Der Vergleich von Regierungssystemen gehört zum Kernbereich von politikwissenschaftlicher Forschung und Lehre. Der von Florian T. Furtak vorgelegte Band ist erkennbar dem Bereich der Lehre zuzurechnen. Dies wird nicht nur an dem Umstand deutlich, dass er in der Lehrbuchreihe „Elemente der Politik“ erschienen ist, sondern auch an seinem Aufbau. Dieser folgt einem sehr klaren Schema aus einem Kapitel zur begrifflichen Grundlegung und aus einem weiteren, in dem die verschiedenen Regierungssystemtypen und die Strukturmerkmale von vier Typen dargelegt und diskutiert werden. Im zentralen und ausführlichen Kap. 3 werden die drei zentralen Typen parlamentarisches Regierungssystem (am Beispiel von Großbritannien), präsidentielles (am Beispiel der USA) und semi-präsidentielles Regierungssystem (am Beispiel Frankreichs) entlang einer identischen Binnengliederung sehr systematisch abgehandelt. Der in Kap. 2 gleichfalls diskutierte Typ der Konsens- und Mehrheitsdemokratie wird in Kap. 3 nicht mehr aufgegriffen. In einem abschließenden Kap. 4, das relativ neutral mit „Demokratische Regierungssysteme im Wandel“ überschrieben ist, wird der Rückzug der Demokratie in verschiedenen Demokratien kritisch dokumentiert und kommentiert. Den Abschluss bilden knappe kommentierte Literaturhinweise sowie ein etwas unter zehn Seiten bleibendes Literaturverzeichnis.

Unglücklicherweise ist gerade das begrifflich einführende Kapitel das am schwersten zugängliche des gesamten Bandes. Das mag daran liegen, dass hier sehr viel Inhalt auf wenigen Seiten sehr komprimiert dargeboten wird. Wer sich noch nie mit den neuzeitlichen Staatstheorien befasst hat, ist hier zwangsläufig schnell überfordert. Möglich ist es auch, dass dieses Kapitel so schwer verdaulich ist, weil auf eine Orientierung gebende Kommentierung weitgehend verzichtet wird. Allerdings trifft diese Beobachtung seltsamerweise nur auf Abschn. 1.1 zu, in dem die neuzeitlichen Staatstheorien behandelt werden und das mit „Staats- und Regierungsformen in der Geschichte“ überschrieben ist. Ab Abschn. 1.2 (Staats- und Regierungsformen in der Gegenwart) weist der Text eine klare Struktur auf und die Leserinnen und Leser werden sachverständig durch den Stoff geleitet, der immer wieder durch hilfreiche Schaubilder und Tabellen mit Beispielen veranschaulicht wird. Die am Ende dieses wie jeden weiteren Kapitels präsentierten Lernziele helfen, die wesentlichen Botschaften des Textes hervorzuheben und das erworbene Wissen zu überprüfen, wenn sie als Fragen an einen selbst umgedeutet werden.

Kap. 2 gibt einen guten Überblick über die verschiedenen demokratischen Regierungssysteme, ist jedoch im Detail nicht immer präzise. So wird der italienische Regierungschef (Präsident des Ministerrats) zwar tatsächlich vom Staatspräsidenten ernannt (S. 42), aber anschließend auch von beiden Kammern des Parlaments bestätigt (korrekt allerdings auf S. 91). Auch hat Lijphart mit seiner Unterscheidung von Konsens- und Mehrheitsdemokratien die Polity-Dimension nicht um die Policy-Dimension (S. 41), sondern um die Politics-Dimension von Politik erweitert. Auch die bereits in Kap. 1 erfolgte Gleichsetzung von Einheitsstaaten mit unitarischen Staaten (S. 19 f.) würde mit Sicherheit die Kritik von Konrad Hesse als Verfasser des 1962 erschienen Werkes „Der unitarische Bundesstaat“ auf sich ziehen (Hesse 1962).

