Einleitung

Ein abgeschlossenes Studium einer Naturwissenschaft verspricht, mit nahezu Vollbeschäftigung auf dem Arbeitsmarkt für Naturwissenschaftler*innen, fast eine Jobgarantie (Bundesagentur für Arbeit 2019). Diese Perspektive und der allgemeine Trend zum Studieren veranlasst immer mehr Studierende in Deutschland dazu, ein naturwissenschaftliches Studium aufzunehmen. Gerade im naturwissenschaftlichen Bachelorstudium sind allerdings die Abbruchquoten überdurchschnittlich hoch. So brachen bei den Studienanfänger*innen 2006/2007 39 % der Studierenden ihr Naturwissenschaftsstudium (inkl. Mathematik) ab (Heublein et al. 2014, S. 4). Hierzu zählen Heublein et al. (2014) neben den „klassischen“ Naturwissenschaften Physik, Chemie und Biologie u. a. auch die Geographie. Für die Studienanfänger*innen 2012/2013 steigt diese Zahl auf 41 % (Heublein und Schmelzer 2018, S. 7). Ein Großteil dieser Abbrüche (42 %) erfolgt dabei in den ersten beiden Semestern (Heublein et al. 2017, S. 49). Aufgrund der schon länger hohen Abbruchzahlen in den Fächern Mathematik, Chemie, Bauingenieurwesen und Physik standen diese Fächer vermehrt im Fokus der Forschung. Eine Vielzahl von internationalen (z. B. Hailikari und Nevgi 2010; Mauk 2016; Tai et al. 2006) und nationalen Studien (z. B. Freyer et al. 2014; Müller et al. 2018; Sorge et al. 2016) untersuchte die Zusammenhänge zwischen kognitiven und nicht-kognitiven Variablen und fachspezifischem Studienerfolg in diesen Fächern.

Im Fach Biologie (und Geographie) finden sich im Vergleich zu den anderen oben genannten mathematisch-naturwissenschaftlichen und technischen Fächern niedrigere Abbruchquoten. Insgesamt ist aber auch hier eine Zunahme der Abbruchquoten von durchschnittlich 16 % bei den Studienanfänger*innen im Zeitraum von 1992 bis 2001 (Heublein et al. 2003, S. 10), über 20 % (Kohorte 2006/2007; Heublein et al. 2014, S. 17) und 27 % (Kohorte 2008/2009; Heublein et al. 2014, S. 17), bis zu 28 % der Studienanfänger*innen in den Jahren 2012/2013 (Heublein und Schmelzer 2018, S. 25) zu beobachten.

Um Ansatzpunkte für Maßnahmen in Biologie zu finden, mit denen die Abbruchquote gesenkt werden könnte, sollten auch in diesem Fach Faktoren von Studienerfolg verstärkt in den Blick genommen werden, da insbesondere niedriger Studienerfolg (im Sinne unzureichender Studienleistung) als eine Hauptursache für Studienabbruch in naturwissenschaftlich-technischen Fächern gilt (Heublein et al. 2017).

In übergreifenden Studienerfolgsmodellen wird bereits eine Vielzahl von Faktoren beschrieben, welche den Erfolg von Studierenden im Allgemeinen ausmachen können (u. a. Blüthmann et al. 2008; Sorge et al. 2016; Helmke et al. 2008; Rindermann und Oubaid 1999; Kuh et al. 2006). Diese lassen sich grob in Rahmenbedingungen (persönlich und studiumsbezogen), in Studierverhalten (z. B. Lernaktivität) sowie in Eingangsvoraussetzungen (Blüthmann et al. 2008) bzw. Studierfähigkeit (Sorge et al. 2016, Heldmann, 1984) gruppieren. Zu den letztgenannten zählen u. a. kognitive Faktoren wie das fachspezifische Vorwissen als auch affektive Faktoren wie das Studieninteresse. Inwiefern direkte oder indirekte Zusammenhänge zwischen diesen Faktoren und dem Studienerfolg angenommen werden bzw. bestehen, variiert teilweise zwischen den Modellen und auch zwischen den betrachteten Studienfächern (Blüthmann 2012). Zur Erfassung des Studienerfolgs können ebenfalls verschiedene Indikatoren herangezogen werden (Fleischer et al. 2019). Dazu gehören vor allem kognitive Studienerfolgskriterien wie Studiennoten oder Kompetenzzuwachs, aber auch affektive Kriterien wie Studienzufriedenheit. In fachdidaktischen Studien wird Studienerfolg v. a. über die Studienleistung in Form von Noten oder Punktzahlen in Klausuren definiert (vgl. Freyer et al. 2014; Müller et al. 2018; Sorge et al. 2016), da diese als „hartes Kriterium“ den Erfolg bzw. Misserfolg im Fachstudium aufzeigen.

