Entscheidungshandeln im Basketball-Wettkampf ist erfolgsorientiert. Erfolg kann dabei unmittelbar (Korberfolg) oder mittelbar (situativer Vorteil, Foulbelastung des Gegners, Stopp der Spieluhr etc.) erreicht werden. Unabhängig vom Leistungsniveau wählen Spielerinnen und Spieler aus der Vielfalt der taktischen Handlungsmöglichkeiten situativ diejenigen aus, die neben einer angemessenen Erfolgsaussicht auch effizient im Sinne eines ökonomischen Ressourceneinsatzes erscheinen. Dies erklärt neben dem hohen Anteil individualtaktischer Abschlusshandlungen (Remmert, 2003; Selmanović, Milanović, & Škegro, 2019) auch die Beliebtheit des gruppentaktischen Angriffsmittels direkter Block, bei dem zwei Angreifer beteiligt sind (Marmarinos, Apostolidis, Kostopoulos, & Apostolidis, 2016; Calvo, Menéndez García,, & Navandar, 2017; Vaquera, García-Tormo, Gómez Ruano, & Morante, 2017; Gómez et al., 2015; Remmert & Chau, 2019). Dabei nutzt ein Angreifer mit Ball einen Mitspieler ohne Ball, um seinen Gegenspieler an diesem abzustreifen und daraus eine vorteilhafte Überzahlsituation zu kreieren.

Der direkte Block zeichnet sich durch eine breite taktische Vielfalt aus und wird in Positions- wie Schnellangriffen gegen die Mann-Mann-Verteidigung (MMV) und auch gegen Ball-Raum-Verteidigungen (BRV) angewendet. Er wird auf unterschiedlichen Positionen und aus verschiedenen Richtungen gestellt und bietet Lösungshandlungen gegen unterschiedlichste Verteidigungsmaßnahmen (Polykratis, Tsamourtzis, Mavridis, & Zaggelidis, 2010; Gómez et al., 2015).

Insbesondere unter Zeitdruck sind jedoch auch komplexere Handlungsmuster des 3 gegen 3 bis 5 gegen 5 hochgradig erfolgversprechend. Diese beschäftigen gegenüber isolierten 1‑gegen-1- und 2‑gegen-2-Situationen die komplette gegnerische Verteidigung und erschweren somit effektive Verteidigerhilfen (Christmann, Akamphuber, Müllenbach, & Güllich, 2018). Die jeweils nur zwei Angreifer involvierenden direkten Blocks bieten dem Angriffsteam in diesem Sinne viele Möglichkeiten, parallel ablaufende individuelle und gruppentaktische Handlungen in das mannschaftliche Handeln zu integrieren („überlagernde Angriffsinteraktionseinheiten“, Remmert, 2003).

Problemstellung

Im Basketballspiel dominiert der Positionsangriff mit ca. 75–80 % aller Angriffe (Remmert, 2009; Calvo et al., 2017), d. h. in den meisten Spielsituationen stellt sich den Angreifern eine weitgehend formierte und strukturierte Verteidigung mit effizienten kollektiven Strategien zur Ballverteidigung entgegen. Individuelle Angriffshandlungen sind auf hohem Spielniveau zwar häufig, jedoch bezüglich der Punkteausbeute pro Angriffsversuch nur unterdurchschnittlich erfolgreich (Remmert, 2003), zumal herausragende 1‑gegen-1-Spieler über viele (entscheidende) Spielminuten die Hauptlast der Angriffsbemühungen tragen müssen und damit auch an ihre physischen Grenzen stoßen. So ist in den letzten Jahren, auch unter dem Zeitdruck der 24-/14-Sekunden-Uhr, der Anteil der direkten Blocks an den Angriffsabschlüssen auf 40 % angestiegen (Karipidis, Mavridis, Tsamourtzis, & Rokka, 2010; Gómez et al., 2015; Lamas, Santana, Heiner, Ugrinowitsch, & Fellingham, 2015).

Ein Vorteil der direkten Blocks ist neben ihrer Ökonomie das Herausspielen unmittelbarer Korbwurfmöglichkeiten, die auf Seiten der Verteidiger i. d. R. den Einsatz kollektiver Verteidigungshilfen erfordern. Üblicherweise werden aktive direkte Blocks von großen Innenspielern (Center, Power Forward) für ballsichere Außenspieler (Point Guard, Shooting Guard, Small Forward) gestellt, weshalb eine der populärsten und häufigsten Varianten des direkten Blocks das Pick & Roll mit Abrollen des größeren Blockstellers unter den Korb ist (Marmarinos et al., 2016). Diese Angriffshandlungen provozieren sogenannte Mismatches und in deren Folge die bereits erwähnten Hilfsaktionen weiterer Verteidiger, die mit guter Ballbewegung durch an der Blocksituation unbeteiligte Angreifer ausgenutzt werden können (Lamas et al., 2015; Calvo et al., 2017). Aufgrund gewachsener Popularität beeinflusst die Ausführungsqualität direkter Blocks mittlerweile Sieg oder Niederlage in erheblichem Maße (Remmert & Chau, 2019).

Die vorliegende Studie soll den aktuellen Stellenwert der direkten Blocks in der höchsten deutschen Spielklasse, der easyCredit Basketball Bundesliga (BBL), eruieren. Neben der quantitativen Bedeutung im Kontext der möglichen taktischen Angriffsmaßnahmen interessieren auch die Verteidigungsstrategien und Erfolgsquoten. Der Erfolg dabei wird über den Quotienten „erzielte Punkte pro Angriffsversuch“ (PPA) operationalisiert. Die leitenden Untersuchungsfragen sind:

  1. 1.

