Einleitung

Die vergangenen 2 Jahre haben einige bedeutsame Veränderungen in der Versorgung von Patienten mit schlafbezogenen Atmungsstörungen (SBAS) mit sich gebracht. Obwohl ein enger Zusammenhang zwischen SBAS und verschiedenen kardiovaskulären Erkrankungen erwiesen ist, wird immer klarer, dass eine Therapie mit Positivdruck (PAP) alleine zwar den arteriellen Blutdruck senken kann, aber zu keiner Reduktion von „harten“ kardio- und zerebrovaskulären Endpunkten wie Myokardinfarkt oder Schlaganfall bei Patienten mit asymptomatischer oder oligosymptomatischer obstruktiver Schlafapnoe (OSA) führt. Diese Erkenntnis hat relevante Auswirkungen auf die Indikationsstellung der PAP-Therapie bei OSA-Patienten.

Hinsichtlich der individuellen Differentialtherapie von OSA-Patienten erfreulich, hat der Gemeinsame Bundesausschuss mit dem Beschluss vom 6. Mai 2021 [1] die Grundlage gelegt, dass Unterkieferprotrusionsschienen als Secondline-Therapie nach der PAP-Therapie für Patienten mit leicht- und mittelgradiger OSA erstattungsfähig sind. Einige Jahre nach der klinischen Evidenz bestehen nun auch die regulatorischen Rahmenbedingungen, die wesentlich zu einer in der klinischen Praxis gelebten Differentialtherapie der OSA beitragen können.

Ebenfalls eine große Hilfe in der Versorgung von Patienten mit OSA stellen die Marktzulassungen von Solriamfetol [2] und von Pitolisant [3] durch die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) für die Indikation der residualen Tagesschläfrigkeit bei Patienten mit therapierter OSA dar. Dem gezielten Einsatz der Medikamente geht eine eingehende Diagnostik der Tagesschläfrigkeit, Optimierung der Therapie der OSA sowie die Differentialdiagnostik der Tagesschläfrigkeit voraus. Dies verlangt häufig eine interdisziplinäre Zusammenarbeit.

Auch wenn die Mittel der Telemedizin während der COVID-19-Pandemie nur unzureichend ausgeschöpft wurden, um Versorgungsengpässe zu überwinden, hat die COVID-19-Pandemie punktuell dazu beigetragen, telemedizinische Methoden anzuwenden oder die entsprechenden technischen Voraussetzungen zu schaffen. Einen Fortschritt für die Versorgung von vielen Patienten mit SBAS und häufigen Komorbiditäten können die erstattungsfähigen digitalen Gesundheitsanwendungen darstellen (DIGA-Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, BfArM) [4], die u. a. zur Behandlung der Insomnie, Adipositas und der Depression eingesetzt werden können.

Schlafstörungen und kardiovaskuläre Erkrankungen

Kardiovaskuläres Risiko von Patienten mit Schlafstörungen oder schlafbezogenen Atmungsstörungen

Schlafverhalten

Teilnehmer der UK-Biobank-Studie (n = 385.292), die ursprünglich an keinen kardiovaskulären Erkrankungen litten, wurden anhand eines Scores für gesunden Schlaf charakterisiert [5]. Merkmale für gesunden Schlaf waren früher Chronotyp, 7–8 h Schlaf pro Tag, nie oder selten Ein- und Durchschlafstörungen, kein Schnarchen und keine häufige Tagesschläfrigkeit [5]. Während einer durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von 8,5 Jahren wurden 7280 Fälle von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, darunter 4667 Fälle mit koronarer Herzkrankheit (KHK) und 2650 Schlaganfälle dokumentiert. Im Vergleich zu den Teilnehmern mit einem Score für gesunden Schlaf von 0–1 hatten Teilnehmer mit einem Score von 5 ein um 35 % (19–48 %), 34 % (22–44 %) bzw. 34 % (25–42 %) verringertes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, KHK und Schlaganfall. Nahezu 10 % der kardiovaskulären Ereignisse in dieser Kohorte konnten auf ein schlechtes Schlafverhalten zurückgeführt werden. Teilnehmer mit schlechtem Schlafverhalten bzw. Schlafstörungen und hohem genetischem Risiko wiesen das höchste Risiko für KHK und Schlaganfall auf [5].

In derselben Kohorte wurden auch die Auswirkungen von Schlafstörungen durch lebenslange Nachtschichtexposition hinsichtlich des Risikos für Vorhofflimmern, KHK und Schlaganfall untersucht [6]. Die lebenslange Nachtschichtexposition war unabhängig von genetischen Faktoren mit einem erhöhten Risiko für Vorhofflimmern verbunden. Die Nachtschichtexposition erhöhte auch das KHK-Risiko, nicht aber das Risiko für einen Schlaganfall oder für die Entwicklung einer Herzinsuffizienz [6].

Kommentar.

Neben genetischen Faktoren könnte auch ein breites Spektrum von Stoffwechselveränderungen, wie Lipidprofile, chronische Entzündungen, Glukosestoffwechsel, Stress usw. für den Zusammenhang zwischen Schlafverhalten bzw. Schlafstörungen und kardiovaskulären Erkrankungen verantwortlich sein. Neuerdings wird das Schlafverhalten auch mit Veränderungen des Mikrobioms im Darm und anderen epigenetischen Veränderungen wie der DNA-Methylierung in Verbindung gebracht. Diese Beobachtungen betonen, wie wichtig es ist, systematische Analysen dieser Mechanismen durchzuführen, um die kardiovaskulären Auswirkungen des Schlafverhaltens bzw. von Schlafstörungen zu verstehen [7]. Außerdem zeigt sich, dass die Zusammenhänge zwischen Schlafverhalten bzw. Schlafstörungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen multifaktoriell und komplex sind.

Dennoch bleibt eine wichtige Frage: Wenn ein „ungesundes Schlafverhalten“ oder ein „gefährliches Schichtarbeitsmuster“ festgestellt wurde, welche Maßnahmen können in der Praxis angewendet werden [8]? Lebensstil- und Verhaltensinterventionen sind zunehmend als wichtige Instrumente zur Veränderung von Risikofaktoren für die primäre und sekundäre Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen anerkannt. Ob Verhaltenstherapie, Umwelt- und Lebensstilmodifikationen zum Erhalt des zirkadianen Rhythmus und pharmakologische Wirkstoffe, die auf die „Innere Uhr“ abzielen, das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verändern können, bleibt unklar [8]. Die Therapie einer auch häufig zugrunde liegenden schweren SBAS mit dem Ziel den Schlaf zu verbessern, erscheint immer noch sowohl hinsichtlich der Effektgröße als auch der Therapietreue aussichtsreicher als Verhaltenstherapie und Lifestyleinterventionen.

Schlaffragmentierung

Die Last an Aufwachreaktionen (Arousalburden) ist definiert als die kumulative Länge aller Aufwachreaktionen bezogen auf die Schlafzeit einer Polysomnographienacht [9]. Es handelt sich um eine neue Metrik der Polysomnographie, die durch automatisierte und durch künstliche Intelligenz unterstützte Analysealgorithmen bestimmbar geworden ist [9]. Während die visuell erfassten und gezählten Aufwachreaktionen eine geringe Aussagekraft hinsichtlich der kardiovaskulären Prognose haben, ist eine hohe Last an Aufwachreaktionen vor allem bei Frauen mit einer erhöhten kardiovaskulären Mortalität assoziiert [9]. Dies konnte über einen Beobachtungszeitraum von 11 Jahren bei insgesamt 8001 Teilnehmern aus 3 Kohortenstudien (Osteoporotic Fractures in Men Study, MrOS; Study of Osteoporotic Fractures, SOF und der Sleep Heart Health Study, SHHS) nachgewiesen werden (Abb. 1; [9]).

Abb. 1
figure 1

Expositions-Wirkungs-Beziehungen zwischen Last an Aufwachreaktionen (Arousalburden) und kardiovaskulärer Mortalität bei Männern und Frauen, adjustiert für die Gesamtschlafdauer, das Alter, den systolischen und diastolischen Blutdruck, die durchschnittliche Herzfrequenz, die mittlere Atemfrequenz, die Zeit unter 90 % Sauerstoffsättigung, Vorgeschichte von Schlaganfall, Myokardinfarkt/koronarer Herzerkrankung, Herzinsuffizienz, Körpergewicht und Apnoe-Hypopnoe-Index, Hypopnoe-Indizes, die Wachzeit nach Schlafbeginn, Rauchgewohnheiten sowie arterielle Hypertonie und Diabetes in der Vorgeschichte. ABI Arousalburden, CI Konfidenzintervall, HR Hazard Ratio. Die P-Werte zeigen die Ergebnisse des Wald-v2-Tests. (Shahrbabaki et al. [9])

Kommentar.

