Zeitschrift für Palliativmedizin 2008; 9 - PW_273
DOI: 10.1055/s-0028-1088509

Notärztliche Behandlung von Palliativpatienten mit Dyspnoe

C Wiese 1, U Bartels 2, B Graf 1, GG Hanekop 1
  • 1Universität Göttingen, Zentrum für Anaesthesiologie, Göttingen
  • 2Klinikum Nürnberg Süd, Anaesthesiologie, Nürnberg

Hintergrund: Notärzte werden zunehmend mit der Akutversorgung von Patienten im finalen Stadium ihrer Erkrankung konfrontiert [1]. Es fehlen bisher entsprechende Ausbildungsinhalte zur notfallmedizinischen Betreuung von Patienten am Lebensende und deren besonderer Symptome. Methoden Innerhalb von 24 Monaten untersuchten wir retrospektiv an vier Notarztstützpunkten alle Notarzteinsätze bezüglich palliativmedizinischer Notfallsituationen. In die Untersuchung eingeschlossen wurden Einsätze bei Patienten im weit fortgeschrittenen Stadium einer Tumorerkrankung (Diagnose: Dyspnoe). Die Auswertung dieser Einsätze erfolgte retrospektiv entsprechend der Therapie durch die Notärzte (Gruppe 1: Therapie mit Morphin i.v. und Sauerstoff; Gruppe 2: Therapie mit Morphin i.v., weiteren Medikamenten i.v. bzw. per inhalationem (z.B. bronchodilatatorisch, diuretisch und Sauerstoff); Gruppe 3: Therapie mit weiteren Medikamenten i.v. bzw. per inhalationem (z.B. bronchodilatatorisch, diuretisch) und Sauerstoff; Gruppe 4: Therapie mit Sauerstoff; Gruppe 5: keine Therapie). Ergebnisse Im definierten Zeitraum wurden insgesamt 12996 Patienten notärztlich betreut. Hiervon konnten 2,8% palliativmedizinisch motivierte Notfallsituationen identifiziert werden. Die primäre Einsatzdiagnose Dyspnoe bei Tumorpatienten im weit fortgeschrittenen Stadium ihrer Erkrankung konnte 116mal (0,89% der Gesamtgruppe; 32,1% aller Tumorpatienten im weit fortgeschrittenen Stadium ihrer Erkrankung) verifiziert und bestätigt werden. Hiervon konnten in die Gruppe 1: 21, in der Gruppe 2: 29, in der Gruppe 3: 31, in der Gruppe 4: 28 und in der Gruppe 5: 7 Patienten integriert werden. Nach Beurteilung der Notärzte konnte die Problematik der Dyspnoe in der Gruppe 1 bei 66,7%, in der Gruppe 2 bei 51,7%, in der Gruppe 3 bei 22,6%, in der Gruppe 4 bei 17,9% und in der Gruppe 5 bei 71,4% der Patienten zufriedenstellend verbessert werden. Die hohe Erfolgsrate der Gruppe 5 liegt darin begründet, dass bei fünf Patienten eine Verlegung eines bestehenden Tracheostomas vorlag, die zur Dyspnoe führte. Schlussfolgerung Palliativmedizinisch motivierte Einsätze betragen 2,8% der notärztlichen betreuten Einsätze in Deutschland [1]. Hiervon ist ein großer Teil mit dem Symptom Dyspnoe vergesellschaftet. Eine Therapie mit intravenösem Morphin kann dieses Symptom bei signifikant mehr Patienten bessern als eine Therapie mit sog. klassischen Notfallmedikamenten bei der Atemnot. Eine zusätzliche Sauerstoffapplikation erscheint medizinisch nur während der Hypoxie, psychologisch allerdings für alle Patienten sinnvoll. Klinische Studien für die erfolgreiche Anwendung von Morphin bei Dyspnoe erscheinen daher auch durch diese retrospektive Betrachtung bestätigt zu werden. –1Wiese CHR et al. Anaesthesist 2007