Gesundheitswesen 2010; 72 - V162
DOI: 10.1055/s-0030-1266342

Methoden der Stichprobenerhebung sowie erste Ergebnisse eines Mortalitäts-Follow-Up einer Kohorte von Spätaussiedlern in Augsburg

A Deckert 1, C Meisinger 2, E Wichmann 3, H Becher 1
  • 1Institute of Public Health, Universität Heidelberg, Heidelberg
  • 2MONICA/KORA Herzinfarktregister, KORA Studienzentrum, Augsburg
  • 3Institut für Epidemiologie, Helmholtz-Zentrum, München

Einleitung: Migrantenstudien finden in der Gesundheitsforschung zunehmend Beachtung. Eine besondere Gruppe bilden die Spätaussiedler. Jüngste Studien zeigten überraschende Mortalitätsmuster in dieser Bevölkerung. In einer weiteren Studie soll u.a. in Augsburg eine Kohorte von Spätaussiedlern untersucht werden. Dabei wird ein derzeit laufendes retrospektives Mortalitäts-Follow-up und eine prospektive Erfassung kombiniert. Im ersten Teil des Vortrags werden die Probleme bei der Identifikation von Spätaussiedlern in Melderegisterdatensätzen aufgezeigt und verschiedene Lösungsansätze bei unterschiedlichen Datenquellen vorgestellt. Im zweiten Teil wird auf die weitere Gestaltung der Studie eingegangen. Methoden und Ergebnisse: 1) Es werden bekannte Onomastik-Techniken basierend auf der sprachlichen Herkunft von Namen auf deren Anwendbarkeit bei Spätaussiedlern diskutiert. 2) Basierend auf einem Datensatz von nach Augsburg zugezogenen Personen (n=29.516), wird ein Bayes-Verfahren zur Identifikation von Spätaussiedlern mittels aus Namenslisten abgeleiteten Wahrscheinlichkeiten vorgestellt. Dabei ergaben sich a posteriori Wahrscheinlichkeiten für die Zugehörigkeit zur Gruppe Spätaussiedler, die bei 1.707 Personen über 60% lagen, von diesen waren 985 Personen tatsächlich Spätaussiedler. Die wahre Größe der Gruppe der Spätaussiedler war nicht bekannt. 3) Im weiteren Verlauf konnte ein Datensatz mit den historischen Einwandererdaten aller Spätaussiedler in Augsburg (n=7.023) bezogen werden. Damit erfolgte zunächst ein direk-tes Record-Linkage mit dem Melderegister. Aufgrund der eingedeutschten Namen und diverser Fehlerquellen konnten damit ca. 75% der Personen identifiziert werden. Für eine weitere Verbesserung der Suchanfragen konnten die sonst bei Migrantengruppen zu hohen Trefferquoten (bis 95%) führenden Onomastik-Techniken alleine nicht angewandt werden. Daher wurde eine semi-automatische Variante mit einer Kombination aus Teilen der Onomastik, Fehlersuche und Überprüfung eingedeutschter Namen eingeführt. Der Anteil der identifizierten Personen konnte damit auf ca. 90% (n=6.326) erhöht werden. Ausblick: Das retrospektive Mortalitäts-follow-up mit den darin enthaltenen ca. 4.800 Personen aus Augsburg Stadt und ca. 66.000 Personenjahren ist derzeit im Gange. Gegenwärtig wurden 373 Todesfälle identifiziert. Die Vollständigkeit des follow-up ist hoch. Keywords: Spätaussiedler, Mortalität, Melderegister, Record-Linkage, Identifikation.