Neue aus der Polysomnographie automatisiert mittels künstlicher Intelligenz errechnete Metriken wie die Last an Aufwachreaktionen (Arousalburden) können das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse abbilden. Dies ist in der Vergangenheit auch schon für visuell ausgewertete Schlafparameter aus der Polysomnographie gelungen [10], jedoch ist bei automatisiert ausgewerteten Parametern das Potenzial der Generalisierbarkeit und der klinischen Anwendung deutlich höher.

Schlafbezogene Atmungsstörungen und Hypoxämielast

Eine weitere relativ neue Metrik aus der nächtlichen Pulsoxymetrie ist die schlafapnoespezifische Hypoxämielast (sleep apnea specific hypoxemic burden, SASHB) [11], definiert als die Fläche unter der Entsättigungskurve in Verbindung mit einem respiratorischen Ereignis. Durch Subtraktion der Grundsättigung vor dem respiratorischen Ereignis spiegelt die SASHB die Hypoxämie wider, die spezifisch durch Schlafapnoe verursacht wird und nicht durch andere Ursachen der Hypoxämie, die die Basis-SpO2-Sättigung senken würden (z. B. Adipositas, Lungenerkrankungen oder Lungenödem). Die SASHB wurde in 2 großen Kohortenstudien validiert. Die SASHB prognostizierte, im Gegensatz zum Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) bei Männern in beiden Kohorten (n = 4881 und n = 2653) das Auftreten einer Herzinsuffizienz (HR 1,18 [95 % CI, 1,02–1,37] und 1,22 [95 % KI, 1,02–1,45], auch nach Berücksichtigung von demografischen Faktoren, Rauchen und Komorbiditäten) [11].

Kommentar.

Neue automatisiert aus einer Pulsoxymetrie berechenbare Metriken wie die schlafapnoespezifische Hypoxämielast können Risikokollektive für Herzkrankheiten identifizieren. Dies gelingt für einzelne Erkrankungen besser als mit dem aufwendiger gemessenen Apnoe-Hypopnoe-Index [11].

CPAP-Therapie bei OSA – Arterielle Hypertonie

Die aktuellste Metaanalyse der randomisierten Studien, die die Effekte einer CPAP-Therapie und Unterkieferprotrusionsschiene (UPS) auf den arteriellen Blutdruck untersuchte, schloss OSA-Patienten mit und ohne arterielle Hypertonie ein [12, 13]. Insgesamt führten sowohl die CPAP-Therapie als auch die Therapie mittels UPS zu einer ähnlichen moderaten Senkung des arteriellen Mitteldrucks [12, 13]. Eine erste nicht-randomisierte Vergleichsstudie zwischen der CPAP-Therapie und der Therapie mittels Stimulation der oberen Atemwege (Upper Airway Stimulation, UAS) weist darauf hin, dass die CPAP-Therapie stärkere Effekte auf den arteriellen Blutdruck hat [14]. Die CPAP-Therapie senkt bei Patienten mit und ohne arterielle Hypertonie den systolischen und diastolischen Blutdruck stärker in der Nacht als am Tag (−3,9/−2,6 vs. −1,8/1,8 mm Hg) [12, 13]. Die Senkung des systolischen Blutdrucks ist insbesondere günstig bei Patienten mit therapierefraktärem Bluthochdruck (CPAP-Effekt Senkung des systolischen Blutdrucks etwa 4 mm Hg) [12, 13]. Zudem ist bei Patienten mit fehlender nächtlicher Blutdrucksenkung in der ambulanten 24-h-Blutdruckmessung (Non-Dipper) der CPAP-Therapieeffekt auf den mittleren 24-h-Blutdruck stärker als bei Patienten mit physiologischer Nachtabsenkung (−5,4 vs. −3,0 mm Hg) [12, 13]. Weiterhin sind ein niedrigeres Lebensalter und eine schwere OSA mit schwerer Hypoxämie Faktoren für eine größere blutdrucksenkende Wirkung der CPAP-Therapie [12, 13]. Die medikamentöse antihypertensive Therapie ist auch bei Patienten mit OSA hinsichtlich der Blutdrucksenkung effektiver als die alleinige CPAP-Therapie [12, 13]. Eine begleitende CPAP-Therapie in dieser Patientengruppe zeigt jedoch hinsichtlich der Blutdrucksenkung synergistische Effekte und führt meist zu einer Verbesserung von Tagesschläfrigkeit und anderen Symptomen der OSA [12, 13].

Kommentar.

Konsequenzen hinsichtlich der Behandlungsindikation bei Patienten mit asymptomatischer OSA und Vorhofflimmern sind im Abschnitt „Indikationen zur Behandlung“ beschrieben.

CPAP-Therapie bei OSA – Vorhofflimmern

Eine aktuelle Metaanalyse fasst 9 Studien (8 Kohortenstudien und 1 randomisierte Studie) mit insgesamt 14.812 Patienten zusammen, die die Auswirkungen einer CPAP-Therapie auf das Wiederauftreten oder Fortschreiten (z. B. paroxysmal zu permanent) von Vorhofflimmern untersuchten [15]. In der Gruppe mit CPAP-Therapie war das Risiko eines erneuten Auftretens oder Fortschreitens von Vorhofflimmern um 63 % niedriger als bei Patienten mit unbehandelter OSA. Im Vergleich zu Patienten ohne OSA war das Wiederauftreten oder Fortschreiten von Vorhofflimmern bei Patienten, die CPAP nicht nutzten, wesentlich häufiger (21 % versus 41 %) [15].

Daher werden in internationalen Leitlinien bei Patienten mit Vorhofflimmern im Rahmen einer kombinierten Erfassung von bestehenden Risikofaktoren ein Schlafapnoescreening (Empfehlungsgrad I, Evidenzgrad B) sowie eine Therapie der SBAS empfohlen (Empfehlungsgrad IIa, Evidenzgrad B) [12].

In einer aktuellen 1:1 randomisierten Open-label-Studie wurde untersucht, ob bei Patienten mit Schlafapnoe (AHI ≥ 15/h) und paroxysmalem Vorhofflimmern CPAP (n = 55) im Vergleich zu unbehandelter Schlafapnoe (Kontrolle, n = 54) zu einer Abnahme der Vorhofflimmerlast führt. Die Vorhofflimmerlast (prozentualer Anteil der Zeit mit Vorhofflimmern) wurde mit einem implantierbaren Loop-Recorder über mehrere Wochen gemessen. Die Vorhofflimmerlast verringerte sich von 6 % bei Studienbeginn auf 4 % in den letzten drei Monaten der CPAP-Behandlung und von 5 auf 4 % in der Kontrollgruppe in einer ähnlichen Größenordnung. Bei Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern und Schlafapnoe führte die Behandlung mit CPAP nicht zu einer statistisch signifikanten Verringerung der Vorhofflimmerlast [16]. In den nächsten Jahren sind die Ergebnisse von weiteren randomisierten Studien zu erwarten, z. B. SLEEP-AF-Studie (Effekte einer CPAP-Therapie der OSA auf die Vorhofflimmerrezidivrate nach Pulmonalvenenisolation; ACTRN12616000088448) [12].

Kommentar.

Trotz nachgewiesener Mechanismen und sehr homogener vielversprechender Datenlage in den bisherigen Beobachtungsstudien ist es bisher nicht gelungen, in einer randomisierten Studie nachzuweisen, dass CPAP bei Patienten mit OSA und Vorhofflimmern die Vorhofflimmerrezidivrate nach Therapie (Kardioversion oder Pulmonalvenenisolation) oder die Vorhofflimmerlast bei Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern reduziert. Weitere Studien müssen abgewartet werden. Konsequenzen hinsichtlich der Behandlungsindikation bei Patienten mit asymptomatischer OSA und Vorhofflimmern sind im Abschnitt „Indikationen zur Behandlung“ beschrieben.

Aufgrund der aktuell unsicheren Datenlage hinsichtlich der PAP-Therapie bei Patienten mit asymptomatischer OSA und Vorhofflimmern ergibt sich die Frage, ob es ggf. auch pharmakologische Ansätze gibt, das Risiko für Vorhofflimmern oder die Vorhofflimmerlast bei Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern zu senken. Hierzu wurden kürzlich zwei Grundlagenarbeiten publiziert.