Bezogen auf das Fach Biologie lassen sich in einigen wenigen nationalen Studien solche Faktoren identifizieren, die sich empirisch als bedeutsam für den Studienerfolg in Form von Prüfungsleistungen erwiesen haben. So konnte Schachtschneider (2016) für deutsche Biologiestudierende die Faktoren Abiturdurchschnittsnote, Wunschfach, biologiebezogenes studienrelevantes Fachwissen und die fachbezogenen Fähigkeitsüberzeugungen als Prädiktoren für die mittlere Studiengesamtnote nachweisen (R2adj = 0,56). Die Studienzufriedenheit hingegen wird nur durch die Fähigkeitsüberzeugung und den selbsteingeschätzten Lernzuwachs prädiziert (R2adj = 0,16). Da es sich bei dieser Stichprobe (Schachtschneider 2016) um Biologielehramtsstudierende mit zweitem Unterrichtsfach handelt, bleibt unklar, welchen Einfluss das Studium des jeweiligen Zweitfachs auf die gefundenen Zusammenhänge hat. Dadurch sind die Befunde nicht ohne Weiteres auf Hauptfachstudierende übertragbar. Allerdings besteht auch bei Hauptfachstudierenden der Biologie ein Zusammenhang zwischen dem fachlichen Vorwissen und dem Studienerfolg (Binder et al. 2019). Für eine repräsentative Stichprobe von US-Studierenden konnten Loehr et al. (2012) zeigen, dass sozioökonomische Variablen und verschiedene Indikatoren von Vorwissen die Kursnote in den Einführungskursen der Biologie vorhersagen. Dabei zeigt sich, dass in Biologie das schulische Vorwissen, operationalisiert über die Kurswahl der Biologiekurse, selbst als auch der Besuch von Chemie- und Mathematikkursen in der Highschool Zusammenhänge zum Studienerfolg, operationalisiert über die Kursnote, aufweisen (R2adj = 0,25). Auch schulisches mathematisches Wissen stellt einen Prädiktor für den Studienerfolg (Prüfungsnoten) im Anfangsstudium Biologie dar (Müller et al. 2018). Wie bereits in mehreren Metaanalysen zur Studienerfolgsforschung beschrieben (Robbins et al. 2004; Trapmann et al. 2007), scheint also auch in Biologie das fachliche oder fachnahe Vorwissen ein zentraler Prädiktor für Studienerfolg zu sein. Die Ergebnisse der Studie von Loehr et al. (2012) sind allerdings nur bedingt auf das deutsche Bildungssystem zu übertragen, da sich die als Prädiktoren genutzten fachlichen Kurse der Highschool und der gymnasialen Oberstufe unterscheiden. Zwar zeigt eine Studie von Binder et al. (2019), dass auch für deutsche Biologiestudierende das fachspezifische Vorwissen ein wesentlicher Faktor für Studienerfolg, im Sinne des Bestehens aller fachspezifischen Klausuren, ist, allerdings wurde in diesen Studien das Lernverhalten der Studierenden bisher nicht berücksichtigt.

