Gesundheitswesen 2010; 72 - V287
DOI: 10.1055/s-0030-1266493

Untersuchung des Einflusses einer differenzierten Klassifizierung des NAT2-Acetyliererstatus als potenzieller Suszeptibilitätsfaktor für Brustkrebs

S Rabstein 1, T Brüning 1, V Harth 1, H Fischer 2, S Haas 2, J Christina 3, T Illig 4, C Vollmert 4, B Christian 5, A Spickenheuer 1, U Hamann 6, H Brauch 3, B Pesch 1
  • 1Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IPA), Bochum
  • 2Institut für Pathologie, Universität Bonn, Bonn
  • 3Dr. Margarete Fischer-Bosch-Institut für Klinische Pharmakologie Stuttgart und Universität Tübingen, Stuttgart
  • 4Institut für Epidemiologie, Helmholtz-Zentrum München (GmbH), Neuherberg
  • 5Johanniter Krankenhaus, Bonn, Bonn
  • 6Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), Heidelberg

Hintergrund: Das Enzym N-Acetyltransferase 2 (NAT2) spielt eine wichtige Rolle im Fremdstoff-Metabolismus und bei der Detoxifizierung von Kanzerogenen. Für Brustkrebs wurde der modifizierende Einfluss der NAT2 auf potentielle Risikofaktoren untersucht. Die genetisch bedingten Unterschiede in der Acetylierungs-Aktivität des NAT2 werden in der Regel nur in zwei Gruppen „langsam“ oder „schnell“ eingeteilt. Eine differenziertere Einteilung in vier Gruppen „sehr langsam“, „langsam“, „intermediär“ und „schnell“ ermöglicht jedoch detaillierte Analysen. Ziel der vorliegenden Analyse ist die Untersuchung des Einflusses der verfeinerten Klassifizierung im Rahmen der Fall-Kontroll-Studie zu Brustkrebs GENICA „Gene-Environment Interaction and Breast Cancer in Germany“. Material und Methoden: In der bevölkerungsbezogenen Fall-Kontroll-Studie GENICA wurden sechs Einzel-Nukleotid-Polymorphismen (SNPs) des NAT2-Gens (rs1041983, rs1801280, rs1799929, rs1799930, rs1280, rs1799931) für 1020 Fälle und 1046 Kontrollen bestimmt. Mit dem Algorithmus PHASE wurden die wahrscheinlichsten Haplotypenpaare geschätzt. Die Einteilung des Acetyliererstatus erfolgte in „langsam“ und „schnell“ bzw. „sehr schnell“, „intermediär“, „langsam“ und „sehr langsam“. Potenzielle Einflussfaktoren wurden mit einem standardisierten Interview erhoben. Logistische Regressionsmodelle bedingt nach Alter und adjustiert nach familiärem Brustkrebs, Hormonersatztherapie, Stilldauer und Zahl der Mammografien wurden angewandt, um Risiken durch Tabakrauch und Kaffeekonsum zu schätzen. Gemeinsame Effekte der Risikofaktoren und des Acetyliererstatus wurden untersucht. Weiterhin wurden Subgruppen des Östrogen-Rezeptor-Status analysiert. Ergebnisse: Insgesamt zeigten langsame Acetylierer etwas niedrigere Risikoschätzer für Brustkrebs (intermediär vs. schnell: OR 0,91; 95% CI 0,61–1,37, langsam vs. schnell: 0,85; 95% CI 0,56–1,27 und sehr langsam vs. schnell: OR 0,69; 95% CI 0,45–1,06). Kaffeekonsum und Rauchen waren bei Frauen mit Östrogen-Rezeptor-negativen Tumoren mit erhöhten Risiken verbunden (≥4 Tassen Kaffee/Tag vs. kein Kaffee: OR 1,98; 95% CI 1,15–3,42, ≥15 Packungsjahre vs. Nieraucher: OR 1,49; 95% CI 0,97–2,24). Ein modifizierender Einfluss durch den Acetyliererstatus konnte nicht eindeutig ermittelt werden. Schlussfolgerung: Vor dem Hintergrund geringer Risiken durch Rauchen oder Kaffeekonsum für Brustkrebs zeigte eine verfeinerte Analyse des Acetyliererstatus geringe Effekte. Auch in Anbetracht der kleinen Strata sind gepoolte Studien zu empfehlen.