Patienten mit SBAS zeigen eine erhöhte atriale CaMKII-Aktivität, die zu einer Dysregulation des proarrhythmischen Na-Stroms in atrialen Kardiomyozyten führt. Zelluläre (Membranpotenzialinstabilitäten) und multizelluläre vorzeitige trabekuläre Vorhofkontraktionen als Surrogate für Vorhofarrhythmien waren in Vorhofbiopsien von Patienten mit SBAS erhöht und wurden durch CaMKII-Hemmung aufgehoben. Diese proarrhythmischen Veränderungen in atrialen Kardiomyozyten von Patienten mit SBAS waren unabhängig von klinischen Komorbiditäten [17].

Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die Expression von Connexin 43 in menschlichem Vorhofgewebe von Patienten mit SBAS unabhängig von wichtigen Störvariablen herunterreguliert war [18]. Das Ausmaß der Herabregulierung von Connexin 43 korrelierte mit dem Apnoe-Hypopnoe-Index und auch mit dem Sauerstoffentsättigungsindex. Diese reduzierten Connexin-43-mRNA-Spiegel waren mit einem höheren Risiko für postoperatives Vorhofflimmern assoziiert.

Kommentar.

Die Daten unterstützen möglicherweise das Konzept eines neuen pharmakologischen Therapieansatzes für Patienten mit SBAS und Vorhofflimmern über die PAP-Therapie hinaus. Da bereits mehrere CaMKII-Inhibitoren und Therapeutika auf mRNA-Basis für den klinischen Einsatz entwickelt werden, sollten diese und ähnliche translationale Ansätze weiterverfolgt werden.

Kardiovaskuläre Ereignisse nach akutem Koronarsyndrom

In der multizentrischen, offenen, parallelen, randomisierten ISAAC-Studie an Patienten mit akutem Koronarsyndrom (ACS) wurden die OSA-Patienten in eine Gruppe mit CPAP-Therapie und leitliniengerechter Behandlung (CPAP-Gruppe, n = 633) oder in eine Gruppe mit leitliniengerechter Behandlung alleine (Kontrollgruppe, n = 631) 1:1 randomisiert [19]. Eine Gruppe von Patienten mit ACS, aber ohne OSA, wurde ebenfalls als Referenzgruppe einbezogen. Die Patienten wurden über einen Zeitraum von mindestens 1 Jahr beobachtet. Die Inzidenz kardiovaskulärer Ereignisse war in der CPAP- und der Kontrollgruppe ähnlich (98 Ereignisse [16 %] gegenüber 108 Ereignissen [17 %]; Hazard Ratio [HR] 0,89 [95 % CI 0,68–1,17]; p = 0–40) [19]. Die durchschnittliche Dauer der CPAP-Behandlung betrug 2,78 h/Nacht. Die Prävalenz kardiovaskulärer Ereignisse war während der Nachbeobachtungszeit zwischen den Patienten in der Referenzgruppe ohne Schlafapnoe (90 [15 %] Ereignisse) und denen in der Kontrollgruppe (102 (17 %) Ereignisse) ähnlich (1,01 [0,76–1,35]; p = 0,93). Die Inzidenz der kardiovaskulären Ereignisse schien nicht mit der CPAP-Compliance oder dem Schweregrad der OSA zusammenzuhängen. Es hatten 464 (74 %) von 629 Patienten in der CPAP-Gruppe 1538 schwerwiegende unerwünschte Ereignisse und 406 (65 %) von 626 Patienten in der UC-Gruppe hatten 1764 schwerwiegende unerwünschte Ereignisse [19].

Kommentar.

Die ISAAC-Studie [19] reiht sich ein in die großen randomisierten Langzeitstudien (z. B. SAVE, SERVE-HF) [20, 21], in denen Patienten mit OSA oder zentraler Schlafapnoe in eine PAP-Gruppe und eine Gruppe ohne Therapie der Schlafapnoe randomisiert wurden. Bisher konnte noch in keiner der großen randomisierten Studien und auch nicht in Metaanalysen [22, 23], die alle randomisierten Studien einschlossen, nachgewiesen werden, dass eine PAP-Therapie bei Patienten mit a‑ oder oligosymptomatischer OSA oder zentraler Schlafapnoe kardio- und/oder zerebrovaskuläre Ereignisse signifikant senken kann. In der SERVE-HF-Studie bei Patienten mit zentraler Schlafapnoe und Herzinsuffizienz mit einer linksventrikulären Ejektionsfraktion ≤ 45 % war in der Gruppe mit adaptiver Servoventilation die kardiovaskuläre Mortalität sogar signifikant erhöht [21].

Postulierte Ursachen für den neutralen bzw. negativen Ausgang der Studien konnten bislang nicht bestätigt werden. Beispielsweise scheinen die Studienergebnisse unabhängig von einer zu niedrigen PAP-Nutzung zu sein [23]. Die im folgenden Text beschriebenen Studien [24, 25] können als Grundlage eines weiteren möglichen Erklärungsansatzes bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung dienen, die sowohl in ISAAC als auch in SAVE und SERVE-HF eingeschlossen waren [19,20,21].

Die ISAAC- und die SAVE-Studie [19, 20] berücksichtigten nicht die Heterogenität von Populationen mit koronarer Herzerkrankung und OSA [25]. Daher wurde eine Post-hoc-Analyse der ISAAC-Studie [25] in 1701 Patienten mit akutem Koronarsyndrom (ACS) durchgeführt. Es wurden zwei wesentliche Phänotypen identifiziert: Patienten ohne vorherige Herzerkrankung und ohne früheres ACS (keine vorherige Herz-Kreislauf-Erkrankung, 81 %) und Patienten mit einer früheren Herzerkrankung oder einem früheren ACS (vorherige Herz-Kreislauf-Erkrankung, 19 %) [25]. Für den Phänotyp ohne vorangegangene Herz-Kreislauf-Erkrankung zeigten Patienten mit OSA im Vergleich zu Patienten ohne OSA ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse (adjustierte Hazard Ratio [95 % CI]) 1,54 [1,06 bis 2,24], p = 0,02; Abb. 2a). Im Gegensatz dazu zeigte sich für den Phänotyp mit vorheriger Herz-Kreislauf-Erkrankung ein numerisch protektiver Effekt der OSA (adjustierte Hazard Ratio 0,69 [0,46 bis 1,04]; p-Wert = 0,08 Abb. 2b) [25].

Abb. 2
figure 2

Kaplan-Meier-Kurven für die kumulative Inzidenz von kardiovaskulären Ereignissen bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom. Verglichen werden jeweils Patienten ohne obstruktive Schlafapnoe (Non-OSA) und mit moderater bis schwerer obstruktiver Schlafapnoe (OSA). a zeigt die Population ohne vorherige Herz-Kreislauf-Erkrankung, b die Population mit vorheriger Herz-Kreislauf-Erkrankung. HR Hazard Ratio, CI Confidence Interval. (Zapater et al. [25])

Eine Erklärung für die Ergebnisse dieser Post-hoc-Analyse der ISAAC-Studie [25] könnte darin liegen, dass Patienten mit akutem Myokardinfarkt und schwerer SBAS eine umfangreichere koronare Kollateralisierung aufweisen [24]. Dieses Ergebnis war unabhängig von Alter, Geschlecht, Body-Mass-Index und der Zielläsion der primären Koronarintervention und traf vor allem für die OSA, nicht jedoch für die zentrale Schlafapnoe zu [24].

Kommentar.

Die beiden Studien [24, 25] stützen die Hypothese, dass vor allem bei länger bestehenden Koronarstenosen die OSA auch protektive Effekte entfalten könnte; z. B. durch die Entwicklung von koronaren Kollateralen durch a) länger bestehende Koronarstenosen (ischämische Konditionierung) und b) die OSA (hypoxämische Konditionierung).

Schlaganfall

Vier große wissenschaftliche Gesellschaften haben eine Arbeitsgruppe aus Experten für Neurologie, Schlaganfall, Pneumologie und Schlafmedizin gebildet, um die Evidenz für mögliche Zusammenhänge zwischen SBAS und deren Therapie mit dem Risiko für einen Schlaganfall und der Morbidität und Mortalität nach einem Schlaganfall zu evaluieren [26].

Die obstruktive Schlafapnoe ist unabhängig von bekannten Risikofaktoren mit der Inzidenz von Schlaganfällen assoziiert [26]. Auch Schnarchen bei OSA-Patienten mit vorbestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist mit zerebrovaskulären, nicht aber kardialen Ereignissen assoziiert [27]. Dieser Zusammenhang ist von der CPAP-Therapie und der Schwere der OSA (Apnoe-Hypopnoe-Index) unabhängig [27].

