Aktuelle Kardiologie 2023; 12(02): 126-131
DOI: 10.1055/a-1979-6777
Kurzübersicht

Rauchen – Wissenswertes über Tabak und alternative Produkte

Smoking – facts about tobacco and alternative products
Matthias Urlbauer
1   Klinik für Innere Medizin 3, Schwerpunkt Pneumologie, Universitätsklinik der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität, Klinikum Nürnberg Nord, Nürnberg, Deutschland (Ringgold ID: RIN9211)
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Zusammenfassung

Tabakrauchen ist weltweit die häufigste vermeidbare Ursache für Krankheit und vorzeitigen Tod. Rauchen ist keine Life-Style-Entscheidung oder nur eine (schlechte) Angewohnheit. Es ist eine chronische Krankheit, die viele Erkrankungen mitverursacht und aggraviert. Durch das psychoaktive Nikotin ist Rauchen zusätzlich eine Suchterkrankung. Bei der Strategie zur Harm Reduction sollen Raucher die Tabakzigarette durch alternative nikotinhaltige Produkte („Alternative Nicotine Delivery Products“), wie die E-Zigarette oder Tabakerhitzer (Heat-not-burn-Produkte), ersetzen. Tabakkonzerne bewerben im Rahmen ihrer Marketingstrategie diese Produkte mit einer Schadstoffreduktion um 95%. Jedoch stehen unabhängige Forschungen und Langzeitergebnisse diesbezüglich aus. Raucher, die zu derartigen Produkten wechseln, sind durch die fortbestehende Nikotinabhängigkeit weiterhin langfristig den Belastungen durch (kardio)toxische und karzinogene Substanzen ausgesetzt. Die gesundheitlichen Auswirkungen dieser inhalativen Noxen werden dargestellt, wobei die Heat-not-burn-Produkte eine Mittelstellung zwischen der schädlichsten Tabakzigarette und den (möglicherweise) weniger gesundheitsschädlichen E-Zigaretten einnehmen. Das Fortbestehen einer (wenn auch reduzierten) kontinuierlichen Exposition in Verbindung mit einer Nikotinabhängigkeit ist keine Alternative zu einer professionellen evidenzbasierten multimodalen Tabakentwöhnung, die endlich flächendeckend (auch in Deutschland) angeboten werden muss. Ziel sollte der komplette Verzicht auf inhalative Noxen sein, ohne jegliche Toleranz für die Marketingstrategien der Tabakkonzerne.

Abstract

Tobacco smoking is the leading preventable cause of disease and premature death worldwide. Smoking is not a life style choice or just a (bad) habit. It is a chronic disease that contributes to and aggravates many illnesses. Because of the psychoactive nicotine, smoking is additionally an addictive disease. In the harm reduction strategy, smokers should replace tobacco cigarettes with alternative nicotine-containing products (“alternative nicotine delivery products”), such as e-cigarettes or heat-not-burn products. Tobacco companies promote these products as part of their marketing strategy, claiming a 95% reduction in harmful substances. However, independent research and long-term results in this regard are pending. Smokers who switch to such products continue to be exposed to long-term exposures to (cardio)toxic and carcinogenic substances through continued nicotine dependence. The health effects of these inhaled noxious agents are presented, with heat-not-burn products occupying a middle position between the most harmful tobacco cigarette and the (probably) less harmful e-cigarettes. The persistence of (albeit reduced) continuous exposure in conjunction with nicotine dependence is not an alternative to professional evidence-based multimodal tobacco cessation, which must finally be offered nationwide (also in Germany). The goal should be the complete renunciation of inhalative noxious substances, without any tolerance for the marketing strategies of the tobacco companies.

Was ist wichtig?

Schätzungsweise sterben in Deutschland jährlich mehr als 100000 Menschen an den Folgen des Rauchens, das entspricht in etwa 300 Todesfällen täglich. Darüber hinaus verursacht Rauchen für die Gesamtgesellschaft Kosten im 3-stelligen Milliardenbereich. Tabak und die alternativen nikotinhaltigen Produkte (E-Zigarette, Tabakerhitzer) machen wegen des enthaltenen Nikotins abhängig. Dies führt dazu, dass viele Rauchende weiterrauchen (z. T. auch als „Dual Use“), obwohl sie bereits unter Folgeerkrankungen und einer deutlich verminderten Lebensqualität leiden. Auch die alternativen nikotinhaltigen Inhalationsprodukte (E-Zigarette und Tabakerhitzer) sind schädlich. Sowohl im ambulanten als auch im stationären Setting sollte bei allen rauchenden Patient*innen der Rauchstatus erhoben und dokumentiert werden, der Rat zum Rauchstopp gegeben und ein unterstützendes evidenzbasiertes Angebot zur Tabakentwöhnung unterbreitet werden (z. B. das „rauchfrei ticket“ unter www.rauchfrei-ticket.de). Deutschland hat das WHO-Rahmenübereinkommen zur Eindämmung des Tabakgebrauchs (Framework Convention on Tobacco Control, FCTC) im Jahr 2004 unterzeichnet und ratifiziert und sich in der Folge dazu verpflichtet, die darin festgelegten Maßnahmen auch zeitnah umzusetzen.



Publication History

Article published online:
29 March 2023

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