In Bezug auf eben dieses Lernverhalten fanden Sebesta und Speth (2017) beispielsweise Zusammenhänge zwischen Lernstrategienutzung und der Note in Klausuren des Anfangsstudiums sowie zwischen Lernstrategienutzung und dem Lernzuwachs zwischen zwei Klausuren in einer Stichprobe US-amerikanischer Studierender in Biologie‑, Biochemie- und in anderen biologienahen Studiengängen. Dabei berücksichtigten die Autoren verschiedenste Lernstrategiekategorien, die in der Literatur allgemein klassifiziert werden in kognitive, metakognitive und Ressourcenmanagementstrategien. Kognitive und metakognitive Lernstrategien beziehen sich dabei auf die direkte Informationsaufnahme, -verarbeitung und -speicherung sowie deren Kontrolle und Regulation und umfassen Wiederholungs‑, Selektions- und Organisationsstrategien; beziehungsweise Planungs‑, Überwachungs- und Regulationsstrategien (vgl. Leutner und Leopold 2006; Wild und Schiefele 1994; Zimmerman 1990). Ressourcenmanagementstrategien können demgegenüber herangezogen werden, um den Lernprozess optimal zu unterstützen. Sie beziehen sich auf personelle (z. B. Hilfe anderer) und nicht-personelle (z. B. Informationen aus Bibliothek oder Internet) externe Ressourcen, aber auch auf interne Ressourcen (z. B. Zeit und Anstrengung), die vom Lernenden zur Bewältigung einer Lernsituation aktiviert werden können. Management bezieht sich wiederum auf die zielführend regulierte Nutzung der jeweiligen internen oder externen Ressourcen, was auch metakognitive Aspekte miteinschließt (Dresel et al. 2015; Wild und Schiefele 1994).

Insbesondere die kognitiven Lernstrategien Wiederholen und kritisches Prüfen, aber auch die metakognitive Lernstrategie Zielsetzung und die Ressourcenmanagementstrategien Zeitmanagement und Informationen-Suchen, ergaben in der Studie von Sebesta und Speth (2017) einen positiven Zusammenhang mit der Leistungsentwicklung der Studierenden. Aus Befunden mit Studierenden anderer naturwissenschaftlich-technischer Fächer, aber auch aus Metaanalysen zur Bedeutung von Lernstrategien für Studienerfolg allgemein, geht darüber hinaus hervor, dass insbesondere auch Anstrengung als interne Ressource eine zentrale Rolle in Zusammenhang mit Studienleistung zukommt (z. B. Richardson et al. 2012; Waldeyer et al. 2019a). Inwiefern dieser Befund allerdings spezifisch für Biologiestudierende zutrifft, bleibt zu prüfen.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass schulisches Wissen (bspw. operationalisiert über Kurswahlen, Abiturnoten) und universitäres Wissen (bspw. fachbezogenes Wissen in Biologie) sowie auch die Anwendung spezifischer Lernstrategien positive Zusammenhänge zu Studienerfolgsindikatoren in biologischen Studiengängen aufweisen. Bezüglich möglicher gemeinsamer Zusammenhänge lassen die allgemeinen und naturwissenschaftsbezogene Studienerfolgsmodelle derzeit noch keinen eindeutigen Schluss zu. So finden sich Hinweise auf direkte Wirkungen von Wissen und Lernstrategien als Voraussetzungen auf Studienerfolg, auf indirekte Wirkungen (Wissen wirkt über Lernstrategien) und auch komplexere (Blüthmann et al. 2008; Sorge et al. 2016; Fleischer et al. 2019).

Ziel und Forschungsfrage

Vor dem dargelegten Hintergrund verfolgt diese Studie das Ziel, ausgewählte individuelle Eingangsvoraussetzungen von Studierenden als potenzielle Prädiktoren des Studienerfolgs für Biologiefachstudierende empirisch zu prüfen. Als Studienerfolg soll hierbei ein Maß gewählt werden, dass die fachspezifischen Leistungen aller Studierender in den Blick nimmt. Potenziell sind Maße denkbar, die Studierende dichotom unterscheiden (Studienerfolg/kein Studienerfolg) oder Studierende auf einer Skala (nicht erfolgreich bis sehr erfolgreich im Studium) anordnen (z. B. Sorge et al. 2016). Dichotome Maße sind dabei eher defizitorientiert und fokussieren das reine Bestehen aller Klausuren. In dieser Studie soll ein intervallskaliertes Maß für Studienerfolg gewählt werden.