Um die Effekte einer CPAP-Therapie auf das Schlaganfallrisiko zu prüfen, schlossen Khan et al. [22] 7 randomisierte Studien in eine Metaanalyse ein, wobei die SAVE-Studie [20] das größte Gewicht in der Analyse hatte. Die Schlaganfallhäufigkeit wurde durch die CPAP-Therapie weder in der Gesamtpopulation noch in Subpopulationen nach Ausschluss von Studien mit geringer CPAP-Adhärenz und nach Ausschluss der SAVE-Studie gesenkt [22, 26].

Hinsichtlich der Morbidität nach einem Schlaganfall deuten derzeitige Erkenntnisse auch aus kleineren randomisierten Studien darauf hin, dass CPAP bei Schlaganfallüberlebenden mit OSA durchführbar ist und die neurologische Erholung (z. B. Gangsicherheit) fördern sowie Schläfrigkeit und depressive Symptome verbessern kann [26]. Die Expertengruppe schlägt deshalb vor, dass die Behandlung von OSA nach einem Schlaganfall mit CPAP in ein multimodales Management mehrerer Risikofaktoren einbezogen werden sollte. Solch ein multimodales Management beinhaltet z. B. die Antikoagulation bei Vorhofflimmern, Kontrolle von Bluthochdruck, Diabetes mellitus und Dyslipidämie, Bewegung und Gewichtsreduktion [26].

Indikationen zur Behandlung der obstruktiven Schlafapnoe

Aus der oben beschriebenen Studienlage ergeben sich die in einem aktuellen Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) veröffentlichten Kernempfehlungen zur apparativen Diagnostik von SBAS bei Patienten mit kardiovaskulären Komorbiditäten [12]. Eine Polygraphie sollte zur OSA-Diagnostik bei typischen Symptomen eines OSA-Syndroms, pathologischem 24-h-Blutdruckprofil („Non-Dipping“ oder „Rising“) oder therapierefraktärer arterieller Hypertonie durchgeführt werden. Bei anderen kardiovaskulären Erkrankungen sollte die apparative schlafmedizinische Diagnostik aufgrund der hohen Prätestwahrscheinlichkeit im Rahmen eines kombinierten Risikofaktormanagements erfolgen [12]. Die klare Indikation zur CPAP-Therapie besteht jedoch nur bei Symptomen der OSA oder bei schwerer asymptomatischer OSA und zusätzlich bestehender arterieller Hypertonie [12]. Bei allen anderen kardiovaskulären Erkrankungen und asymptomatischer OSA ist die Empfehlung wesentlich schwächer. Entsprechend kann eine CPAP-Therapie der asymptomatischen OSA z. B. beim Vorhofflimmern im Rahmen eines kombinierten Risikofaktorenmanagements – ähnlich wie beim Schlaganfall (s. Abschnitt „Schlaganfall“) – erfolgen [12].

Kommentar.

Die OSA ist weitverbreitet und die Prävalenz nimmt zu. Tagesschläfrigkeit gehört zu den häufigsten Symptomen, aber viele Patienten mit OSA sind a‑ bzw. oligosymptomatisch. Patienten mit OSA, die asymptomatisch sind, oder deren Symptome nur geringfügig störend sind und kein offensichtliches Risiko für die Fahrsicherheit darstellen, können mit verhaltenstherapeutischen Maßnahmen behandelt werden, wie z. B. Gewichtsabnahme und Bewegung [28]. Therapien wie PAP werden für Personen mit übermäßiger Schläfrigkeit und schwer einstellbarer arterieller Hypertonie empfohlen [28]. Die Behandlung von Personen mit asymptomatischer OSA zur Verringerung kardiovaskulärer und zerebrovaskulärer Ereignisse wird derzeit nicht durch die Ergebnisse randomisierter Studien unterstützt [28].

Differentialtherapie der obstruktiven Schlafapnoe

Gewichtsabnahme

Im Rahmen der Sleep-AHEAD-Studie wurden 264 Patienten mit Übergewicht/Adipositas, Typ-2-Diabetes mellitus und OSA in eine Gruppe mit einer intensiven Lebensstilintervention (ILI) oder in ein Diabetesunterstützungs- und Schulungsprogramm (DUS) randomisiert und nach 1, 2, 4 bzw. 10 Jahren nachbeobachtet [29]. Das ILI-Programm war intensiver und beinhaltete im Gegensatz zum DUS-Programm verhaltenstherapeutische Ansätze zur Gewichtsabnahme sowie regelmäßige Messungen des Körpergewichts. Der durchschnittliche Gewichtsverlust der ILI-Teilnehmer betrug 10,7 ± 0,7 (SE), 7,4 ± 0,7, 5,1 ± 0,7 und 7,1 ± 0,8 kg nach 1, 2, 4 bzw. 10 Jahren und war signifikant größer als der Gewichtsverlust von 1 kg nach 1, 2 und 4 Jahren und 3,5 ± 0,8 kg nach 10 Jahren in der DUS-Gruppe [29]. Der AHI war bei ILI um 10, 8, 8 und 4 Ereignisse/h nach 1, 2, 4 und 10 Jahren niedriger als in der DUS-Gruppe. Die Veränderung des AHI im Laufe der Zeit hing vor allem mit der Höhe des Gewichtsverlusts und dem Ausgangs-AHI zusammen [29]. Eine OSA-Remission nach 10 Jahren war häufiger in der ILI (34 %) als in der DUS-Gruppe (22,2 %). Schlussfolgerungen: Teilnehmer mit OSA und Typ‑2 Diabetes mellitus, die ILI zur Gewichtsreduktion erhielten, hatten nach 10 Jahren einen geringeren Schweregrad der OSA [29].

Kommentar.

Diese Studie macht einmal mehr deutlich, dass bei adipösen Patienten die spezifische OSA-Therapie von Maßnahmen zur Gewichtsreduktion begleitet werden sollte [30]. Hier ist auf eine leitliniengerechte Stufentherapie der Adipositas bis hin zur bariatrischen Chirurgie zu achten. Dies kann hinsichtlich der OSA dazu führen, dass mit niedrigeren Drücken und weniger Nebenwirkungen mittels PAP behandelt werden kann oder keine PAP-Therapie mehr erforderlich ist.

Positivdrucktherapie

Eine Beeinträchtigung der Kommunikation ist eine häufige Nebenwirkung der CPAP-Therapie und anderer PAP-Verfahren, erschwert die Patientenversorgung, trägt zum Leidensdruck und zu Intoleranz bei [31]. Die aktuelle randomisierte Studie mit 36 ambulanten Patienten mit CPAP-therapierter OSA untersuchte deshalb die Kommunikation mit CPAP 10 cmH2O mit versus ohne ein PAP-Kommunikationsgerät (SPEAX, Ataia Medical). Während des Gesprächs mit PAP nahm die Wort- und Satzverständlichkeit relativ um 52 % (87 % vs. 41 %) und relativ um 57 % (94 % vs. 40 %) im Vergleich zu einem normalen Gespräch ab [31]. Die Wort- und Satzverständlichkeit stieg in der Interventionsgruppe relativ um 75 % (35 % gegenüber 61 %, p < 0,001) und um 126 % (33 % vs. 76 %, p < 0,001) höher als in der Kontrollgruppe. Das Gerät verbesserte den von den Patienten empfundenen PAP-Komfort um 233 % (15 % gegenüber 50 %, p = 0,042) und den von den Partnern empfundenen PAP-Komfort um 245 % (20 % vs. 69 %, p = 0,0074) [31].

Kommentar.

Dies ist eine der ersten Studien, die die Beeinträchtigung der Kommunikation während der PAP-Nutzung quantifiziert. Dieses und andere Geräte, die dazu beitragen die Sprache des Patienten während PAP-Nutzung zu verbessern, könnten zum Therapiekomfort, zu einer höheren Akzeptanz der Therapie und somit zu einer besseren medizinischen Versorgung der Patienten beitragen. Dies gilt sowohl für den ambulanten Bereich und möglicherweise auch für die nichtinvasive Beatmung (NIV) in der stationären Patientenversorgung.

Unterkieferprotrusionsschiene

Mit dem Beschluss vom 6. Mai 2021 hat der Gemeinsame Bundesausschuss [1] die Grundlage gelegt, dass Unterkieferprotrusionsschienen (UPS) als Secondline-Therapie nach der PAP-Therapie zur Behandlung der leicht- und mittelgradigen OSA erstattungsfähig sind. Der Beschluss basiert auf einer Nutzungsbewertung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) [32], die ausführliche Metaanalysen hinsichtlich der Wirksamkeit der UPS gegenüber keiner Behandlung oder Placebo (Fragestellung 1) sowie der UPS gegenüber der Standardtherapie CPAP (Fragestellung 2) enthält.