    Wie häufig werden gruppentaktische Angriffshandlungen zur Vorbereitung und zum Abschluss genutzt und wie erfolgreich ist der direkte Block im Vergleich zu konkurrierenden Angriffshandlungen?

  2. 2.

    Wie häufig und wie erfolgreich sind die verschiedenen Arten des direkten Blocks und deren Verteidigungsvarianten?

  3. 3.

    Lassen sich Unterschiede zwischen Gewinnern und Verlierern bezüglich der Anwendung und erfolgreichen Nutzung des direkten Blocks zum Angriffsabschluss feststellen?

  4. 4.

    Welche Abschlussdistanzen werden bevorzugt und gibt es dabei Unterschiede zwischen Gewinner- und Verliererteams?

Methodik

Die Stichprobe bestand aus 14 Hauptrundenspielen der easyCredit Basketball Bundesliga der Saison 2017/18, die durch die BBL GmbH (Köln) zur Verfügung gestellt und als einfache Zufallsstichprobe („random sampling“) ausgewählt wurden (Tab. 1).

Tab. 1 Stichprobenüberblick

Die Erstellung des Beobachtungsschemas bzw. Kategoriensystems zur analytischen Beobachtung der gruppentaktischen Vorbereitungs- und Abschlusshandlungen basiert auf der prozessorientierten Zustands-Ereignis-Modellierung nach Perl und Uthmann (1997) für die Abläufe des Basketballspiels von Remmert (2002) bzw. Remmert und Chau (2019). Diese Form der Modellbildung eignet sich besonders zur systematischen Darstellung des Spielhandelns zwischen Angriff und Abwehr, deren jeweilige Zustände durch interaktive Abschlusshandlungen („abschließende Angriffsinteraktionseinheiten mit Ballbesitzwechsel“) umgekehrt werden.

Das Kategoriensystem beinhaltet allgemeine (Gewinner/Verlierer, erzielte Punkte), räumliche (Abschlussort) und taktische (Angriffsphase, Verteidigungsart, Abschlusshandlung, vorbereitende Abschlusshandlung, Block, Blockverteidigung) Beobachtungsmerkmale mit ihren jeweiligen Ausprägungen bzw. Merkmalsstufen und bildet auf der taktischen Ebene insbesondere die Angriffs- und Verteidigungshandlungen der Spieler gemäß dem Detailmodell zum direkten Block (Abb. 1) ab:

  • Vorbereitende und tatsächliche Angriffsabschlusshandlungen: 1 gegen 0, 1 gegen 1, Give & Go, direkter Block (Pick), indirekter Block (Screen), Mehrfachblock (Multiple Screen)

  • Blockart (direkter Block): aktiver Block, passiver Block, Handoff (Dribbelblock), Repick

  • Blockverteidigung: im Block, über den Block, unter den Block, durch den Block, Hedge & Recover, Switch, Doppeln, Zuordnung beibehalten

  • Offensive Lösung (im direkten Block); Wurf Ballbesitzer, Durchbruch, Durchbruch gegen Block, Abrollen, Pop (Out), Early Release

Abb. 1
figure 1

Detailmodell zum direkten Block. (Mod. nach Remmert, 2003 und Remmert & Chau, 2019)

Die Datenerhebung erfolgte mit Hilfe der Spielanalysesoftware utilius vs® (Version 4.5.8, ccc Software GmbH, Leipzig, Deutschland). Zur deskriptiven und analytischen Aufbereitung der Rohdaten wurde das Statistikprogramm SPSS® Statistics (Version 23, IBM® Technologies, Chicago, IL, USA) verwendet. Zur Berechnung von Korrelationen zwischen Blockarten, Blockverteidigung, offensiven Lösungen (nominalskaliert) und erzielten Punkten (intervallskaliert) wurde Pearsons eta herangezogen (η < 0,1 keine; 0,1 ≤ η < 0,2 schwache; 0,2 ≤ η < 0,4 durchschnittliche; η ≥ 0,4 starke Korrelation; Cohen, 1988). Verteilungsanalysen erfolgten mittels nonparametrischem Chi2-Test nach Pearson bzw. exaktem Test nach Fisher bei Kreuztabellen mit erwarteten Zellhäufigkeiten n < 5. Das Signifikanzniveau wurde jeweils auf p < 0,05 festgelegt.

Die Qualitätssicherung des konstruierten Kategoriensystems erfolgte durch Überprüfung der Interrater-Reliabilität nach Lames (1994), wozu ein zufällig ausgewähltes Spiel durch einen in der analytischen Betrachtung von Basketballspielen erfahrenen Zweitbeobachter nochmals analysiert wurde. Die Rohdaten von Erst- und Zweitbeobachtung wurden in eine Übereinstimmungsmatrix überführt und anschließend das prozentuale Übereinstimmungsmaß Ü sowie Cohens Kappa berechnet. Bei Letzterem wurde mit Ergebnissen von κ ≥ 0,91 die geforderten Mindeststandards übertroffen (Altman, 1991; Lames, 1991).

