Psychother Psychosom Med Psychol 2009; 59 - A066
DOI: 10.1055/s-0029-1208207

Familiäre Transmission und Genetik der Alexithymie

HJ Grabe 1, J Mahler 2, C Spitzer 3, HJ Freyberger 4
  • 1Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Tübingen
  • 2Klinik für Psychosomatische Medizin, Psychiatrie und Psychotherapie der EMA Universität Greifswald, Stralsund
  • 3Institut und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg
  • 4Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Greifswald im Hanseklinikum Stralsund

Eine verminderte Fähigkeit eigene Emotionen zu erkennen, sprachlich zu kommunizieren und bewusst zu regulieren wird als Alexithymie bezeichnet. Mehr als 10% der Menschen in der Allgemeinbevölkerung und 25–30% der Patienten in psychiatrisch-psychotherapeutischer Behandlung weisen hohe Störungswerte auf. Zahlreiche Befunde assoziieren die Alexithymie mit unterschiedlichen psychischen Störungen und Defiziten sozialer Interaktion. Neben psychologischen Krankheitsmodellen werden zunehmend auch neurobiologische Charakteristika identifiziert, die mit der Alexithymie assoziiert sind. Im Besonderen stellt sich die Frage, ob es eine genetische Veranlagung gibt, Emotionen und Gefühle im Sinne der Alexithymie kognitiv nicht zu verarbeiten. Hierzu werden Befunde aus zwei Familienstudien zur Familiarität alexithymer Persönlichkeitsmerkmale vorgestellt. Die Daten deuten auf eine relevante familiäre Transmission dieser Merkmale hin, die Merkmalsausprägung der Eltern auf der Toronto-Alexithymie-Skala (TAS–20) prädiziert 40% der TAS–20 Varianz der Kinder. Aktuelle Zwillingsstudien ermitteln den direkten genetischen Varianzanteil auf 30–33%. Aus der Study of Health in Pomerania (SHIP) werden erste größere molekularbiologische Analysen zur Alexithymie vorgestellt, die eine Assoziation mit Genen des Immunsystems zeigen und somit auf eine gemeinsame biologische Veranlagung von Alexithymie und bestimmten körperlichen Erkrankungen hindeuten.

Literatur: Grabe HJ et al. (2006). Alexithymia in Obsessive Compulsive Disorder - Results from a Family Study. Psychother Psychosom 75:312-8

Grabe HJ et al. (2008). Alexithymia and Outcome in Psychotherapy. Psychother Psychosom 77(3):189-194