Als potenzielle Prädiktoren werden v. a. solche Faktoren adressiert, die durch geeignete Interventionsmaßnahmen seitens der Hochschule (z. B. Vor- und Begleitkurse zum Abbau von Wissensdefiziten oder Lernstrategietrainings) prinzipiell beeinflusst werden könnten und somit, über die Erhöhung des Studienerfolgs, folglich einen Beitrag zur Reduzierung des Studienabbruchs leisten können. Im Fokus stehen hier aufgrund der empirischen Befunde das Wissen der Studierenden in verschiedenen studienrelevanten Bereichen, das nochmals in schulisches und universitäres Wissen untergliedert wird, sowie die spezifischen Lernstrategienutzung. Ziel der Studie ist es dabei, bisherige einzelne Erkenntnisse über Zusammenhänge zwischen dem Fachwissen und Studienerfolg für das Fach Biologie weiter auszuschärfen indem verschiedene Arten von Fachwissen (schulisch/universitär) unterschiedenen werden. Auch sollen Lernstrategien als möglicher weiterer kognitiver Faktor für Studienerfolg über dieses Fachwissen hinaus geprüft werden, um wirksame Faktoren für Interventionsstudien zu identifizieren. Dabei liegt der Fokus hier auf direkten Zusammenhängen der Faktoren zu Studienerfolg, auch wenn Zusammenhänge zwischen diesen Faktoren ebenfalls geprüft werden sollen. Die Studie bezieht sich auf das Anfangsstudium, da diese Phase besonders von Leistungsproblemen und damit einhergehenden Abbrüchen betroffen ist (Heublein et al. 2017). Konkret gehen wir der folgenden Frage nach:

Inwieweit prädizieren die Eingangsvoraussetzungen schulisches Wissen, universitäres Wissen und Lernstrategienutzung den Studienerfolg im Anfangsstudium Biologie?

Methodik

Stichprobe und Design

Zur Beantwortung der Forschungsfrage wurden Daten von insgesamt N = 162 Studierenden (65 % weiblich; 1 % anders) des Studiengangs Biologie (B. Sc.) erhoben. Studierende, für die nicht alle Prüfungsleistungen vorlagen, wurden aus der Stichprobe ausgeschlossen, so dass final N = 90 Proband*innen (63 % weiblich; Muttersprache Deutsch = 82 %; MAlter = 23 SDAlter = 3,9; MAbinote = 2,08; SDAbinote = 0,57) in die Berechnung eingehen konnten. Die Datenerhebung erfolgte im Rahmen einer optionalen Lehrveranstaltung für Biologiestudierende an zwei deutschen Universitäten. Ein Vergleich der Stichproben mit der Grundgesamtheit an Studierenden an beiden Standorten hinsichtlich Alter, Geschlecht, Muttersprache, Abiturgesamtnote sowie vorheriger Studien- und Berufserfahrung zeigte keine statistisch bedeutsamen Unterschiede, so dass von einer repräsentativen Stichprobe ausgegangen werden kann (Fleischer et al. 2019). Alle Studierenden willigten schriftlich in die Verwendung der Daten ein und erhielten für die Teilnahme eine Vergütung.

Instrumente

Eine Übersicht über alle in der Studie erfassten Variablen und Instrumente sowie Skalenkonsistenzen (Cronbachs α, WLE-Reliabilitäten, Infit) ist in Tab. 1 dargestellt.

Tab. 1 Erhobene Variable und Instrumente mit Quellen und Erhebungszeitpunkten. Reliabilitäten als WLE-Reliabilität für IRT-skalierte Daten und als Cronbachs α für klassisch skalierte Daten der Gesamtstichprobe sofern anwendbar

Schulisches und universitäres Wissen

Als Indikatoren des allgemeinen schulischen Wissens wurde die Abiturdurchschnittsnote (höhere Werte indizieren schlechtere Leistung) sowie die Kurswahl in der Oberstufe als Indikator für fachliches schulisches Wissen herangezogen, die bei den Teilnehmenden als Selbstauskunft erfragt wurden. Das universitäre Wissen wurde mit zwei Tests zum (1) Fachwissen Biologie und (2) zum mathematischen Wissen erhoben: (1) Der Test zum Fachwissen Biologie umfasst 36 Items im Multiple-Choice-Single-Select-Format. Er wurde auf Grundlage bestehender Items (Schachtschneider 2016) weiterentwickelt und ergänzt, so dass die biologiebezogenen Inhalte der ersten beiden Semester (Zoologie, Zellbiologie und Botanik) abgebildet sind. Um die curriculare Validität der Items sicherzustellen, wurden alle Items von Lehrenden des Anfangsstudiums Biologie begutachtet und wenn nötig um relevante Inhaltsbereiche ergänzt. Insgesamt beziehen sich je i = 14 Items auf die Botanik und Zoologie sowie i = 8 auf die Zellbiologie (Binder et al. 2019). (2) Das mathematische Wissen wurde mit 23 Items im Kurzantwortformat in den Themenbereichen Mathematische Operationen (i = 3), Terme und Gleichungen (i = 9), Differenzieren (i = 3), Integrieren (i = 2) und Vektoren und Matrizen (i = 6) nach Müller et al. (2018) erhoben. Die jeweiligen Messzeitpunkte sind in Tab. 1 angegeben.

