Skip to main content
Log in

Der Einfluss ex-post vergüteter Informationsintermediäre auf das Gleichgewicht kompetitiver Versicherungsmärkte

  • Abhandlung
  • Published:
Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft

Zusammenfassung

Dieser Artikel untersucht den Einfluss von Vermittlerprovisionen auf das Gleichgewicht kompetitiver Versicherungsmärkte, in denen sich die Aufgabe von Intermediären auf die Ermittlung und Übertragung von Risikoinformationen bezieht. Hierfür wird das Modell von Rothschild und Stiglitz, (Q. J. Econ 90:629–649, 1976) durch die Implementierung von Informationsintermediären mit imperfekter Identifikationstechnologie erweitert. Das Modell zeigt, dass Intermediäre bei direkten Abschlussprovisionen Anreize haben Risikoinformationen nicht immer korrekt zu übertragen. Erhalten die Intermediäre hingegen ihre Provisionen ausschließlich nach der Schadenrealisierung der Versicherungsnehmer, so weisen die Informationsintermediäre keine Anreize zur Falschklassifikation auf und verhindern adverse Selektion. Solange die Vermittlungskosten einen Grenzwert unterschreiten, trägt die Anwesenheit ex-post vergüteter Informationsintermediäre im Gleichgewicht zu einer Wohlfahrtsverbesserung der guten Risiken bei, ohne den Nutzen der schlechten Risiken zu beeinträchtigen. Für den Fall prohibitiv hoher Vermittlungskosten treten keine Intermediäre in den Markt ein.

Abstract

This article investigates the impact of contingent commissions on the competitive equilibrium in insurance markets when information intermediaries are exclusively concerned with the identification and transmission of risk information. For this purpose, we extend the Rothschild and Stiglitz, (Q. J. Econ 90:629–649, 1976) model by including information intermediaries with an imperfect identification technology. The model shows that intermediaries won’t always classify risks correctly when remunerated before the loss-event occurs. When intermediaries receive profit-based contingent commissions, intermediaries prevent adverse selection and have no incentives for misclassification. As long as the intermediation costs are below a certain threshold, the presence of intermediaries leads to a utility improvement for the good risks, while the utility of the bad risks remains unaffected. In case of prohibitively high intermediation costs, no intermediaries enter the market.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this article

Price excludes VAT (USA)
Tax calculation will be finalised during checkout.

Instant access to the full article PDF.

Abb. 1
Abb. 2
Abb. 3

Notes

  1. Siehe Regan und Tennyson (1996) für eine Untersuchung mit dem Fokus auf den Risikoklassifikationseigenschaften von ab- und unabhängigen Versicherungsvermittlern.

  2. Siehe auch Schiller (2011) für eine Untersuchung der Anreizwirkungen verschiedener Entlohnungsformen unabhängiger Versicherungsvermittler.

  3. Unter 10 der größten US amerikanischen Versicherungsmakler lag der Anteil bedingter Provisionen im Jahr 2003 zwischen zwei und sieben Prozent (vgl. Cummins et al. 2006). Darüber hinaus finden Regan und Tennyson (1996, S. 648 ff.), dass der Anteil bedingter Provisionen an der Vergütung unabhängiger Vermittler relativ höher als bei abhängigen Vermittlern ist.

  4. Ghosh und Hilliard (2012, S. 169–171) verdeutlichen dies an einem Beispiel, um mögliche Anreize der Vermittler an den Randwerten der Intervalle hervorzuheben: Man stelle sich einen Vermittler vor, der bereits 499.000$ bei einem Versicherer platziert hat und ab einem Schwellenwert von 500.000$ eine volumenabhängige Provision von 2,5 % auf das gesamte Geschäft erhält. Die Vermittlung einer weiteren Police mit einer Prämienhöhe von 1000$ würde demnach zu bedingten Provisionen i.H.v. 500.000$*0,025 = 12.500$ bzw. 1.250 % der Prämie führen.

  5. Empirische Unterstützung diesbezüglich liefert die Arbeit von Wilder (2002). Dieser weist für einen Versicherungsmakler in den USA nach, dass die Platzierung des Geschäfts zugunsten von Versicherern mit aktiven Vereinbarungen bzgl. bedingter Provisionen verzerrt ist.