Die Stärke des Bandes entfaltet sich im ausführlichen Kap. 3, in dem jeweils einer gleichen Struktur folgend die Regierungssysteme Großbritanniens, der USA und Frankreichs als Beispiele für parlamentarische, präsidentielle und semi-präsidentielle Systeme diskutiert werden. Dabei gelingt eine differenzierte Darstellung durch die Präsentation weiterer Beispiele in jedem der drei Unterkapitel, die Furtak als Varianten kennzeichnet. So wird deutlich, dass es bspw. nicht das eine präsidentielle System gibt, sondern dass es im Detail viele verschiedene Spielarten gibt. Vor dem Hintergrund der in Kap. 1 vorgenommenen Unterscheidung von politischen Systemen und Regierungssystemen vermisst man allerdings eine Erläuterung, weshalb auch Parteien unter der Überschrift Regierungssystem behandelt werden, was grundsätzlich zu begrüßen ist und auch ohne weiteres mit einem weiten, etwa an die angelsächsische Forschung angelegten Regierungsbegriff in Übereinklang gebracht werden könnte. Allerdings bedient sich Furtak weiter vorne einer engeren Definition. Denn er zitiert Croissant (2010, S. 118): „[Das Regierungssystem] umfasst die obersten Staatsorgane, die beteiligt sind an der Ausübung der mit dem Begriff der ‚Staatsgewalten‘ beschriebenen exekutiven und legislativen Staatsfunktionen: Staatsoberhaupt, Regierung und Parlament“ (S. 33). Von Parteien ist da keine Rede.

Während das zentrale Kap. 3 weitgehend deskriptiv angelegt ist, löst sich der Autor in Kap. 4 von diesem für ein Lehrbuch naheliegenden Ansatz. Im Mittelpunkt der nun im Vordergrund stehenden Analyse steht die Frage nach der Entwicklung der Demokratie im Querschnitt verschiedener Länder. Anhand der Beispiele Polen, Ungarn und der Türkei, aber auch in abstrahierender Diskussion zeigt Furtak auf, wie sehr der Verlust an individueller Freiheit zugenommen hat. Diese Länder seien auf dem Weg in den Autoritarismus. Bei genauer Betrachtung sei der Weg der genannten Länder natürlich unterschiedlich ausgestaltet. Allen drei Ländern sei jedoch eine nur schwach ausgeprägte Demokratie als Ausgangslage gemeinsam. Sie wären entweder erst auf dem Weg in die Demokratie gewesen (Türkei) oder von einer relativ kurzen Phase geprägt, in der sich demokratische Traditionen ausbilden konnten (Polen und Ungarn). Kontrolle ausübende Institutionen wie Gerichte, Oppositionsparteien, die Presse und sogar Parlamente würden zunehmend geschwächt werden, während Befugnisse der Exekutive ausgebaut würden. Für die USA unter Trump erkennt Furtak einen Kommunikationsstil, „der autoritäre, narzisstische und nationalistische Züge in sich vereint“ (S. 187). Er verweist auf Kommentatoren, die vor „einem Abgleiten des Landes in einen Autoritarismus“ (S. 187) warnten. Die Machtverschiebung zwischen Parlament und Präsident werde u. a. durch ein verstärktes Regieren mit Executive Orders deutlich. Dennoch erkennt er noch funktionierende politische Institutionen, so dass das System der Checks und Balances in den USA fortgesetzt wirke, womit ein gewisser Unterschied zu Polen, Ungarn und der Türkei markiert sei. Gemeinsam sei jedoch allen Ländern, wie man an Trump, Erdoğan, Orbán, Kaczyński und auch Putin sehe, eine Personalisierung von Politik (S. 196). Auch macht er eine zunehmende Abkopplung der „Regierenden von den Regierten“ (S. 197) aus, „wodurch trotz Funktionierens der demokratischen Institutionen die Schwächung oder Aushöhlung der Demokratie fortschreitet“ (S. 197).

Insgesamt ist der kompositorische Dreischritt des Bandes aus erstens begrifflicher und typologischer Grundlegung, zweitens ausführlicher Darstellung empirischer Beispiele und drittens kritischer Reflexion der jüngsten Entwicklungen unter Rückgriff auf aktuelle theoretische Konzepte sehr gelungen. Je nach Interesse und gegebenen Vorkenntnissen lassen sich die einzelnen Kapitel auch isoliert lesen. Der höchste Erkenntnisgewinn wird sich jedoch einstellen, wenn der Band chronologisch und vollständig durchgearbeitet wird. Denn die weiter vorne getroffenen theoretischen und konzeptionellen Grundlegungen helfen, den später präsentierten Text in seiner Gänze zu verstehen. Einige kleinere Ungenauigkeiten können wegen ihres nur begrenzten Umfangs leicht und ohne viel Aufwand in der zweiten Auflage behoben werden. Der Band richtet sich sehr klar an Bachelorstudierende der Politikwissenschaft im ersten oder zweiten Jahr.