Lernstrategien

Die Lernstrategienutzung wurden mit dem etablierten Fragebogen Lernstrategien im Studium (LIST; Wild und Schiefele 1994) erfasst. Die Skala besteht insgesamt aus 71 Items, von denen für die Studie 34 Items (i = 7 Items zu „Wiederholen“, i = 8 Items zu „kritisches Prüfen“, i = 4 Items zu „Zeitmanagement“, i = 8 Items zu „Anstrengung“, i = 7 Items zu „Lernen mit Studienkollegen“) mit jeweils 5‑stufiger Likert-Antwortskala (1 = sehr selten bis 5 = sehr oft) verwendet wurden.

Studienerfolg

Studienerfolg wurde im Sinne „harter Kriterien“ über die Gesamtnote aller Klausuren der ersten beiden Semester erfasst. Die einzelnen fachspezifischen Klausurnoten wurden zunächst z‑standardisiert und anschließend zu einem Mittelwert über alle standardisierten Noten hinweg zusammengefasst. Höhere Werte indizieren hierbei schlechtere Leistung. Die vorherige Standardisierung der fachspezifischen Noten sorgt für vergleichbare Verteilungen der Klausurleistungen der einzelnen Prüfungsleistungen. Die Studierenden werden somit ihrer Studienleistung nach angeordnet, wobei bessere Leistungen höheren Erfolg implizieren.

Statistische Analyse

Die beiden Tests zum universitären Wissen, also der Test zum Fachwissenstest Biologie sowie der Test für mathematisches Wissen, wurden mithilfe des R‑Packages TAM (Robitzsch et al. 2018) nach dem Rasch-Model (Item Response Theory) skaliert. Zur Prüfung der Eignung für eine Rasch-Skalierung wurden der Itemfit der Items und die WLE-Reliabilität der Tests geprüft. Die Items zeigen dabei Infits zwischen 0,8 und 1,3 (nach Bond 2015; siehe Tab. 1) und Reliabilitäten > 0,7. Daher ist von einer Eignung für die Nutzung in den Regressionsmodellen auszugehen. Diese Leistungstests wurden bereits in früheren Studien eingesetzt und dort mit einem Rasch-Modell ausgewertet (z. B. Binder et al. 2019; Müller et al. 2018). Diese werden daher, im Gegensatz zu den anderen in dieser Studie eingesetzten Instrumenten auch hier mit Hilfe eines Rasch-Modells ausgewertet. Die Gesamtskala und die einzelnen Subskalen zeigen eine angemessene Reliabilität (Schermelleh-Engel und Werner 2012) für die Nutzung. Zur Prüfung der Forschungsfrage nach der Prädiktion des Studienerfolgs durch schulisches und universitäres Wissen sowie die Lernstrategieanwendung wurde ein hierarchisches, lineares Regressionsmodell zwischen diesen unabhängigen Variablen und dem Studienerfolgsmaß berechnet. Um mögliche Zusammenhänge zwischen den unabhängigen Variablen aufdecken zu können, die potenziell die Varianzaufklärung der Regression einschränken könnten, wurden zunächst bivariate Korrelationen zwischen diese berechnet. Die Stärke dieser Zusammenhänge kann nach Cohen (1988) als niedrig (r > 0,1) mittel (r > 0,3) bzw. stark (r > 0,5) beurteilt werden (S. 83). Beim Hinzufügen der Prädiktoren zu den Regressionsmodellen wurde vorab auf Multikolliniarität geprüft.

Ergebnisse

Bei der Prüfung der Intrakorrelationen (Tab. 2) zeigt sich ein starker positiver Zusammenhang zwischen den Lernstrategien Wiederholen und Anstrengung (r = 0,60). Außerdem bestehen mittlere Zusammenhänge zwischen dem universitären Wissen in Mathematik und der Lernstrategie des kritischen Prüfens (r = 0,36) sowie der Kurswahl Mathematik als Indikator fachbezogenen schulischen Wissens (r = 0,46). Letztere hängt ebenfalls in mittlerer Stärke (r = 0,32) mit der Lernstrategie kritisches Prüfen zusammen. Niedrige Zusammenhänge zeigen sich u. a. zwischen der Abiturdurchschnittsnote als Indikator für allgemeines schulisches Wissen und dem universitären Fachwissen Biologie (r = −0,26).