  6. Darüber hinaus weisen sie nach, dass die Schaden- und Schaden-Kosten-Quoten mit steigendem Anteil bedingter Provisionen an dem Vergütungsplan der Versicherer abnehmen und die versicherungstechnische Eigenkapitalrentabilität zunimmt.

  7. Im Jahr 2004 klagte der New Yorker Generalstaatsanwalt Elliot Spitzer führende US-amerikanische Versicherer und Versicherungsmakler aufgrund illegaler Preisabsprachen im Bereich der Industrie- und Gewerbeversicherung an (vgl. Spitzer 2004). Darüber hinaus forderte er das Verbot einiger Formen bedingter Provisionen. Detaillierte Erkenntnisse und Darstellungen zu den Ermittlungen können z. B. Cooper (2007) entnommen werden.

  8. Siehe z. B. Anagol et al. (2013), Bigel (2000), Mullainathan et al. (2012), Cupach und Carson (2002) und Kurland (1996) für empirische Untersuchungen von vergütungsinduzierten Falschberatungsanreizen.

  9. Dies gilt nach Bentz (2001) jedoch nur, wenn die Versicherungsnehmer nach dem Kauf die Qualität des Produktes erfahren und anschließend über den Wiederkauf bzw. den Verkauf dieses Produktes entscheiden können. Die Anwendbarkeit auf Versicherungsprodukte ist jedoch insbesondere bei Produkten mit sehr niedriger Schadenfrequenz, wie z. B. bei Lebensversicherungsprodukten, eingeschränkt und fraglich.

  10. Allerdings verdeutlicht sein Modell, dass die Beratungsqualität in einem Honorarsystem besser sein kann. Aufgrund höherer Beratungskosten fragen allerdings zu wenig Versicherungsnehmer die Vermittlungsleistung nach und treffen deshalb uninformierte Entscheidungen.

  11. Rothschild und Stiglitz (1976) zeigen in einem einperiodigen Wettbewerbsmodell, dass die Versicherer für bestimmte Populationen ein Vertragsset anbieten können, welches Risiken mit hoher und niedriger Schadeneintrittswahrscheinlichkeit voneinander trennt. Das Modell von Rothschild und Stiglitz (1976) war bereits Ausgangspunkt zahlreicher Erweiterungen. So weisen die Modelle von z. B. Miyazaki (1977), Wilson (1977) oder Grossman (1979) ähnliche Selbstselektions-Mechanismen auf, verwenden jedoch alternative Gleichgewichtskonzepte, die seitens der Versicherer ein höheres Maß an Voraussicht erfordern. Obwohl die Frage nach dem geeignetsten Gleichgewichtskonzept umstritten ist, unterstützen die empirischen Ergebnisse von Puelz und Snow (1994) das reine Nash-Gleichgewicht von Rothschild und Stiglitz (1976).

  12. Seitens der Versicherungsnehmer sei die Abwesenheit von Moral Hazard angenommen, sodass die Höhe der Versicherungsdeckung die Schadenhöhe bzw. Schadenwahrscheinlichkeit nicht beeinflusst.

  13. Der Fall, dass ein prohibitiv hoher Anteil guter Risiken ein Trenngleichgewicht verhindert, soll an dieser Stelle nicht betrachtet werden. Siehe hierzu Rothschild und Stiglitz (1976).

  14. Dies lässt sich auch dahingehend interpretieren, dass die Identifikationswahrscheinlichkeit eines guten Risikos einem Griff in eine Urne mit einem Anteil \({{\beta }_{L}}/({{\beta }_{L}}+{{\beta }_{H}})\)guter und \({{\beta }_{H}}/({{\beta }_{L}}+{{\beta }_{H}})\) schlechter Risiken entspricht. Demnach ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Intermediäre ein gutes Risiko identifizieren, negativ abhängig von dem Anteil schlechter Risiken, der Vermittlung nachfragt.

  15. Die Vermittler könnten diese Kapazität zwar auch durch Risiken bedienen, die ihrerseits als „schlechte“ identifiziert wurden, da dies jedoch nicht die Höhe der extrahierbaren Provisionen beeinflusst, bestehen in einem solchen Fall seitens der Vermittler keine Anreize zur bewussten Falschklassifikation.

  16. Durch die Berücksichtigung der schlechten Risiken, die aufgrund der imperfekten Identifikationstechnologie den Vertrag \({{\alpha }_{I}}\) erhalten, verläuft die Steigung von \({{L}_{{{C}_{L}}}}\) für \(\rho>0\) flacher als die von \( L\).