Ergebnisse

In 14 Spielen wurden insgesamt 2555 Angriffsversuche mit einer Erfolgsquote von 0,88 Punkten pro Angriffsversuch (PPA) analysiert. Die beteiligten Teams absolvierten durchschnittlich 91,3 Angriffsversuche pro Spiel mit einer mannschaftlichen Punkteausbeute von jeweils 80,1 Punkten. Die Sieger erzielten mit 88,2 Punkten pro Spiel im Durchschnitt 16,2 Punkte mehr als die Verliererteams (72,0 Punkte pro Spiel). Nur vier der untersuchten Spiele wiesen eine Punktedifferenz von weniger als 10 auf, weitere vier von mehr als 20. 1820 (71,2 %) der 2555 Angriffsversuche wurden durch eine taktische Abschlusshandlung mit durchschnittlich 1,18 Punkten abgeschlossen, 735 (28,8 %) durch Ballverlust, eine Spielunterbrechung in Ballbesitz oder Freiwürfe ohne Abschlusshandlung nach der Teamfoulregel (Stop the clock) beendet.

Positionsangriffe sind mit 2252 (89,3 %) von 2521 Fällen die häufigsten Angriffsversuche, Schnellangriffe werden nur zu 10,7 % zum Abschluss gebracht. Gegen die Positionsangriffe wird fast ausschließlich mit Mann-Mann-Verteidigung agiert (inkl. Mann-Mann-Presse in 2210 von 2252 Fällen, entspricht 98,1 %). Varianten der Ball-Raum-Verteidigung sind zu weniger als 2 % beobachtet worden.

Wie häufig werden gruppentaktische Angriffshandlungen zur Vorbereitung und zum Abschluss genutzt und wie erfolgreich ist der direkte Block im Vergleich zu konkurrierenden Angriffshandlungen?

Unter den 1820 durch taktische Handlungen abgeschlossenen Angriffsversuchen finden sich 1351 (74,2 %) Abschlüsse aus dem 1 gegen 1, auf die Gruppentaktik insgesamt entfallen nur 456 (25,1 %) Abschlüsse. Davon sind die häufigsten Angriffshandlungen die direkten Blocks mit 362 (19,9 %), mit großem Abstand folgen die indirekten Blocks (Screens, Multiple Screens) mit 88 (4,8 %) und das Give & Go mit nur 5 Abschlüssen (0,3 %). Insgesamt werden 689 (37,9 %) der 1820 Angriffsabschlusshandlungen (AAH) von unmittelbar vorausgehenden individual- und gruppentaktischen Handlungen (vAAH) vorbereitet. Der Anteil des 1 gegen 1 beträgt hier 67,9 %, der der direkten Blocks 26,4 %. Indirekte Blocks wurden zu 3,4 % beobachtet, der Anteil der nicht zuzuordnenden Handlungen beträgt 2,3 % (Tab. 2).

Tab. 2 Anzahl und Erfolg vorbereitender (vAAH) und abschließender (AAH) Angriffshandlungen

Direkte Blocks weisen als Abschlusshandlung einen Punktedurchschnitt von 1,22 PPA und als vorbereitende Abschlusshandlung von 1,37 PPA auf. Beide Werte liegen über dem jeweiligen Mittelwert sämtlicher Abschlusshandlungen und insbesondere über den durchschnittlich erzielten Punkten des 1 gegen 1 (Tab. 2). Die anderen Ergebnisse sind aufgrund der geringen Häufigkeiten zu vernachlässigen. Insgesamt liegt die Punkteausbeute pro Angriffsabschluss höher, wenn der Abschlusshandlung eine individuelle oder gruppentaktische Vorbereitungshandlung vorausgeht. Dabei steigt der Anteil der erfolgreichen 3‑Punkt-Würfe an den Abschlüssen erheblich. Aufgrund der großen Verteilungsunterschiede lassen sich zwischen den abschließenden (η = 0,085) und vorbereitenden Angriffshandlungen (η = 0,080; Tab. 2) einerseits und den erzielten Punkten andererseits keine Korrelationen nachweisen.

Wie häufig und wie erfolgreich sind die verschiedenen Arten des direkten Blocks und deren Verteidigungsvarianten?

Die häufigste Ausführungsvariante mit 314 (86,7 %) bei den Abschlusshandlungen und 167 (91,8 %) bei den vorbereitenden Abschlusshandlungen ist der direkte, aktiv gestellte Block. Passive Blocks, Handoffs und Repicks spielen v. a. als vorbereitende Abschlusshandlung keine Rolle, bei den Abschlusshandlungen sind deren Anteile mit insgesamt 13,3 % geringfügig höher. Mit Ausnahme der (seltenen) passiven Blocks als Abschlusshandlung sind die aktiven Blocks auch die erfolgreichsten Varianten (1,25 PPA als AAH, 1,45 PPA als vAAH) und liegen über dem Punktedurchschnitt sämtlicher Abschlusshandlungen. Die Blockarten zeigen als Abschlusshandlung keine (η = 0,098), als vorbereitende Abschlusshandlung zumindest eine schwache Korrelation mit den durchschnittlich erzielten Punkten (η = 0,161; Tab. 3).

Tab. 3 Blockarten und Blockverteidigung mit Erfolgsquoten

Die häufigsten Verteidigungshandlungen gegen die insgesamt 362 abschließenden direkten Blocks sind das Switch mit 96 (26,5 %), das Über-den-Block-Gehen mit 87 (24,0 %) und das Hedge & Recover mit 40 (11,0 %). Die passiveren Verteidigungsmaßnahmen (unter, durch den Block) sind kaum zu beobachten. Die wenigsten Punkte lässt die aggressive, aber nicht sehr häufige Verteidigungsvariante Doppeln mit 0,87 PPA zu. Von den häufigeren Verteidigungshandlungen ist das Über-den-Block-Gehen am erfolgreichsten (1,08 PPA). Gegen die vorbereitenden Angriffsabschlusshandlungen ist das Hedge & Recover zahlenmäßig häufiger als gegen die Angriffsabschlüsse (19,8 %), Doppeln und Über-den Block-Gehen sind auch hier am effektivsten (1,00 bzw. 1,18 PPA). Die Blockverteidigung zeigt jeweils eine schwache Korrelation mit den erzielten Punkten (Tab. 3).