Tab. 2 Interkorrelationen der unabhängigen Variablen, bezogen auf die Stichprobe aus Modell C (N = 90)

Zur Überprüfung der Forschungsfrage wurden lineare Regressionsanalysen mit den Variablen schulisches Wissen (Kurswahl, Abiturdurchschnittsnote; Modell A), plus universitäres allgemeines und fachbezogenes Wissen (Fachwissen Biologie, mathematisches Wissen; Modell B), plus Lernstrategienutzung (Wiederholen, kritisches Prüfen, Zeitmanagement, Anstrengung, Lernen mit Studienkollegen; Modell C) als Prädiktoren sowie der Klausurdurchschnittsnote der Studierenden als Kriteriumsvariable berechnet (Tab. 3). Als Vorprüfung auf zu hohe Interkorrelationen zwischen den unabhängigen Variablen, wurde auf Multikollinearität geprüft. Die Prüfwerte des Varianzinflationsfaktors liegen dabei zwischen 1,00–1,76. Dies deutet darauf hin, dass hier keine Multikollinearität vorliegt.

Tab. 3 Hierarchische Regressionsanalysen (Blockweise) zur Vorhersage von Studienerfolg (operationalisiert als z‑standardisierte aggregierte Klausurleistungen der ersten zwei Studiensemester)

Durch die Variable allgemeines und fachbezogenes schulisches Wissen (Modell A) können allein 8,3 % adj der Varianz der Klausurdurchschnittsnoten als Studienerfolgsindikator aufgeklärt werden. Fügt man die Variable universitäres Wissen hinzu, können 20,4 % adj der Varianz der Klausurdurchschnittsnoten aufgeklärt werden und schließlich können durch die Hinzunahme der Lernstrategien 26,2 % adj der Varianz der Klausurdurchschnittsnoten aufgeklärt werden. Wie Tab. 3 weiter zu entnehmen ist, stellen die kognitiven Prädikatoren Abiturdurchschnittsnote und Fachwissen Biologie in allen drei Modellen erwartungskonform einen der stärksten Prädiktoren für Klausurnoten dar. Darüber hinaus liegen die Effekte von Zeitmanagement und Anstrengung jedoch in einer vergleichbaren Größenordnung.