  17. Bsp.: Der Anteil guter (schlechter) Risiken der Vermittlung nachfragt, und korrekt (inkorrekt) klassifiziert wird, erhält α I , während die Anteile die inkorrekt (korrekt) klassifiziert werden oder keine Vermittlung nachfragen, den Teilversicherungsvertrag \(\alpha _{L}^{RS}\) (Vollversicherungsvertrag \(\alpha _{H}^{RS}\)) erhalten.

Literatur

  • Anagol, S., Cole, S.A., Sarkar, S.: Understanding the advice of commissions-motivated agents: Evidence from the Indian Life Insurance Market. Harvard Business School Finance Working Paper No. 12–055 (2013)

  • Beenken, M., Radtke, M.: Betriebswirtschaftliche Konsequenzen eines Systemwechsels in der Vergütung von Versicherungsvermittlern. Studie für den Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e. V. (BVK). http://www.bvk.de/system/files/%252Fusr/home/cew/apache/sites/bvk.de/files/BVK%20Studie%20Verg%C3%BCtungswechsel%2016%2010%202013%20Kurzversion_0.pdf (2013). Zugegriffen 25 Mai 2015

  • Bentz, A.: Is Commission-Based Financial Advice Always Bad Advice? Leverhulme Centre for Market and Public Organisation, University of Bristol, Department of Economics (2001)

    Google Scholar 

  • Bigel, K.S.: The ethical orientation of financial planners who are engaged in investment activities: A comparison of United States practitioners based on professionalization and compensation sources. J. Bus. Eth. 28, 323–337 (2000)

    Article  Google Scholar 

  • Browne, M.J., Kamiya, S.: A Theory of the demand for underwriting. J. Risk Insur. 79, 335–349 (2012)

    Article  Google Scholar 

  • Browne, M.J., Ju, L., Tu, Z.: Broker monitoring of premium adequacy: The role of contingent commissions. Appl. Econ. 46, 2375–2386 (2014). doi: 10.1080/00036846.2014.902020

    Article  Google Scholar 

  • Bundesversicherungsamt: (Hrsg.): Tätigkeitsbericht 2012. http://www.bundesversicherungsamt.de/fileadmin/redaktion/allgemeine_dokumente/pdf/taetigkeitsberichte/TB-2012.pdf (2013). Zugegriffen 25 Mai 2015

  • Cheng, J., Elyasiani, E., Lin, T.-T.: Market reaction to regulatory action in the insurance industry: The case of contingent commission. J. Risk Insur. 77, 347–368 (2010)

    Article  Google Scholar 

  • Cooper, R.W.: Spitzer’s allegations of the anticompetitive effects of contingent commissions: A shot truly heard around the world. J. Insur. Regul. 26, 83–113 (2007)

    Google Scholar 

  • Cummins, J.D., Doherty, N.A.: The economics of insurance intermediaries. J. Risk Insur. 73, 359–396 (2006)

    Article  Google Scholar 

  • Cummins, J.D., Doherty, N., Ray, G., Vaughan, T.: The insurance brokerage industry post-October 2004. Risk Manag. Insur. Rev. 9, 89–108 (2006)

    Article  Google Scholar 

  • Cupach, W.R., Carson, J.M.: The influence of compensation on product recommendations made by insurance agents. J. Bus. Eth. 40, 167–176 (2002)

    Article  Google Scholar 

  • Focht, U., Richter, A., Schiller, J.: Intermediation and (mis-) matching in insurance markets – who should pay the insurance broker? J. Risk Insur. 80, 329–350 (2013)

    Article  Google Scholar 

  • Ghosh, C., Hilliard, J.I.: The value of contingent commissions in the property – casualty insurance industry: Evidence from stock market returns. J. Risk Insur. 79, 165–192 (2012)

    Article  Google Scholar 

  • Gravelle, H.: Remunerating information providers: Commissions versus fees in life insurance. J. Risk Insur. 61, 425–457 (1994)

    Article  Google Scholar 

  • Grossman, H.I.: Adverse selection, dissembling, and competitive equilibrium. Bell J. Economics. 10, 336–343 (1979)

    Article  Google Scholar 

  • Hofmann, A., Nell, M.: Information cost, broker compensation, and collusion in insurance markets. Schmalenbach Bus. Rev. 63, 287–307 (2011)