Da es sich beim AHI aus Sicht des IQWiG weder um einen patientenrelevanten Endpunkt noch um einen validierten Surrogatendpunkt handelt, wurde er zur Nutzenbewertung des IQWiG nicht herangezogen [32]. Die Zulassung beruht auf den Effekten der UPS auf die subjektive Tagesschläfrigkeit, die in den meisten Studien mittels der Epworth Sleepiness Scale (ESS) ermittelt wurde. Die Ergebnisse des IQWiG-Berichtes deuten darauf hin, dass die Behandlung der OSA mit der UPS gegenüber keiner Behandlung (bzw. Placebobehandlung ohne Einfluss auf die Unterkieferposition) hinsichtlich der Tagesschläfrigkeit (ESS) einen Vorteil hat (Abb. 3a) sowie der PAP-Therapie hinsichtlich der Tagesschläfrigkeit nicht unterlegen ist (Abb. 3b).

Abb. 3
figure 3

Epworth Sleepiness Scale (ESS) – Hauptanalyse; Cross-over-Studien ggf. korrigiert mit einer Korrelation von 0,6; Effekt: Hedges’g. a Fragestellung 1) Unterkieferprotrusionsschiene (UPS) versus Kontrolle. b Fragestellung 2) Unterkieferprotrusionsschiene (UPS) versus Continuous Positive Airway Pressure (CPAP). Nutzungsbewertung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) [32]. SE Standard Error (Standardfehler), KI Konfidenzintervall

Auch hinsichtlich der Fatigue zeigte sich in der Gesamtschau ein Anhaltspunkt für einen Nutzen der UPS im Vergleich zu einer Placeboschiene [32].

Eine kürzlich erschienene Metaanalyse, die nicht randomisierte und randomisierte Studien einschloss, untersuchte die Effekte einer UPS-Therapie auf die krankheitsspezifische und die allgemeine Lebensqualität [33]. Die UPS-Therapie bei Patienten mit OSA führte zu einer moderaten Besserung der krankheitsspezifischen Lebensqualität (Functional Outcomes of Sleep Questionnaire, FOSQ; mittlerer Unterschied 1,8 Punkte) [33]. Keine signifikanten Effekte wurden auf die allgemeine Lebensqualität beobachtet (Short Form SF-36) [33].

Zahnmedizinische Kernaussagen der Behandlungsrichtlinie und der Nutzungs-bewertung sind, dass die Unterkieferprotrusionsschienen zahntechnisch individuell angefertigt und adjustierbar sein sollen [1, 32]. Voraussetzungen für eine Schienenversorgung aus zahnmedizinischer Sicht sind eine ausreichende Fähigkeit zur Mundöffnung, eine ausreichende aktive Protrusionsbewegungsmöglichkeit des Unterkiefers, eine ausreichende Verankerungsmöglichkeit der Schiene sowie keine der Versorgung entgegenstehenden Kiefergelenksstörungen [1]. Diese Voraussetzungen können bereits in der pneumologisch schlafmedizinischen Versorgung orientierend geprüft werden.

Kommentar.

Um die in obigen Studien beschriebene Wirksamkeit zu erreichen, ist eine gezielte Patientenauswahl von entscheidender Bedeutung. Prädiktoren für ein gutes Ansprechen der UPS-Therapie bei leichter bis mittelschwerer OSA sind ein Body-Mass-Index < 30 kg/m2, eine rückenlageassoziierte Schlafapnoe [34] und ggf. eine Retrognathie. Idealerweise sollten UPS in Zusammenarbeit mit zahnmedizinischer und schlafmedizinischer Expertise eingesetzt und auch langfristig kontrolliert werden.

Hypoglossusstimulation

Bisher gab es wenige aussagekräftige Vergleichsstudien zwischen der PAP-Therapie als Standardtherapie der OSA und der Stimulation der oberen Atemwege (Upper Airway Stimulation, UAS) [14]. In der aktuellen nicht randomisierten Studie wurden die klinischen Blutdruck- und ESS-Scores zwischen jeweils 201 Patienten mit OSA (Apnoe-Hypopnoe-Index 15–65) und Body-Mass-Index (BMI) < 35 kg/m2, die eine PAP-Therapie (2010–2014) an der Cleveland Clinic begannen, und 201 Patienten mit UAS-Implantation (2015–2017) über ein internationales Register mit 2‑ bis 6‑monatigem Follow-up verglichen (Propensity Score Matching) [14]. Dabei zeigte PAP im Vergleich zu UAS eine um 3,7 mm Hg stärkere Verbesserung des diastolischen Blutdrucks (p < 0,001) und eine um 2,8 mm Hg stärkere Verbesserung des mittleren arteriellen Drucks (p = 0,008). Die UAS zeigte eine klinisch nicht relevante größere Verbesserung des ESS-Scores als PAP um 0,8 Punkte (p = 0,046). Der minimale klinisch bedeutsame Unterschied in der ESS beträgt 2,5 Punkte. Die UAS-Therapie wurde 6,2 h/Woche mehr genutzt als die PAP-Therapie (95 % CI, 3,3–9,0). Die Ergebnisse waren auch nach Adjustierung für die Therapieadhärenz ähnlich [14].

Kommentar.

Es ist sehr erfreulich, dass es nun die ersten Vergleichsstudien zwischen PAP-Therapie und UAS-Therapie gibt. Die Ergebnisse dieser retrospektiven „Pilotstudie“ erlauben noch keine definitiven Schlussfolgerungen und sollten durch Ergebnisse aus prospektiven randomisierten Studien mit ähnlichen Fragestellungen ergänzt werden.

Medikamentöse Therapie

Residuale Tagesschläfrigkeit bei behandelter obstruktiver Schlafapnoe

Man geht heute davon aus, dass ca. 10 % der therapierten Patienten mit OSA eine residuale exzessive Tagesschläfrigkeit (rEDS, „residual excessive daytime sleepiness“) haben [35]. Gesichert wird die Restschläfrigkeit mittels Anamnese, standardisierter Erfassung der subjektiven Tagesschläfrigkeit (z. B. Epworth Sleepiness Scale) sowie durch objektive Testverfahren (z. B. multipler Wachbleibetest oder Oxford Sleep Resistance Test [Osler-Test]) [35]. Nach Ausschluss und, falls möglich, Behandlung alternativer bekannter Ursachen (Tab. 1) kann die residuale Tagesschläfrigkeit medikamentös mit u. a. Modafinil, Armodafinil, Pitolisant oder Solriamfetol behandelt werden, wobei aktuell nur für Solriamfetol und Pitolisant eine Zulassung der Europäischen Arzneimittelbehörde (European Medicines Agency, EMA) besteht.

Tab. 1 Checkliste und Diagnostik zum Ausschluss anderer Ursachen der Tagesschläfrigkeit bei therapierter obstruktiver Schlafapnoe

Eine Deutsche Expertengruppe hat mit dem Ziel solche Medikamente in der richtigen Indikation einzusetzen und eine gezielte Auswahl von Patienten vorzunehmen, die von einer solchen Therapie profitieren, einen Algorithmus zur Behandlung der residualen Tagesschläfrigkeit bei Patienten mit therapierter OSA vorgeschlagen (Abb. 4). Zentrale Punkte dieses Behandlungspfades sind [35]:

  • Objektivierung der Tagesschläfrigkeit

  • Optimierung der Positivdrucktherapie

  • Abklärung und ggf. Behandlung alternativer Ursachen der Tagesschläfrigkeit

Abb. 4
figure 4

Algorithmus zur Diagnose und Behandlung der residualen Tagesschläfrigkeit (rEDS) bei Patienten mit therapierter obstruktiver Schlafapnoe (OSA). 1Der Algorithmus ist für die Nachbetreuung von Patienten mit einer OSA nach Versorgung mit einer Positivdrucktherapie (PAP) ausgelegt. Er kann aber auch bei anderen spezifischen Therapieverfahren (Unterkieferprotusionsschiene [UPS], operative Maßnahmen etc.) zur Anwendung kommen. 2Eine erste reguläre PAP(„positive airway pressure“)-Kontrolle findet nach ca. 2–8 Wochen Anwendung der Therapie statt und danach bei Bedarf bzw. in jährlichen Intervallen. Diese Kontrolle setzt keine Probleme der Patienten mit der Primärtherapie voraus. 3Überprüfung der Nutzungszeit der kontinuierlichen Positivdrucktherapie (CPAP) Ziel: > 4 h/Nacht und > 70 % der Nächte; Überprüfung der Symptomatik: z. B. Leckagen, Notwendigkeit eines Maskenwechsels, Druckintoleranz, fremdanamnestisch beobachtetes Schnarchen unter Therapie, Rhinitis, trockener Rachen, Meteorismus etc. durch Praxis, Schlaflabor oder Provider. 4Optimierung der Therapie: ggf. exspiratorische Druckentlastung, Maskenwechsel, Druckänderung, Befeuchter u. a. inkl. Nutzungstraining nach der Optimierung. 5Polygraphie zur Objektivierung des Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) und der Sauerstoffwerte unter CPAP-Therapie. 6Zum Beispiel AHI > 10/h und/oder markante Sauerstoffabfälle unter 85 % oder V. a. lageabhängige oder REM-Schlaf bezogene Restatmungsstörungen. 7Internistische, neurologische, andere schlafmedizinische oder psychiatrische Erkrankungen (Tab. 1). Werden derartige mögliche Ursachen für eine Tagesschläfrigkeit festgestellt (z. B. eine Depression mittels Beck-Depressionsinventar, BDI-II-Fragebogen), dann sollte zunächst eine Behandlung bzw. deren Optimierung – z. B. einer antidepressiven Therapie – im Vordergrund stehen. 8Optimierung von kontinuierlicher (CPAP), automatischer (APAP) Positivdrucktherapie, Bi-Level-Therapie, Servoventilation: ggf. Modusänderung; bei Bedarf Umstellung der Therapiemethode auf z. B. Unterkieferprotrusionsschiene (UPS) oder Kombinationstherapie (CPAP + Lagetherapie, CPAP + UPS usw.). 9Ausschluss von therapiebedingter zentraler Schlafapnoe, Flusslimitierungen, REM-Schlaf bezogenen Atmungsstörungen, Restless-Legs-Syndrom/Periodic Limb Movement Disorder (PLMD), Insomnie, Schlaf-Wach-Rhythmusstörungen, Parasomnien, Hypoventilationen, Beeinträchtigung der Schlafqualität mit z. B. häufigem nächtlichen Erwachen, vermehrten Aufwachreaktionen oder Tiefschlafdefizit. Objektivierende Tests sollten bei nicht eindeutiger Vorgeschichte durchgeführt werden. 10Solriamfetol ist derzeit das einzige in Deutschland zugelassene Medikament zur Behandlung der residualen Tagesschläfrigkeit bei OSA nach vorangegangener Primärtherapie (z. B. CPAP oder UPS). Die Therapie sollte durch den betreuenden Schlafmediziner eingeleitet werden. 11Bei ungenügender Wirkung kann die Dosis nach frühestens 3 Tagen erhöht/optimiert werden. 12Bei nicht therapierbarer residualer Tagesschläfrigkeit über Erwerbsunfähigkeit (EU), Arbeitsunfähigkeit (AU) oder Berentung befinden. (Modifiziert nach Fietze I et al. [35])

Solriamfetol

Solriamfetol ist ein Therapeutikum zur Behandlung der exzessiven Tagesschläfrigkeit bei behandelten OSA-Patienten, das sowohl von der Food and Drug Administration (FDA) als auch von der Europäischen Arzneimittelbehörde (European Medicines Agency, EMA) zugelassen ist [35, 36]. Die Wirkung wird am ehesten über die Hemmung der Wiederaufnahme von Noradrenalin und Dopamin mit einer Halbwertzeit von 6–8 h entfaltet [35, 36].

In der ersten Phase-III-Studie bei 476 OSA-Patienten mit exzessiver residualer Tagesschläfrigkeit (mittlerer ESS 15 von 24 Punkten) unter CPAP (TONES-3) wurde Solriamfetol in 4 Dosierungen 37,5, 75, 150 mg und der aktuell nicht zugelassenen 300 mg gegen Placebo getestet. Nach 1 Woche anhaltend über die gesamte Studiendauer von 12 Wochen fanden sich unter allen Dosierungen, jedoch in der Größenordnung dosisabhängige Verbesserungen der subjektiven und objektiven Tagesschläfrigkeit (ESS-Score und multipler Wachbleibetest) [37].

In einer Metaanalyse wurden insgesamt 1177 Patienten aus fünf randomisierten kontrollierten Studien (RCTs), die Solriamfetol in den Indikationen exzessive Tagesschläfrigkeit bei behandelten OSA-Patienten (37,5–150 mg) und Narkolepsie (75–150 mg) einsetzten, zusammenfassend untersucht [38]. Solriamfetol führte im Vergleich zu Placebo zu einer signifikanten Erhöhung der mittleren Schlaflatenz um im Mittel ca. 10 min und zu einer Verringerung des ESS-Scores um ca. 4 Punkte [38]. Die Effektgrößen sind klinisch relevant. Der Anteil der Patienten mit mindestens einem unerwünschten Ereignis war in der Solriamfetol-Gruppe signifikant erhöht (RR = 1,42, 95 % KI: 1,24 bis 1,64, p < 0,00001) [38]. Dosierungen bis zu 150 mg Solriamfetol erwiesen sich als angemessen, um die exzessive Tagesschläfrigkeit effektiv zu behandeln [38]. Solriamfetol wirkt bei Patienten, die Positivdrucktherapie ausreichend oder zu wenig nutzen, ähnlich effektiv [39, 40]. Solriamfetol hatte wiederum keinen Effekt auf die Dauer der Nutzung der Positivdrucktherapie [39, 40].

Ein Absetzen von Solriamfetol führt zu einem raschen Wiederauftreten der Symptomatik im Sinne einer Abnahme der Schlaflatenz um 12 min und zu einer Zunahme der Tagesschläfrigkeit um 4,5 Punkte in der ESS [41]. Es traten keine Rebound-Hypersomnie oder andere Entzugserscheinungen auf [41].

Das Auftreten von Nebenwirkungen wurde in einer randomisierten Studie mit 474 PAP-behandelten OSA-Patienten im Zeitverlauf in den Gruppen Placebo, 37,5 mg, 75 mg, 150 mg und 300 mg Solriamfetol untersucht. Häufige früh auftretende Nebenwirkungen waren Kopfschmerzen (5,1 %), Appetitlosigkeit (4,2 %), Nervosität (3,0 %), Übelkeit (2,5 %), Angststörungen (2,1 %) und Insomnie (1,3 %). Bei Dosierungen ≤ 150 mg/die ließen Kopfschmerzen, Übelkeit und Nervosität meist innerhalb der ersten 8 Tage nach [42]. Symptome wie Appetitlosigkeit, Angststörungen und Insomnie hielten jedoch für längere Zeit an [42]. Anstiege des arteriellen Blutdrucks von > 2 mm Hg fanden sich lediglich in der heute nicht zugelassenen Dosierung von Solriamfetol 300 mg [37]. In niedrigeren Dosierungen lag der Anstieg des arteriellen Blutdrucks zwischen 0,5 und 1,8 mm Hg [37]. Solriamfetol führt dosisabhängig (Placebo, 37,5, 75, 150) zu einem geringen Anstieg der Herzfrequenz (um 0,1; 0,7; 0,8; 2,2), in der nicht zugelassenen Dosierung von 300 mg war der Herzfrequenzanstieg deutlich und ggf. klinisch relevant [37].

Kommentar.

In 2020 wurde mit Solriamfetol ein zur Behandlung der unter optimierter OSA-Behandlung persistierenden Tagesschläfrigkeit unklarer Genese hocheffektives Medikament von der Europäischen Arzneimittelbehörde zugelassen. Die Indikationsstellung ist komplex, da im Vorfeld die Tagesschläfrigkeit objektiv nachgewiesen, die OSA-Therapie unter Ausschöpfung der Differentialtherapie optimiert werden muss und zahlreiche andere behandelbare Ursachen abgeklärt werden müssen. Da der Großteil der OSA-Patienten ein deutlich erhöhtes kardiovaskuläres Risiko hat, erscheint es sinnvoll bei Therapieeinleitung Herzfrequenz und arteriellen Blutdruck engmaschig zu kontrollieren (z. B. Herzfrequenz-Blutdruck-Protokoll oder 24 h-Puls-Blutdruckmessung).

Pitolisant

Pitolisant ist ein selektiver Histamin-H3-Rezeptor-Antagonist [43, 44]. Darüber hinaus moduliert Pitolisant verschiedene Neurotransmittersysteme und erhöht dadurch die Ausschüttung von Acetylcholin, Noradrenalin und Dopamin im Gehirn [35]. Pitolisant wurde 9/2021 auch für die Behandlung der residualen Tagesschläfrigkeit bei Patienten mit behandelter und unbehandelter OSA von der Europäischen Arzneimittelbehörde (European Medicines Agency, EMA) zugelassen.