Die häufigste offensive Lösung im direkten Block ist der Wurf des Ballbesitzers (37,3 %), gefolgt vom Durchbruch des Dribblers (24,9 %) und den Rollbewegungen des Blockstellers (Abrollen 14,9 %, Pop Out 13,5 %). Die Erfolgsquoten der direkten Würfe sind mit 1,13 PPA vergleichsweise gering, die anderen häufigen Lösungen liegen deutlich darüber im Bereich 1,22 bis 1,31 PPA. Die erfolgreichste Angriffslösung ist mit 1,52 PPA der Durchbruch gegen den Block. Die offensiven Lösungen korrelieren schwach mit den erzielten Punkten (Tab. 4).

Tab. 4 Offensive Lösungen der Angriffsabschlusshandlung „direkter Block“

Lassen sich Unterschiede zwischen Gewinnern und Verlierern bezüglich der Anwendung und erfolgreichen Nutzung des direkten Blocks zum Angriffsabschluss feststellen?

In der Verteilung der Blockarten gibt es kaum Unterschiede zwischen Gewinner- und Verliererteams (χ2 = 7,056; df = 4; p = 0,133). Der aktive Block dominiert jeweils deutlich mit über 85 % der gesamten direkten Blocks. Die siegreichen Mannschaften nutzen ihre aktiven Blocks deutlich erfolgreicher (1,38 vs. 1,13 PPA), die Verlierer zeigen nur beim Handoff einen besseren Punktedurchschnitt (Tab. 5).

Tab. 5 Blockarten und Blockverteidigung von Gewinnern und Verlierern

Die Blockverteidigung zeigt ebenfalls nur geringe, nichtsignifikante Häufigkeitsunterschiede zwischen Gewinnern und Verlierern (χ2 = 4,851; df = 8; p = 0,773). Letztere agieren mit allen Verteidigungsmaßnahmen mit Ausnahme der (wenigen) Fälle, in denen die Mann-Mann-Zuordnung beibehalten wird, weniger erfolgreich. Bemerkenswerte Effektivitätsunterschiede finden sich unter den häufigeren Verteidigungsmaßnahmen beim Über-den-Block-Gehen (Differenz 0,39 PPA zugunsten der Gewinnerteams), beim Switch (0,25 PPA) und beim Hedge & Recover (0,42 PPA; Tab. 5).

Gewinnerteams nutzen als offensive Lösungshandlung der direkten Blocks tendenziell, aber nicht signifikant häufiger den direkten Wurf des Ballbesitzers (72 vs. 63) und das Pop Out des Blockstellers zur 3‑Punkte-Linie (31 vs. 18; χ2 = 11,231; df = 6; p = 0,081). Hinsichtlich der Effektivität können die Verliererteams nur beim Durchbruch des Ballbesitzers mithalten, bei allen anderen Lösungshandlungen sind die durchschnittlichen Punktwerte der Gewinnerteams deutlich besser (Tab. 6).

Tab. 6 Offensive Lösungen der direkten Blocks von Gewinnern und Verlierern

Aus der Vielzahl der möglichen Kombinationen von Blockart, Blockverteidigung und offensiven Lösungen sind angesichts der überschaubaren Stichprobe von insgesamt 362 direkten Blocks als Angriffsabschlusshandlung einige zweistellig auftretende Interaktionsketten zu ermitteln. Aufgrund ihrer zahlenmäßigen Dominanz (Tab. 3) finden sich dabei nur Interaktionsketten mit aktiv gestellten Blocks. Die häufigsten sind „aktiver Block > Switch > Wurf“ (n = 35; 1,00 PPA), „aktiver Block > Switch > Durchbruch“ (n = 33; 1,21 PPA), „aktiver Block > über den Block > Durchbruch“ (n = 21; 1,10 PPA) und „aktiver Block > über den Block > Wurf“ (n = 19; 0,84 PPA). Die erfolgreichste Interaktionskette ist „aktiver Block > Switch > Abrollen“ (1,64 PPA) bei 11 Fällen.

Welche Abschlussdistanzen werden bevorzugt, und gibt es dabei Unterschiede zwischen Gewinner- und Verliererteams?

Die Angriffsabschlusshandlungen 1 gegen 1 und direkter Block (Tab. 2) werden etwa zur Hälfte aus der Nahdistanz (Zone oder Box) und knapp 40 % aus der Weitdistanz (3-Punkte-Bereich) abgeschlossen. Das 1 gegen 1 wird dabei häufiger als der Nah- und Weitdistanz, der direkte Block (mit 17,7 %) aus der Mitteldistanz abgeschlossen. Die Verliererteams schließen dabei mehr 1‑gegen-1-Aktionen (41,7 vs. 36,9 %) aus der Weitdistanz ab als die Gewinner, die häufiger im 1 gegen 1 aus der Zone und durch direkte Blocks aus der Mitteldistanz abschließen. Die Abschlussschwerpunkte der insgesamt 362 direkten Blocks liegen in den Spielfeldbereichen Zone (46,8 %), Weitdistanz (Aufbau, Flügel links, Flügel rechts) und Mitteldistanz Aufbau und Flügel rechts (zusammen 45,3 %). Die auffälligsten Unterschiede zu den 1‑gegen-1-Abschlüssen liegen in der zentralen Weit- und Mitteldistanz mit deutlich mehr Block-Abschlüssen und den Spielfeldecken, aus denen mit insgesamt 14,0 % Abschlüsse aus dem 1 gegen 1 erfolgen (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Häufigste Angriffsabschlüsse aus direkten Blocks (groß, fett) und 1 gegen 1 (klein, kursiv) in Spielfeldbereichen (Z Zone, M Mitteldistanz, W Weitdistanz, F Flügel, A Aufbau, r rechts, l links, t tief)