    Google Scholar 

  • Homölle, S., Neumann, W., Sydow, S.: Ist die Honorarberatung die bessere Beratung? Die Bank. 1, 38–43 (2013)

    Google Scholar 

  • Inderst, R., Ottaviani, M.: Misselling through agents. Am. Econ. Rev. 99, 883–908 (2009)

    Article  Google Scholar 

  • Inderst, R., Ottaviani, M.: Competition through commissions and kickbacks. Am. Econ. Rev. 102, 780–809 (2012a)

    Article  Google Scholar 

  • Inderst, R., Ottaviani, M.: How (not) to pay for advice: A framework for consumer financial protection. J. Financial Econ. 105, 393–411 (2012b)

    Article  Google Scholar 

  • Köhne, T.: IMD2-Entwurf – einige Basisannahmen der EU-Kommission sind ökonomisch höchst fragwürdig. Z. Versicherungswes. 64, 262–267 (2013)

    Google Scholar 

  • Kurland, N.B.: Sales agents and clients: Ethics, incentives, and a modified theory of planned behavior. Hum. Rel. 49, 51–74 (1996)

    Article  Google Scholar 

  • Ma, Y.-L., Pope, N., Xie, X.: Contingent commissions, insurance intermediaries, and insurer performance. Risk Manag. Insur. Rev. 17, 61–81 (2014)

    Article  Google Scholar 

  • Miyazaki, H.: The rat race and internal labor markets. Bell J. Econ. 8, 394–418 (1977)

    Article  Google Scholar 

  • Mullainathan, S., Noeth, M., Schoar, A.: The market for financial advice: An audit study. National Bureau of Economic Research No. w17929 (2012)

  • Puelz, R., Snow, A.: Evidence on adverse selection: Equilibrium signaling and cross-subsidization in the insurance market. J. Polit. Econ. 102, 236–257 (1994)

    Article  Google Scholar 

  • Regan, L., Kleffner, A. The role of contingent commissions in property-liability insurer underwriting performance. Working Paper: (2010)

  • Regan, L., Tennyson, S.: Agent discretion and the choice of insurance marketing system. J. Law Econ. 39, 637–666 (1996)

    Article  Google Scholar 

  • Richter, A., Schiller, J.: Entlohnung und Regulierung unabhängiger Versicherungsvermittler. Discussion Paper Ludwig-Maximilians-Universität München: (2008)

  • Rothschild, M., Stiglitz, J.: Equilibrium in competitive insurance markets: An essay on the economics of imperfect information. Q. J. Econ. 90, 629–649 (1976)

    Article  Google Scholar 

  • Schiller, J.: Ökonomische Aspekte der Entlohnung und Regulierung unabhängiger Versicherungsvermittler. Z. gesamte Versicherungswiss. 100, 113–130 (2011)

    Article  Google Scholar 

  • Schwarcz, D.: Beyond disclosure: The case for banning contingent commissions. Yale Law & Policy Review. 25, 289–336 (2007)

  • Spitzer, E.: Complaint: The people of the state of New York against Marsh & McLennan Companies. Inc. and Marsh Inc., Office of the Attorney General of the State of New York, New York. http://news.findlaw.com/hdocs/docs/nys/nymarsh101404cmp.html (2004). Zugegriffen 25 Mai 2015

  • Wilder, J.M.: Contingency fees and incentives in commercial lines insurance. Ph.D. dissertation, Massachusetts Institute of Technology (2002)

  • Wilson, C.: A model of insurance markets with incomplete information. J. Econ. Theory. 16, 167–207 (1977)

    Article  Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Dennis Strümpel.

Additional information

Dieser Artikel ist Martin Nell gewidmet, einem großartigen Menschen und hervorragenden ökonomischen Lehrer.

Rights and permissions

Reprints and permissions

About this article

Check for updates. Verify currency and authenticity via CrossMark

Cite this article

Strümpel, D., Hofmann, A. & Nell, M. Der Einfluss ex-post vergüteter Informationsintermediäre auf das Gleichgewicht kompetitiver Versicherungsmärkte. ZVersWiss 104, 227–246 (2015). https://doi.org/10.1007/s12297-015-0306-x

Download citation

  • Published:

  • Issue Date:

  • DOI: https://doi.org/10.1007/s12297-015-0306-x

Navigation