.) noch eine Mortalitätsevaluation gesetzlich festgeschrieben. In unserer Analyse wird die stadienspezifische Inzidenz für Darmkrebs betrachtet und im Kontext des Darmkrebs-Screenings diskutiert. Methoden: Die epidemiologischen Krebsregister der Länder Bremen, Hamburg, Saarland und Schleswig-Holstein haben Inzidenzdaten kolorektaler Karzinome (Zeitraum 2000–2006) bereitgestellt (Stand der Datenbanken August 2009; ICD-10 C18–21, D01.0–4; Ausschluss von DCO-Fällen). Altersstandardisierte sowie tumorstadienspezifische Inzidenzraten (trunkierter Weltstandard (ASR Welt)) wurden berechnet. Zeitliche Trends wurden über Joinpoint-Analysen und die APC-Methode ermittelt (Joinpoint Regression Program; National Cancer Institute, Statistical Research and Applications Branch; Version 3.3.2, Oktober 2009). Ergebnisse: Insgesamt wurden rund 35.000 kolorektale Tumore in den vier Bundesländern registriert, 31.900 entfielen auf die screening-relevante Altersgruppe (55+). Die stadienspezifischen Inzidenzraten von Tumoren mit Lokalisation in Kolon oder Rektum und Anus zeigen ein signifikantes Ansteigen der Inzidenz von in situ- und T1-Tumoren. Die Inzidenz der prognostisch ungünstigeren Tumorstadien T3 (Kolon: leichte Zunahme; Rektum und Anus: leichte Abnahme) und T4 (Kolon, Rektum und Anus: leichte Zunahme) zeigte im betrachteten Zeitraum keine signifikante Veränderung. Diskussion: Mit Beginn der Einführung des qualitätsgesicherten Koloskopie-Screenings haben sich Darmkrebsinzidenz und -Mortalität in Deutschland verändert. Die beobachteten Veränderungen können derzeit aber nicht eindeutig mit der Implementierung in Verbindung gebracht werden, da entsprechende Teilnahmeraten und Meldungen aus dem Koloskopie-Screening nicht zur Verfügung stehen. Notwendig wäre ein Abgleich der Daten aus dem Screening mit den Datenbeständen der epidemiologischen Krebsregister, um ein Follow-up der Screeningteilnehmer und eine Mortalitätsevaluation zu ermöglichen.