In der HAROSA-I-Studie, einer multizentrischen, doppelblinden, randomisierten (3:1), placebokontrollierten Parallelstudie wurde Pitolisant individuell auf bis zu 20 mg/Tag titriert und über 12 Wochen eingenommen [44].

Es wurden 244 Patienten mit therapierter OSA und residualer Tagesschläfrigkeit (82,8 % männlich; Durchschnittsalter: 53,1 Jahre, mittlerer Apnoe-Hypopnoe-Index unter CPAP: 4,2/h, Ausgangswert des ESS: 14,7) randomisiert zu Pitolisant (n = 183) oder Placebo (n = 61). Die subjektive Tagesschläfrigkeit, erfasst durch die ESS, sank unter Pitolisant im Vergleich zu Placebo signifikant um −2,6 (95 %CI: [−3,9; −1,4]) (p < 0,001) [44]. Jedoch ergaben sich keine signifikanten Veränderungen bei der objektiv erfassten Tagesschläfrigkeit (Oxford Sleep Resistance Test) [44].

Das Auftreten unerwünschter Ereignisse (hauptsächlich Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit) war in der Pitolisant-Gruppe höher als in der Placebo-Gruppe (47,0 und 32,8 %, p = 0,03). Es wurden keine kardiovaskulären oder andere relevanten Sicherheitsbedenken gemeldet.

In der HAROSA-II-Studie wurde Pitolisant in einer anderen Indikation, nämlich bei 268 OSA-Patienten (mittleres Alter 52, mittlerer AHI 49/h, mittlerer ESS 15,7), die CPAP abgelehnt haben, geprüft. Auch bei Patienten mit unbehandelter schwerer OSA zeigte sich eine Verbesserung der subjektiven Tagesschläfrigkeit bei den 201 Patienten der Pitolisant-Gruppe im Vergleich zu Placebo (n = 67) um 2,8 Punkte (−4 bis −1,5) in der ESS. Hinsichtlich der objektiven Tagesschläfrigkeit (multipler Wachbleibetest) ergaben sich keine signifikanten Änderungen.

Zu den häufigsten dokumentierten Nebenwirkungen in den HAROSA-Studien gehören (in abfallender Häufigkeit) Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Übelkeit, und Schwindel [43, 44].

Kommentar.

Pitolisant ist seit 9/2021 für die Behandlung der residualen Tagesschläfrigkeit bei behandelter und unbehandelter OSA zugelassen. Die Besonderheit liegt in der Zulassung zur Behandlung von Patienten mit unbehandelter OSA. Dies ist folgerichtig, da die Behandlung der OSA offensichtlich in dieser Patientengruppe nicht zum erwünschten Therapieeffekt, nämlich einer Besserung der Tagesschläfrigkeit, geführt hat. Eine hinsichtlich der Beschwerdesymptomatik ineffektive CPAP-Therapie der OSA kann für Patienten eine relevante Belastung darstellen. Für die Indikation, in so einem Fall die CPAP-Therapie fortzusetzen, besteht keine wissenschaftliche Evidenz.

Modafinil und Armodafinil

Die bisher am häufigsten angewendete Therapie der residualen Tagesschläfrigkeit bei OSA in den USA ist die Behandlung mit den vigilanzsteigernden Medikamenten Modafinil oder Armodafinil [35]. Modafinil war bis 2010 in dieser Indikation auch auf dem europäischen Markt verfügbar, wurde dann aber von der Europäischen Arzneimittelbehörde (European Medical Agency, EMA) wieder vom Markt genommen [35]. Die Begründung für die Rücknahme der Zulassung war, dass es keine bzw. zu wenig randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) für den Effektivitätsnachweis gibt [35]. Auch die seltenen Hautreaktionen und psychiatrischen Nebenwirkungen (Depression, Suizidgedanken, psychotische Episoden) waren für die Entscheidung relevant. Armodafinil war in Europa nie zur Zulassung angemeldet worden [35].

Medikamentöse Therapie der obstruktiven Schlafapnoe

Nicht alle Patienten mit OSA können durch die aktuell zur Verfügung stehenden Therapien adäquat behandelt und für die etablierten Therapien konnten bisher keine positiven Effekte auf kardiovaskuläre Ereignisse nachgewiesen werden [45]. Pharmakologische Therapien, die in unterschiedlicher Weise auf die pathophysiologischen Entstehungsmechanismen der OSA (z. B. Verengung der Atemwege durch Wassereinlagerungen im parapharyngealen Bindegewebe, Atemregulation, Tonus der Pharynxmuskulatur) abzielen, sind getestet worden (Tab. 2). Unter den Medikamentenstudien mit vielversprechenden Ergebnissen zeigten die meisten Studien eine leichte oder mäßige Verringerung des Schweregrads der OSA [45].

Tab. 2 Substanzklassen und Wirkstoffe, deren Effekt auf die Schwere der obstruktiven Schlafapnoe untersucht wurde

Kommentar.

Obwohl die Daten gegen die pharmakologische Monotherapie bei schwerer OSA sprechen, könnten diese Wirkstoffe eine Rolle in der Therapie der leichten OSA spielen, oder sie könnten als Zusatztherapie bei mittelschwerer bis schwerer OSA eingesetzt werden. Langfristige Wirksamkeit und mögliche Langzeitnebenwirkungen sind noch nicht ausreichend untersucht [45]. Die pharmakologischen Therapien wirken am ehesten bei bestimmten OSA-Populationen (z. B. Patienten ohne oder mit leichtgradiger Adipositas, OSA mit relevanter ventilatorischer Instabilität oder Störung der Atmungsregulation). Studien zu weiteren Substanzklassen und Darreichungsformen sind zu erwarten (z. B. BAY2253651 intranasal, NCT03603678).

Schlafstörungen und eHealth

Monitoring der Positivdrucktherapie

Eine der größten Herausforderungen bei der Behandlung der OSA besteht darin, eine angemessene Nutzung der CPAP-Therapie zu erreichen [46]. Telemonitoring (TM) basierte Betreuungsmodelle für Patienten mit PAP-Therapie haben das Potenzial, ein individuelles Management und eine frühzeitige Erkennung von Problemen während der Behandlung zu ermöglichen. Die TM-Betreuungsmodelle enthalten mehrere wichtige Aspekte und können durchaus heterogen sein. Die Erfassung von Daten über die CPAP-Therapie (CPAP-Nutzung, Leckagen) in Echtzeit bzw. täglich, die Übermittlung von Behandlungsdaten an qualifiziertes Personal und verschiedene Formen des Feedbacks bzw. Schulungsangebote sind Kernpunkte der meisten TM-Betreuungsmodelle, die u. a. dazu dienen sollen, die Nutzungszeit der PAP-Therapie zu verbessern [47]. In einer aktuellen Metaanalyse wurden 19 randomisierte kontrollierte Studien, die eine zusätzliche TM-Betreuung mit der (lokal) üblichen Betreuung von Patienten mit OSA und CPAP-Therapie verglichen, betrachtet [47]. Insgesamt wurden 2464 Patienten mit OSA untersucht. Die CPAP-Nutzung war in der TM-Betreuungsgruppe im Vergleich zur Gruppe mit üblicher Betreuung signifikant höher (mittlere Differenz [MD] 0,68 h, 95 % Konfidenzintervall [CI] 0,48–0,89 h, I2 = 49 %).

Eine aktuelle, noch nicht in obiger Metaanalyse enthaltene Studie untersuchte den Nutzen eines sogenannten multimodalen TM [46]. Das TM bestand aus automatischen und vordefinierten Algorithmen für die schnelle Anpassung der CPAP-Therapie im Falle von Nebenwirkungen, Leckagen (spezifische Schwellenwerte je nach Marke des CPAP-Gerätes), Restschläfrigkeit (ESS > 10) oder anhaltenden Restereignissen (Rest-AHI > 10 Ereignisse/h) [46]. Bei den Hauptnebenwirkungen (Aerophagie, Mundtrockenheit, Druckstelle am Nasenrücken, Niesen und Rhinitis) wurden im Vorfeld der Studie spezifische und einheitliche Maßnahmen festgelegt und zwischen den verschiedenen Studienzentren abgestimmt. Beispielsweise waren das Hinzufügen eines Warmluftbefeuchters und die Verringerung des Drucks die am häufigsten vorgeschlagenen Interventionen [46]. Bei CPAP-Nutzern mit anhaltender Schläfrigkeit oder verbleibenden respiratorischen Ereignissen von mehr als 10/h wurde in der Regel eine Polygraphie/Polysomnographie unter CPAP geplant. So schlug das multimodale TM-System geschultem häuslichen Fachpersonal vordefinierte Interventionen vor (Behandlung von Leckagen, Maskenproblemen oder anderen Nebenwirkungen) [46].

