Klin Padiatr 2010; 222 - V21
DOI: 10.1055/s-0030-1251046

Ein möglicher Wirkmechanismus von Metamizol

T Rogosch 1, B Watzer 1, AH Lichtman 2, V Di Marzo 3, P Imming 4, R Nüsing 5
  • 1Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Marburg, Marburg
  • 2Department of Pharmacology and Toxicology, Virginia Commonwealth University, Richmond, USA
  • 3Istituto di Chimica Biomolecolare, Consiglio Nazionale delle Ricerche, Pozzuoli, Italien
  • 4Institut für Pharmazie, Martin-Luther-Universität Halle, Halle/Saale
  • 5Pharmazentrum Frankfurt, Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt/Main

Hintergrund: Metamizol – oder Dipyrone, wie es im englischsprachigen Raum genannt wird – ist ein seit fast neun Jahrzehnten auch in der Kinder- und Jugendmedizin bewährtes Analgetikum und Antipyretikum. Trotz dieser langen und verbreiteten Verwendung ist der molekulare Wirkmechanismus noch nicht ausreichend geklärt worden. Die bekannten Metabolite des Metamizols können die beobachtete Wirkung bislang nicht erklären. Oft wird Metamizol zusammen mit den nicht steroidalen Antirheumatika abgehandelt, obwohl es keine entzündungshemmende Wirkung aufweist.

Fragestellung: Ziel dieser Untersuchung war es, Metabolite zu finden und pharmakologisch zu charakterisieren, die die Wirkungen des Metamizols erklären können.

Methoden und Ergebnisse: Metamizol wird bereits im Magen vollständig zu 4-Methylaminoantipyrin (MAAP) und 4-Aminoantipyrin (AAP) hydrolysiert und in Form dieser Metabolite resorbiert. In C57BL/6 Mäusen, die mit Metamizol gefüttert wurden, konnten wir im zentralen Nervensystem per HPLC und LCMS Arachidonsäure-Amide von MAAP und AAP als bisher unbekannte Metabolite nachweisen. Beide Amide zeigen sowohl an isolierten Enzymen beider Isoformen der Cyclooxygenase als auch im Gewebe-Homogenisat aus Mäusehirnen eine konzentrationsabhängige Hemmung der Prostaglandin E2-Produktion und binden an rekombinante Cannabinoid CB1- und CB2-Rezeptoren. Ferner konnten wir zeigen, dass die Bildung dieser Amide von der Fettsäureamid-Hydrolase abhängig ist. In Fettsäureamid-Hydrolase knockout-Mäusen sind die Amide nach oraler Metamizol-Gabe nur in Spuren nachweisbar. Dies erklärt die schwache periphere antiinflammatorische Aktivität, da die Fettsäureamid-Hydrolase hauptsächlich im zentralen Nervensystem exprimiert wird.

Schlussfolgerung: Zusammenfassend schlussfolgern wir, dass wir mit den Arachidonsäure-Amiden von MAAP und AAP Metabolite des Metamizol identifiziert haben, die zumindest teilweise dessen analgetische und antipyretische Wirkung erklären können.