Diskussion und Ausblick

Der Umfang der analysierten Stichprobe aus 2555 Beobachtungssequenzen von 14 der insgesamt 306 Hauptrundenspiele der easyCredit BBL der Saison 2017/18 erscheint gering und lässt eine Generalisierung der ermittelten Ergebnisse nicht zu. Insofern muss die Interpretation der Daten vorsichtig und mit Blick auf mögliche Stichprobeneffekte erfolgen. Immerhin ist es gelungen, mit der Zufallsstichprobe 16 der 18 beteiligten Mannschaften (dabei jeweils acht Playoff- sowie platzierte Teams) in die Analyse einzuschließen, somit zumindest einen Querschnitt der unterschiedlichen taktischen Spielauffassungen innerhalb der BBL in genannter Spielzeit abzubilden (Tab. 1). Begründet wird die Limitierung der Stichprobe mit dem zur Verfügung stehenden Zeitbudget im Rahmen eines universitären Spielbeobachtungsprojekts. Berücksichtigt man den zeitlichen Aufwand von ca. drei Zeitstunden allein für die Datenerhebung eines Basketballspiels, werden die zeitlichen die Anforderungen an eine nicht automatisierte, „händische“ Datenaufnahme zur Taktikanalyse im Sportspiel deutlich. Alternative Datenerhebungsmethoden sind nach Kenntnis der Autoren zum vorliegenden Untersuchungszweck (Taktikmuster- und -verlaufserfassung) im Basketball bis heute nicht verfügbar, sodass entsprechende Publikationen eher auf kleinen Stichproben basieren (u. a. Calvo et al., 2017: 40 Spiele mit insgesamt 698 Beobachtungssequenzen; Christmann et al., 2018: 115/996; Gómez et al., 2015: 20/818; Lamas et al., 2015: 6/1548; Marmarinos et al., 2016: 502/12.376; Polykratis et al., 2010: 9/1528; Selmanović et al., 2019: 30/5109; Vaquera et al., 2017: 17/668).

Der mit durchschnittlich 16,2 Punkten deutliche Unterschied zwischen Gewinnern und Verlierern spiegelt vordergründig eine große Heterogenität bzgl. der analysierten Mannschaften wider. Bei acht Heim- und sechs Auswärtssiegen lagen jedoch hohe und niedrige Punkteabstände sowohl in Spielen innerhalb der Gruppen der späteren Playoff- (1.–8.) und platzierten Teams (9.–18.) als auch zwischen beiden Gruppen vor. Insofern lassen sich keine grundsätzlich generalisierbaren Aussagen über Gewinner- und Verliererteams formulieren.

Mit 89,3 % der insgesamt 2521 analysierten Angriffsversuche wird der quantitative Stellenwert der kontrolliert ausgeführten Positionsangriffe der vergleichbaren Untersuchung von Remmert und Chau (2019) bestätigt, die die Playoff-Spiele des Jahres 2017 analysiert haben. Insgesamt ergibt ein homogenes Bild der Seltenheit von Schnellangriffen (ca. 11 %) in der esyCredit Basketball Bundesliga der Spielzeiten 2017/18, deren Anteil offensichtlich durch die Wertigkeit der analysierten Begegnungen (Hauptrundenspiele vs. Playoffs) nicht beeinflusst ist und eine grundsätzliche Struktur mit einem weitgehend kontrolliert-langsamen Spieltempo erkennen lässt.

Der sich in den letzten Jahren verfestigende Trend zu immer höheren Anteilen der Mann-Mann-Verteidigung als national und international dominierende Verteidigungsart bestätigt sich auch durch die hier vorgelegten Zahlen. Zu Beginn des Jahrtausends konnten noch etwa 9 % der Verteidigungshandlungen Ball-Raum- und Ball-Raum-Pressverteidigungen zugeordnet werden (Remmert, 2002). Möglicherweise ist die Fokussierung auf die MMV auch der Tatsache geschuldet, dass im modernen Basketball die meisten Teams eine über die Zeit hohe Spielerfluktuation aufweisen. So haben die BBL-Vereine in den Spielzeiten 2012 bis 2017 nur durchschnittlich 30,9 % (13,6–55,2 %) ihrer Spieler von Saison zu Saison gehalten (BonBas GmbH, 2017). Standards einer MMV lassen sich deutlich zeitsparender zu einer funktionierenden Teamverteidigung entwickeln als die komplexen Funktionszusammenhänge der BRV. Grundsätzlich liegen die Stärken der MMV natürlich in enger und physisch druckvoller Verteidigungsarbeit, die gegen heutige Spitzenspieler unabdingbar ist. Gegebenenfalls trägt zum extrem niedrigen Anteil der BRV in der vorliegenden Stichprobe auch der Umstand bei, dass die Begegnungen im Durchschnitt wenig umkämpft waren und somit kaum taktische Varianten erforderten.