Es wurden 206 Patienten mit schwerer symptomatischer OSA (Alter 51 Jahre, 63 % Männer, Body-Mass-Index 31 kg/m2 und Apnoe-Hypopnoe-Index 45/h) mit CPAP therapiert. Davon erhielten 102 Patienten im Anschluss eine Standardversorgung und 104 eine Versorgung mit multimodalem TM [46]. Nach 6 Monaten Intervention war die CPAP-Adhärenz in beiden Gruppen ähnlich (TM vs. Kontrolle: 4,73 ± 2,48 h/Nacht versus 5,08 ± 2,44 h/Nacht, p = 0,30) [46]. Es gab keinen signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen in Bezug auf die Verbesserung von Müdigkeit und Schläfrigkeit [46]. Bei schweren OSA-Patienten mit geringem kardiovaskulären Risiko hat das multimodale Telemonitoring die CPAP-Adhärenz nicht erhöht. Sowohl in der Telemonitoring-Gruppe als auch in der Gruppe mit Standardtherapie wurden ähnliche Verbesserungen der Tagessymptome erzielt [46].

Kommentar.

Grundsätzlich gibt es viele Hinweise, dass eine TM-Betreuung von Patienten mit OSA, die mit PAP-Verfahren behandelt werden, zu einer besseren Versorgung beitragen kann bzw. helfen kann, eine sehr große Anzahl von Patienten zu versorgen. Die einzelnen Studien sind häufig schwer vergleichbar, da sie in verschiedenen Ländern mit verschiedenen Gesundheitssystemen durchgeführt werden. Außerdem ist häufig die klinische Versorgung im Rahmen von Studien intensiver als in der Regelversorgung.

Schlüsselaspekte in der Langzeitversorgung von PAP-Patienten sind die Überprüfung von wichtigen Parametern (Erfassung der Änderung der OSA-Beschwerden, Erfassung von Nebenwirkungen, AHI, Leckagen und Nutzung), Feedback und Schulung. Bei der Erfassung der Erfahrungen des Patienten ist die TM-Versorgung naturgemäß schwächer als bei der Erfassung von technischen Daten. Ein weiterer wichtiger Unterschied bei den TM-Systemen liegt auch darin, ob der PAP-Patient von geschultem Personal überwacht wird, oder ob der Patient dazu angeleitet wird, selbst die Therapie zu steuern (Patient Engagement, Patienteneinbindung).

Die multimodale TM-Versorgung, wie sie in der Studie von Tamisier et al. [46] angewandt wurde, erscheint nahezu perfekt. Warum führte die multimodale TM-Versorgung dann zu keiner verlängerten Nutzungszeit oder Verbesserung der Lebensqualität? Die Hauptursache für den ausbleibenden Effekt ist wahrscheinlich, dass in dieser Studie „unproblematische“ OSA-Patienten, d. h. Patienten mit schwergradiger OSA, mit Tagesschläfrigkeit und ohne relevante kardiovaskuläre, pulmonale oder psychiatrische Komorbiditäten untersucht wurden. Diese Patienten haben meistens eine gute CPAP-Nutzung, weil sie subjektiv von der Therapie profitieren. Die speziellen und intensivierten Maßnahmen sind eher bei den komplexeren Patienten erforderlich (z. B. bei Patienten mit geringer CPAP-Nutzung oder Komorbiditäten). Die Frage ist auch, ob eine TM-gestützte Versorgung von OSA-Patienten unbedingt besser sein muss. Oder reicht es auch, wenn die „unproblematischen“ Patienten mit TM-gestützter Versorgung bei gleichem Effekt im Vergleich zur Standardtherapie mit weniger Ressourceneinsatz betreut werden?

Digitale Gesundheitsanwendungen in der Schlafmedizin

Einen Fortschritt für die Versorgung von vielen Patienten mit SBAS und häufigen Komorbiditäten können die erstattungsfähigen digitalen Gesundheitsanwendungen (DIGA-Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, BfArM) darstellen [4]. Diese können u. a. zur Behandlung der Insomnie, Adipositas und der Depression eingesetzt werden [4].

Eine Schwierigkeit, ein PAP-Verfahren bei SBAS einzuleiten, können Ein- und Durchschlafstörungen bzw. eine Insomnie sein. Die Therapie der ersten Wahl bei nichtorganischer Insomnie ist die kognitive Verhaltenstherapie für Insomnie (Cognitive Behavioral Therapy for Insomnia, CBT‑I) [48]. In der klinischen Routine ist der Zugang zu qualifizierter CBT‑I häufig schwierig und/oder mit langen Wartezeiten verbunden. Im Folgenden ist eine von vielen Validierungsstudien [49,50,51] für DIGAs beschrieben.

Die Studie untersuchte die Wirksamkeit einer nicht überwachten, webbasierten Intervention mit automatisiertem Feedback zur Behandlung der nichtorganischen Insomnie über einen Zeitraum von 12 Monaten [50]. Das Programm basiert auf der CBT‑I. Sechsundfünfzig Teilnehmer wurden in die Gruppen webbasierte CBT‑I oder keine Therapie (Warteliste, entsprechend der klinischen Realität) randomisiert. Es zeigten sich starke Effekte im Sinne einer Abnahme der Schlaflosigkeit innerhalb der webbasierten CBT-I-Gruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe (d = 1,59, d = 1,79) [50]. Der Therapieeffekt blieb über den Zeitraum von 12 Monaten stabil. Weiterhin besserten sich schlafbezogene Kognitionen, Sicherheitsverhalten, Depression und Somatisierung in der CBT-I-Gruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe [50].

Kommentar.

Die Studie ergänzt vorherige Studien vor allem dahin gehend, dass die Effekte auf die Insomnie der webbasierten, nicht überwachten CBT‑I nicht nur relevant, sondern auch anhaltend sind [50]. Es gibt mittlerweile für Patienten mit Ein- und Durchschlafstörungen bzw. Insomnie zahlreiche effektive validierte digitale Angebote, die auf der Standardtherapie, der CBT‑I, basieren. Auf der Internetseite des BfArM können validierte und erstattungsfähige Angebote (Digitale Gesundheitsanwendungen, DIGA-Verzeichnis) eingesehen werden [4]. Dies gilt auch für andere häufige Komorbiditäten von SBAS-Patienten wie Adipositas, Depression oder Tinnitus. Diese Erkrankungen sind meist mit langen Wartezeiten für eine fachärztliche Versorgung verbunden. In der Überbrückung dieser Wartezeit liegt wahrscheinlich der größte Wert der DIGAs.

Fazit für die Praxis

  • Der Einsatz der Continuous Positive Airway Pressure(CPAP)-Therapie bei obstruktiver Schlafapnoe (OSA) dient in erster Linie zur Verbesserung von Beschwerden und der Lebensqualität sowie der Wiedererlangung der Fahreignung und kann die pharmakologische Therapie der arteriellen Hypertonie ergänzen.

  • Unterkieferprotrusionsschienen sind als Secondline-Therapie nach der CPAP-Therapie für Patienten mit leichter und mittelgradiger OSA indiziert und erstattungsfähig.

  • Solriamfetol und Pitolisant sind für die Therapie der residualen Tagesschläfrigkeit bei Patienten mit therapierter OSA indiziert und zugelassen. Dem gezielten Einsatz der Medikamente geht eine eingehende Diagnostik der Tagesschläfrigkeit, Optimierung der Therapie der OSA, einschließlich Differentialtherapie der OSA, sowie die Differentialdiagnostik der Tagesschläfrigkeit voraus und verlangt häufig eine interdisziplinäre Zusammenarbeit.

  • Die Diagnose und die Behandlung einer mittel- schwergradigen OSA, die bei Patienten mit überstandener akuter COVID-19-Infektion sehr häufig ist (ca. 38 %), birgt eine realistische Chance, die Lebensqualität von Patienten mit Post- oder Long-COVID-Syndrom relevant zu verbessern.

  • Häufige Komorbiditäten von Patienten mit schlafbezogenen Atmungsstörungen können mit erstattungsfähigen digitalen Gesundheitsanwendungen (DIGA-Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, BfArM) u. a. zur Behandlung der Insomnie, Adipositas und der Depression behandelt werden. Dies ist z. B. zur Überbrückung hilfreich, bis die Patienten einer fachärztlichen Behandlung zugeführt werden können.