Diskussion

Der starke Zusammenhang zwischen den Lernstrategien Anstrengung und Wiederholen macht deutlich, dass beide Strategien bei der hier untersuchten Stichprobe hohe Gemeinsamkeiten aufweisen. Beide Strategien könnten grundsätzlich von potenzieller Bedeutung für das Biologieanfangsstudium sein (s. z. B. Sebesta und Speth 2017). Auch wenn in dieser Stichprobe kein Zusammenhang zum Fachwissen Biologie vor Beginn des Studiums und der Lernstrategie Anstrengung auftritt, so könnten die Strategien im Verlauf des ersten Semesters möglicherweise an enormer Bedeutung gewinnen. Diese Annahme wird gestützt durch frühere Befunde die nahelegen, dass im Zusammenhang mit schulischer Leistung (hier operationalisiert über das schulische Vorwissen im Fach Biologie) eher kognitive und metakognitive Lernstrategien eine Rolle spielen, wohingegen Ressourcenmanagementstrategien – und hier insbesondere Anstrengung – eher später im Lernen unter Hochschulbedingungen an Relevanz gewinnen (siehe hierzu etwa Waldeyer et al. 2019b; Schneider und Preckel 2017). Weiter steht der in der hier beschriebenen Studie gefundene Zusammenhang zwischen den Lernstrategien Wiederholen und Anstrengung in Einklang mit den Befunden der Validierungsstudie des LIST von Wild und Schiefele (1994), die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Subfacetten der Lernstrategienutzung aufzeigen. Der hier berichtete Zusammenhang ist dabei höher als in der Validierungsstudie. Höhere Zusammenhänge zwischen Lernstrategien scheinen allerdings bei naturwissenschaftlichen Studierenden nicht untypisch, so finden beispielsweise Klostermann et al. (2014) tendenziell höhere Korrelationen zwischen den Lernstrategien von Erstsemesterstudierenden im Chemiestudium. Der Lernstrategie kritisches Prüfen scheint bei Biologiestudierenden eine prominente Rolle in Bezug auf die Mathematik im schulischen und universitären Kontext zuzukommen, da hier in beiden Fällen mittlere positive Zusammenhänge bestehen. Dass ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Kurswahl Mathematik und dem universitären mathematischen Wissen besteht, ist sicherlich auf inhaltlichen Überschneidungen zwischen schulischem und hier geprüften mathematischen Wissen zurückzuführen. Im Gegensatz hierzu besteht zwischen der Kurswahl Biologie als fachbezogenes schulisches Wissen kein nachweisbarer Zusammenhang zum universitären Fachwissen Biologie. Dies resultiert sehr wahrscheinlich aus der relativ geringen Überschneidung zwischen den Inhalten des Biologieunterrichts in der Schule und der universitären Lehrveranstaltungen im Anfangsstudium. Der niedrige Zusammenhang zwischen dem universitären Fachwissen Biologie und der Abiturdurchschnittsnote als Indikator für allgemeines schulisches Wissen ist vermutlich ein Resultat der Zulassungsbeschränkung in diesem Studiengang durch einen Numerus clausus. Hinzu kommt, dass die Abiturdurchschnittsnote typischerweise als Indikator für die allgemeine Studierfähigkeit gilt (Köller 2013) und als solcher nur bei entsprechender Kurswahl zu einem kleinen Anteil biologiespezifisches (Vor)wissen ausmacht, was ebenfalls die niedrige Korrelation erklären könnte. Die insgesamt niedrigen Interkorrelationen der unabhängigen Variablen stehen ihrer Verwendung in Regressionsanalysen jedoch nicht entgegen.

Sowohl der Prädiktor Abiturnote als Indikator für allgemeines schulisches Wissen als auch das universitäre Wissen als Fachwissen Biologie und die Nutzung der internen ressourcenbezogenen Strategien Zeitmanagement und Anstrengung liefern signifikante Beiträge zur Vorhersage des Studienerfolgs. Erwartungskonform zeigt sich als stärkster Prädiktor für den Studienerfolg das biologische Fachwissen. Fachwissen bietet in den Modellen inkrementelle Validität über die Abiturnote hinaus. Auch in der Studie von Schachtschneider (2016) war Fachwissen der stärkste Prädiktor für die Leistung im Studium. Die Abiturnote hingegen, die allgemein als guter universeller Prädiktor über die verschiedensten Studienfächer hinweg gilt (Trapmann et al. 2007) und in den Analysen als Indikator für allgemeines schulisches Wissen verwendet wurde, zeigt zunächst mittelhohe Zusammenhänge zum Studienerfolg von Bachelorstudierenden der Biologie (Modell A). Der Zusammenhang verringert sich allerdings deutlich, wenn für Fachwissen kontrolliert wird (Modell B). Die Nutzung der Lernstrategien der Studierenden bieten hingegen inkrementelle Validität über Fachwissen hinaus (Modell C). Die Stärke der Zusammenhänge zum Studienerfolg von Anstrengung und Zeitmanagement liegt (knapp) über dem der Abiturdurchschnittsnote, aber unter der von universitärem Fachwissen Biologie. Einschränkend lässt sich anmerken, dass die beiden Prädiktoren Fachwissen und Abiturnote eine niedrige Korrelation zeigen. Weiterhin zeigt der in die Modelle aufgenommene Prädiktor Anstrengung eine hohe Korrelation zu der Lernstrategie Wiederholen. In beiden Fällen liegt in den Modellen keine Multikollinearität vor. Dies weist darauf hin, dass nur ein kleiner Anteil der Varianz der gemeinsamen Varianz der Faktoren zuzuschreiben ist. Limitierend bleibt anzumerken, dass auch Modell C lediglich 26 % der Varianz der Klausurleistung im ersten Studienjahr zu erklären vermag. Dieses Ergebnis legt nahe, dass zukünftige Studien über die hier verwendeten Prädiktoren hinaus ein breiteres Spektrum an möglichen für Studienerfolg relevanten Prädiktoren berücksichtigen sollten. Außerdem wäre zu untersuchen, inwieweit hier komplexere Zusammenhänge jenseits der hier untersuchten direkten und korrelativen bestehen.

