Gesundheitswesen 2008; 70 - A135
DOI: 10.1055/s-0028-1086360

Geschlechtspezifische Unterschiede der Einflussfaktoren zur Prädiktion illegalen Drogenkonsums bei Kindern und Jugendlichen

S Liersch 1, DB Bartels 2, M Schlaud 3
  • 1Stiftungslehrstuhl Prävention und Rehabilitation in der System- und Versorgungsforschung, Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Medizinische Hochschule Hannover
  • 2Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Medizinische Hochschule Hannover
  • 3Robert Koch-Institut, Berlin

Einleitung/Hintergrund: Zu den zentralen gesundheitlichen Risiken einer Bevölkerung gehören illegaler sowie legaler Drogengebrauch. Illegaler Drogenkonsum gehört zunehmend zum Experimentierverhalten während des Jugendalters und Erwachsenwerdens. Oftmals werden Verhaltensweisen, die zur Sucht führen können, bereits in diesem Alter geprägt [1]. Ein Prädiktionsmodell ermöglicht unter idealen Bedingungen eine frühzeitige Risikovorhersage potentieller juveniler Drogenkonsumenten und gestattet eine gezielte Prävention. Der vorliegende Beitrag analysiert die geschlechtsspezifische Entwicklung und Validierung von Prädiktionsmodellen zum illegalen Drogenkonsum bei Kindern und Jugendlichen in Schleswig-Holstein sowie dessen Prognosegüte. Material/Methoden: Anhand der von 1931 Kindern und Jugendlichen erhobenen Daten aus dem Ländermodul Schleswig-Holstein des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS) des Robert Koch-Instituts wurden nach Geschlecht stratifizierte Prognosemodelle erstellt und zur Vermeidung der Überschätzung der Prognosegüte mittels der Methode „Leave one out“ [2] intern kreuzvalidiert. Die Modellberechnung erfolgte anhand einer schrittweise vorwärts gerichteten logistischen Regression. Die Bewertung sowie der Vergleich der Modellgüte erfolgten neben Cutpoint-abhängigen Testgüteparametern anhand von ROC-Analysen. Ergebnisse: Bei der stratifizierten Modellberechnung zeigt sich, dass Jungen und Mädchen sich hinsichtlich der Prädiktoren deutlich unterscheiden. Nach Prüfung bivariater Assoziationen sowie nach dem multivariablen Selektionsprozess gingen zwölf Variablen für Mädchen sowie acht Variablen für Jungen (p<0,05) in das jeweilige endgültige Prädiktionsmodell ein. Wichtige Prognosemerkmale sind bei den Mädchen vor allem Variablen zum Gesundheitsverhalten, verfügbaren Geld sowie zu Gewalterfahrungen, die sowohl Opfer- als auch Täterschaft von Gewalt beinhalten. Merkmale, die auf ein erhöhtes Risiko für illegalen Drogenkonsum bei Jungen hinweisen, sind neben der elterlichen Kenntnis über Alkoholkonsum und schulische Leistungen insbesondere der Konsum legaler Drogen und ein sehr häufiger Zeitvertreib mit Spielkonsolen. Diskussion/Schlussfolgerungen: Nach Angaben der BZgA zum Konsum illegaler Drogen sind die Geschlechterdifferenzen am Anteil der Drogenkonsumenten in Deutschland geringer gewordenen [3]. Die unterschiedlichen Prognosemerkmale der stratifizierten Modellberechnungen zeigen, dass die Geschlechtsperspektive zur wirksamen und zielorientierten Gestaltung präventiver Strategien zur Vermeidung illegalen Drogenkonsums notwendig sind. Vor Anwendung der Prognosemodelle für suchtpräventive Aktivitäten sollten eine externe Validierung sowie eine ethische Bewertung erfolgen.

Literatur:

[1] Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Forschung und Praxis der Gesundheitsförderung. Band 24. Suchtprävention in der Bundesrepublik Deutschland. Grundlagen und Konzeption. Köln: BZgA, 2004

[2] Steyerberg EW, Harrell FE, Borsboom GJJM, Eijkemans MJC, Vergouwe Y, Habbema J DF. Internal validation of predictive models: Efficiency of some procedures for logistic regression analysis. Journal of Clinical Epidemiology 2001; 54: 774–781

[3] Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Die Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland 2004. Teilband Illegale Drogen. Köln: BZgA, 2004