Häufigkeiten gruppentaktischer Angriffshandlungen und Erfolgsquoten direkter Blocks

Individualtaktische Angriffsabschlusshandlungen dominieren quantitativ mit etwa 75 % deutlich, was durch frühere (Remmert, 2003) und aktuelle Analysen (Selmanović et al., 2019) bestätigt wird. Der fast 70 %ige Anteil der 1‑gegen-1-Aktionen an den vorbereitenden Abschlusshandlungen wurde dagegen in einer früheren Untersuchung noch durch gruppentaktische Handlungen erreicht (Remmert, 2003). Offensichtlich ist die Individualisierung des Entscheidungshandelns im Basketball weiter fortgeschritten und das Angriffsprinzip „Penetrate & Pass“ spielt über die Jahre eine immer größere Rolle zur Entwicklung hochprozentiger Abschlussmöglichkeiten. Verteidigerhilfen gegen 1‑gegen-1-Durchbrüche führen in der Regel zu räumlich-zeitlichen Vorteilen für anschließende Wurf- oder Durchbruchaktionen oder zu Mismatches, die mit individuellen und gruppentaktischen Angriffshandlungen effektiv attackiert werden können. Die offensiven Handlungen im Basketball konzentrieren sich damit immer mehr auf das 1 gegen 1 und den direkten Block als wenig komplexe Angriffshandlungen (u. a. Karipidis et al., 2010; Gómez et al., 2015; Lamas et al., 2015). Der quantitative und qualitative Stellenwert von Angriffsstrukturen höherer (mannschaftstaktischer) Ordnung (Christmann et al., 2018) sollte durch detaillierte Analysen überlagernder Angriffshandlungen (Remmert, 2003) erneut überprüft werden.

Die durchschnittliche Punkteausbeute der direkten Blocks wird auch von Marmarinos et al. (2016) berichtet und liegt um 0,06 PPA über der Erfolgsquote des 1 gegen 1. Multipliziert man diese Differenz mit den durchschnittlichen Angriffsversuchen pro Spiel (91,3), würde sich ein bedeutender Vorteil von ca. 5,5 Punkten für die direkten Blocks ergeben, wenn diese ausschließlich an Stelle der 1‑gegen-1-Abschlüsse verwendet würden (ungeachtet der Tatsache, dass taktische Eindimensionalität im Sportspiel leicht ausrechenbar ist). Als vorbereitende Abschlusshandlung erzielen direkte Blocks ebenfalls höhere Erfolgsquoten als 1‑gegen-1-Aktionen (+0,12 PPA), sodass insbesondere in entscheidenden Spielphasen die Nutzung direkter Blocks grundsätzlich höhere Erfolgsaussichten verspricht.

Häufigkeiten und Erfolgsquoten der direkten Blocks und Blockverteidigungsvarianten

Fast alle direkten Blocks zum Angriffsabschluss und als Abschlussvorbereitung sind aktiv gestellte Blocks. Die überdurchschnittlichen Erfolgsquoten (1,25 PPA als AAH, 1,45 PPA als vAAH) rechtfertigen diese Präferenz. Der aktiv gestellte Block ist aufgrund seiner klaren räumlich-zeitlichen Handlungsstruktur vergleichsweise leicht durchführbar und so sehr gut in taktische Abläufe zu integrieren. Passive Blocks verlangen dagegen mehr Bewegung mit dem Ball, was gegen eine druckvolle Verteidigung ein hohes Maß an zeitlicher und räumlicher Präzision erfordert. Bei Handoffs und Repicks müssen die Bewegungen beider Spieler aufeinander abgestimmt sein, was ein noch präziseres Timing und kurzfristige situative Anpassungen an die Verteidigerhandlungen erfordert. In der BBL-Vergleichsanalyse von Remmert und Chau (2019) konnten für die aktiven Blocks als Angriffsabschluss nur 1,01 PPA und die komplexeren Blockvarianten durchweg höhere Erfolgsquoten ermittelt werden, was vermutlich mit der Stichprobenwahl (Playoff-Spiele vs. Saisonspiele in der aktuellen Analyse) zusammenhängt. Begegnungen qualitativ vergleichbarerer Gegner verlangen i. d. R. von den Angreifern größere Anstrengungen bzw. höhere Risiken, Standardmaßnahmen wie aktiv gestellte Blocks werden effektiver bekämpft.

Ist ein Block gut gestellt und der geblockte Verteidiger bleibt im Block hängen, nutzt der Angriff dies erwartungsgemäß effizient aus: mit 1,42 PPA als abschließende und sogar 1,84 PPA als vorbereitende Abschlusshandlung werden die höchsten Erfolgsquoten erreicht. Die effektivste Blockverteidigungsmaßnahme gegen die abschließenden und die vorbereitenden Blocks ist – von den zahlenmäßig bedeutenderen Varianten – das Über-den-Block-Gehen, bei dem der geblockte Verteidiger dem Dribbler folgt und der Verteidiger des Blockstellers nicht (wie beim Hedge & Recover) aushilft, sondern bei seinem Angreifer bleibt. Switch und insbesondere Hedge ziehen deutlich mehr gegnerische Punkte nach sich. Diese Ergebnisse sprechen für die Fähigkeiten der Verteidiger, die sich im Gegensatz zu den Blockverteidigungsmaßnahmen mit Partnerhilfen (Übernehmen beim Switch und kurzzeitiges Übernehmen beim Hedge) besser behaupten können, wenn sie sich auf ihre individuellen Verteidigungsaufgaben konzentrieren. Eine physische und aggressive 1‑gegen-1-Verteidigung scheint auf dem untersuchten Spielniveau besser zu funktionieren als komplexere Verteidigungsabsprachen, die im Wettkampf durchaus auch zu Missverständnissen führen können. Die Zahlen liegen auf der Linie der Ergebnisse von Marmarinos et al. (2015), können aber die in der BBL-Vergleichsuntersuchung von Remmert und Chau, (2019) ermittelte hohe Effektivität der Verteidigungsvariante Switch nicht bestätigen. Die Autoren hatten dazu einen deutlichen Stichprobeneffekt vermutet.