Die Ergebnisse liefern jedoch insgesamt einen ersten Beitrag zur Studienerfolgsprognose von Biologiestudierenden und erweitern damit den bisherigen, primär für Chemie- und Physikstudierende vorliegenden, Kenntnisstand (z. B. Hailikari und Nevgi 2010; Mauk 2016; Tai et al. 2006; Müller et al. 2018; Sorge et al. 2016). Sie spiegeln teilweise die Befunde US-amerikanischer und auf Lehramtsstudierende bezogene Studienerfolgsstudien mit Biologiebezug für Biologiefachstudierende in Deutschland wider (z. B. Loehr et al. 2012; Sebesta und Speth 2017). So scheinen für Biologiefachstudierende im Anfangsstudium insbesondere universitäres Wissen, sowie Zeitmanagement und Anstrengung für den Studienerfolg von Bedeutung zu sein. Erklärungen hierfür könnten darin liegen, dass sich die Fachinhalte der gymnasialen Oberstufe und der ersten Semester in Biologie z. T. deutlich unterscheiden. Daraus und aus dem Umfang und Detailreichtum des im Anfangsstudium präsentierten biologischen Fachwissens könnte ein erhöhter Lernaufwand resultieren, dem durch ein geschicktes Zeitmanagement und Anstrengung begegnet werden kann. Auch wenn die Kurswahl Biologie als Indikator für fachbezogenes schulisches Wissen hier keinen relevanten Beitrag zum Studienerfolg leistet, scheinen im Biologieanfangsstudium dennoch auch schulische Leistungsfaktoren zuträglich zu sein, die sich in der Abiturdurchschnittsnote als Indikator für allgemeines schulisches Wissen widerspiegeln.

Darüber hinaus geben die Befunde Hinweise auf mögliche Maßnahmen zur Unterstützung der Studierenden und damit gegebenenfalls auch zur Reduktion von Studienabbruch. So könnte beispielsweise das von Wagner et al. (2010) entwickelte E‑Learning Tool, das sowohl universitäres Fachwissen als auch selbstreguliertes Lernen trainiert, auf das Biologieanfangsstudium übertragen werden. Um die Anstrengung der Studierenden zu erhöhen, könnten sogenannte Utility Value oder Relevance Interventions (z. B. Hulleman und Harackiewicz 2009) angewendet werden, die die Relevanz der Kursinhalte für die Studierenden verdeutlichen. Hierfür sind zukünftige Untersuchungen mit experimentellen Studiendesigns erforderlich. Auch wären die berichteten Befunde an anderen Universitätsstandorten sowie unter Berücksichtigung von Studien- und individuellen Kontextbedingungen zu prüfen. Außerdem ist einschränkend anzumerken, dass die vorliegende Studie nur Bezug auf die kognitiven Studienerfolgsprädiktoren des Fachwissens und ausgewählter Lernstrategien nimmt. Diese Faktoren scheinen insbesondere für Interventionsmaßnahmen eine geeignete Grundlage darzustellen, die an bestehende universitäre Unterstützungsangebote wie Vorkurse und Tutoren anknüpfen. Dies wäre in entsprechenden Experimentalstudien zu prüfen. Ungeachtet dessen sind potenziell weitere Faktoren wie beispielsweise motivationale und soziale Faktoren (vgl. Ulriksen et al. 2015) von Relevanz für den Studienerfolg in Biologie, die hier nicht berücksichtigt wurden. So scheint beispielsweise die Gestaltung des naturwissenschaftlichen Unterrichts in der Schule insbesondere im Hinblick auf die wahrgenommene Relevanz und das Wirksamkeitserleben eine Rolle bei der Studienwahlentscheidung für eine Naturwissenschaft zu spielen (Elster 2014). Schließlich wurde den standardisierten Noten mehrerer Prüfungen ein relativ strenges Maß für den Studienerfolg gewählt, das in der Realität des Studiums seine Wirkung nicht direkt entfaltet und weitere Studienerfolgsfaktoren wie beispielsweise auch das verzögerte Bestehen der Prüfungen und die Studienzufriedenheit unberücksichtigt lässt.