Nierenzysten sind häufig und klinisch meist unbedeutend, außer wenn aufgrund des Binnenechos oder anderer Auffälligkeiten bei der Bildgebung in gewissen Fällen eine Abgrenzung zu Nierentumoren gemacht werden muss. Zystennieren sind genetisch determinierte Krankheiten, die wesentlich seltener sind als die konventionellen Nierenzysten, dafür ist das Ausmaß der Zystenbildung massiv und für den Patienten oft gravierend, in vielen Fällen muss mit dem Auftreten einer terminalen Niereninsuffizienz gerechnet werden.

Unter den vererbten Zystennierenerkrankungen sind gewisse Formen im nephrologischen Patientengut wiederum sehr häufig, wie etwa die autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung (ADPKD), die bei 8−10% der Dialyse- und Transplantationspopulation Ursache des terminalen Nierenversagens ist. Die Diagnosestellung ist meist einfach, kann aber im Einzelfall anspruchsvoll sein, z. B. wenn bei jüngeren Patienten mit nur wenigen oder kleinen Zysten eine sichere Diagnose gestellt werden soll. Auch die Interpretation der genetischen Tests gestaltet sich manchmal schwierig, da nicht immer ein eindeutiger Befund erhoben werden kann.

Die Erforschung zystischer Nierenerkrankungen ist aus dem Dornröschenschlaf erwacht

In dieser Ausgabe von Der Nephrologe soll ein aktueller, konziser Überblick über die neusten Erkenntnisse zur Pathogenese, Diagnostik und Therapie von zystischen Erkrankungen der Niere gegeben werden. Die Erforschung vieler dieser Krankheiten ist in neuerer Zeit aus dem Stadium des Dornröschenschlafs erwacht. In jüngster Zeit konnten bedeutende pathogenetische Mechanismen der meisten Erkrankungen aufgedeckt werden.

Die Klärung der Krankheitsmechanismen konnte in den letzten Jahren translational genutzt werden, um viel versprechende Therapien einer klinischen Prüfung zu unterziehen. Bei der ADPKD konnten klinische Erfolge unter Therapie mit Somatostatinderivaten (Octreotid, Lanreotid) verbucht werden, und es laufen große, viel versprechende Studien mit dem Vasopressin (-V2)-Rezeptorantagonisten Tolvaptan. Ernüchternd sind hingegen die gerade publizierten Studienresultate mit den mTOR-Inhibitoren Sirolimus und Everolimus, die keinen klaren klinischen Nutzen aufzeigen konnten.

Die Intensität und die hohe Dynamik der Erforschung von zystischen Nierenerkrankungen lässt Hoffnung aufkommen, dass bald ein therapeutisches Prinzip für Patienten mit den schweren Verlaufsformen gefunden werden kann – eine Hoffnung, die Patienten und ihre Ärzte teilen.

Prof. Rudolf P. Wüthrich