Die erfolgreichsten der zahlenmäßig dominierenden offensiven Lösungen im direkten Block sind der Durchbruch des Ballbesitzers und das Abrollen des Blockstellers zum Korb, während der (absolut häufigste) Distanzwurf des Ballbesitzers nur unterdurchschnittlich erfolgreich ist. Das Pop Out des Blockstellers erreicht exakt den PPA-Durchschnitt sämtlicher Angriffsabschlusshandlungen. Damit sind die den Korbraum attackierenden Angriffshandlungen erfolgreicher als die Abschlüsse aus der Distanz, wozu i. d. R. (3-Punkte-Würfe) wesentlich weniger Abschlussversuche notwendig sind. Die oben vermutete hohe Qualität der individuellen Verteidigung hängt vermutlich auch damit zusammen, dass die Angreifer dieser Stichprobe aus der Distanz nicht überdurchschnittlich erfolgreich agieren. Die für den internationalen Spitzenbasketball konstatierte wachsende Bedeutung der 3‑Punkte-Würfe kann so auf die Hauptrundenspiele der Basketball Bundesliga (noch) nicht übertragen werden.

Unterschiede der Nutzung direkter Blocks zwischen Gewinnern und Verlierern der Stichprobe

Zwischen den siegreichen und unterlegenen Teams der vorliegenden Stichprobe gibt es keine signifikanten Unterschiede in der quantitativen Verteilung der Blockarten und Blockverteidigungen. Auffällige, wenngleich nicht signifikante Ungleichheiten finden sich bei der Verteilung der offensiven Lösungshandlungen im direkten Block: Gewinnerteams schließen tendenziell häufiger durch Distanzwürfe von Ballbesitzer und Blocksteller (nach Pop Out) ab als die Verlierer, letztere zeigen häufigere Durchbrüche. Möglicherweise liegt diese Auffälligkeit in einer besseren generellen und/oder situativen Spielübersicht der siegreichen Guards (Aufbauspieler), die i. d. R. die Nutzer direkter Blocks im Spiel sind, begründet.

Bemerkenswert sind dagegen die Unterschiede in der Ausführungseffektivität der Blockvarianten, Verteidigungshandlungen und offensiven Lösungen zwischen Gewinnern und Verlierern. Für die Blockarten ergibt sich ein Plus von 0,23 Punkten pro Angriffsversuch für die Gewinnerteams, zudem verteidigen sie in sämtlichen Varianten (mit Ausnahme der zahlenmäßig seltenen Konstellation, wenn beide Verteidiger ihre Zuordnung beibehalten) effektiver. Mit der insgesamt besonders erfolgreichen Verteidigungsoption Über-den-Block-Gehen lassen Gewinnerteams sogar 0,39 PPA weniger zu als die Verlierer, beim absolut häufigsten Switch noch 0,25. Somit beeinflussen die Verteidigung und Exekution der direkten Blocks das Spielergebnis deutlich. Gewinnerteams sind zudem bei sämtlichen offensiven Lösungen der direkten Blocks effektiver, beim Pop Out des Blockstellers sogar um 1,05 PPA, den sie darüber hinaus auch noch häufiger nutzen. Hier scheint ebenfalls eine höhere Spielerqualität, diesmal auf den „großen“ Positionen Center/Post (5) und Power Forward (4), als Ursache in Betracht zu kommen. Mit Blick auf die eingeschränkte Aussagekraft der untersuchten Stichprobe lassen sich die vermuteten situativen Qualitätsunterschiede zwischen Spielern der Gewinner- und Verliererteams nur für die jeweiligen Spielkontexte, nicht aber als grundlegende Unterschiede feststellen!

Entscheidungshandeln folgt in den Sportspielen und speziell im Basketball sogenannten „Wenn-dann-Gesetzmäßigkeiten“. Im langfristigen Trainingsprozess wird dieses „Lesen“ der mehr oder weniger eindeutigen gegnerischen Signale geschult. In der Vergangenheit konnte wiederholt gezeigt werden, dass erfolgreiche Aktionen den von Experten als optimal eingestuften Lösungen nicht immer entsprechen und durchaus ein hoher „unkonventioneller“ Anteil an erfolgreichen Entscheidungshandlungen nachgewiesen wird (Remmert, 2003; Remmert & Chau, 2019). Auch in der vorliegenden Untersuchung zeigen sich wieder etliche Handlungsketten, die von Experten als nicht ideal eingestuft werden. Offensichtlich spielen neben den situativen Gegebenheiten auch die jeweiligen spezifischen Stärken (und Schwächen) der beteiligten Spieler eine große Rolle bei der Entscheidungsfindung. Dennoch ist die deutlich erfolgreichste Interaktionsform mit 1,64 PPA den Lehrbüchern entnommen (u. a. Wissel, 2004; Bösing, Bauer, Remmert, & Lau, 2019): das Abrollen nach dem Switch der Verteidigung.

Abschlussdistanzen und Unterschiede zwischen Gewinnern und Verlierern der Stichprobe

Der Mitteldistanzbereich zwischen Zone und 3‑Punkte-Linie verliert im Basketball zunehmend an Bedeutung, auch in der vorliegenden Studie erfolgt nur jeder zehnte Angriffsabschluss aus der „langen“ 2‑Punkte-Distanz. Aufgrund der Abnahme der Erfolgswahrscheinlichkeiten mit zunehmender Korbentfernung ist dies nicht weiter überraschend und rein mathematisch folgerichtig, da ein erfolgreicher „Dreier“ 50 % mehr Punkte einbringt als ein nur unwesentlich risikoärmerer „Zweier“ aus nahezu 3‑Punkte-Distanz. Interessant sind unsere Ergebnisse mit Blick auf die Gewinner und Verlierer: Erstere schließen vergleichsweise mehr Angriffe aus dem 1 gegen 1 in der Zone und durch Blocks aus der Mitteldistanz ab. Verlierer suchen häufiger den Abschluss nach 1 gegen 1 aus dem 3‑Punkte-Bereich und nach Blocks in der Zone. Die Gewinner schaffen es demnach erfolgreicher, die Zone des Gegners im 1 gegen 1 zu attackieren. Knapp die Hälfte aller 1‑gegen-1- und Block-Aktionen werden in der Zone abgeschlossen, die weiteren Spielfeldbereiche werden durch individuelle und Block-Aktionen unterschiedlich genutzt. Die aufgrund der für 3‑Punkte-Würfe kürzeren Wurfdistanz lukrativen Spielfeldecken werden in nennenswertem Umfang nur aus dem 1 gegen 1 genutzt.

Ausblick und trainingspraktische Empfehlungen

Durch die vorliegende Taktikanalyse konnte ein Trend zur verstärkten Nutzung des direkten Blocks gezeigt werden, der aktuelle Tendenzen im Sportspiel Basketball bestätigt. Darüber hinaus wurde jedoch auch deutlich, dass sich Stellenwert und Bedeutung dieser 2‑gegen-2-Aktionen nicht ausschließlich an quantitativen Abschluss- und Erfolgsquoten bemessen lassen. Notwendig erscheint mit Blick auf eine fundierte perspektivische Nachwuchsausbildung eine Priorisierung der individual- und gruppentaktischen Handlungsmöglichkeiten im komplexen mannschaftstaktischen Kontext. Bezüglich der Blocks stellt sich dabei die grundsätzliche Frage, ob eine Fokussierung der Spieler auf ihre 1‑gegen-1-Fähigkeiten und die 2‑gegen-2-Varianten (direkte Blocks) gerechtfertigt ist und diese nicht nur die Angriffsabschlüsse, sondern auch vorbereitende und überlagernde Strukturen dominieren. Ergebnisse früherer Studien z. B. zum damals durchaus beachtlichen Stellenwert der indirekten und Mehrfachblocks (Remmert, 2003) müssten dahingehend überprüft werden. Im Einzelnen sollten sich zukünftige Taktikanalysen verstärkt folgenden Aspekten widmen:

  • Erfassung der Gesamtheit der individual- und gruppentaktischen Aktionen, insbesondere der Blocks, im Angriffsverlauf im Kontext ihrer Bedeutung für den Spielerfolg,

  • Analyse der Abfolgen von individual- und gruppentaktischen Angriffshandlungen innerhalb von Angriffsversuchen unter Berücksichtigung der veränderlichen Verteidigungszustände z. B. durch Hilfen und Rotationen,

  • Verknüpfung der Angriffs- und Verteidigungsinteraktionen mit beteiligten Spielern und Spielpositionen (z. B. Mismatch-Analysen nach Calvo et al., 2017),

  • Hinzuziehung von zeitlichen Variablen (Spiel‑, Angriffs‑, Restzeit) zur Analyse gruppentaktischer Angriffs- und Verteidigungshandlungen (Gómez et al., 2015; Calvo et al., 2017).

Unsere Analyse umfasst eine Zufallsstichprobe aus der easyCredit BBL der Saison 2017/18 und beansprucht keine Allgemeingültigkeit. Interpretationsspielräume für trainingspraktische Empfehlungen sind entsprechend eingeschränkt. Bestätigt werden konnte der hohe Stellenwert der direkten Blocks im modernen Basketball für den Spielerfolg, weshalb deren technisch-taktische Schulung auch fest im langfristigen Trainingshandeln verankert werden muss. Es scheint aufgrund der ermittelten Quantitäten und Erfolgsquoten „lehrbuchfremder“ Wenn-dann-Interaktionen (z. B. aktiver Block > Switch > Wurf/Durchbruch vs. Abrollen; Abschn. „Lassen sich Unterschiede zwischen Gewinnern und Verlierern bezüglich der Anwendung und erfolgreichen Nutzung des direkten Blocks zum Angriffsabschluss feststellen?“) durchaus angeraten zu sein, aufbauend auf der „Grundschule“ der Ideallösungen auch ungewohnte/überraschende Abschlussvarianten zu trainieren und somit die individuelle Entscheidungsfähigkeit der Spieler möglichst breit zu entwickeln. Unabdingbar erscheint eine variable Schulung mit Blick auf die Abschlussdistanzen, insbesondere Spieler auf den „großen“ Positionen müssen verstärkt in der Lage sein, aus dem 3‑Punkte-Bereich abzuschließen.