Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Schwangerschaftsraten bei extrakorporaler Befruchtung sind weitgehend stabil. Wie wir aus ausländischen Studien wissen, steigert ein Aneuploidiescreening vor der Implantation entgegen den Erwartungen die Schwangerschaftswahrscheinlichkeit nicht dramatisch. Vor allem diese Erkenntnis hat dazu geführt, dass wir heute unser Augenmerk wieder vermehrt auf die endometriale Seite der Einnistung legen.

Alle Tests und prädiktiven Marker des Endometriums sind aber bislang enttäuschend und überdies nur in Studien niedriger Qualität untersucht worden. Das hat aber nicht davon abgehalten, einige dieser Tests bereits kommerziell in großem Umfang einzusetzen.

In dieser Ausgabe wollen wir uns, wie für die Zeitschrift Gynäkologische Endokrinologie charakteristisch, mit den verschiedenen klinischen Phasen befassen, in denen das Endometrium und folgend die Plazentation eine Rolle spielen.

Der Parameter, der in der ärztlichen Routine wohl am häufigsten eingesetzt wird, ist die Bestimmung der Endometriumdicke. Bei genauerer Betrachtung scheint dies aber ein wirklich sehr unzureichender Parameter mit einer hohen Fehlerhaftigkeit der Messungen zu sein. Genau das diskutieren T. Osterholz-Zaleski u. G. Griesinger aus Lübeck in ihrem Beitrag. Sie zeigen, wie diese so einfache Routinebestimmung wirklich einzuordnen ist.

Das Endometrium kann aber nicht nur sonographisch bewertet werden, sondern auch mit höchst anspruchsvollen Methoden der Molekulargenetik und der Proteomanalyse. Mehrere Tests haben auf diesem Gebiet für Aufsehen gesorgt und „sind im klinischen Alltag angekommen“, obwohl sie nie wissenschaftlich valide bezüglich ihrer prognostischen Wertigkeit untersucht worden sind. A.P. Bielfeld und P. Edimiris aus Düsseldorf stellen solche Tests vor und unterziehen sie einer kritischen Analyse.

Embryo und Endometrium dürfen nie isoliert betrachtet werden

Embryo und Endometrium dürfen aber nie isoliert betrachtet werden. Zu vielschichtig ist der embryonal-endometriale Dialog. K. Vomstein u. B. Toth aus Innsbruck gehen gemeinsam mit R.-J. Kuon aus Heidelberg unter anderem auf die genetischen, immunologischen und mikrobiellen Aspekte von Einnistungsstörungen ein. Letztlich bleibt aber doch trotz aller Bemühungen ein Gutteil des Implantationsversagens ungeklärt.

Kontinuierlich gehen wir in der Betrachtung der Einnistung voran und haben abschließend zwei klinische Themen in den Mittelpunkt gestellt, die beide ihre Grundlagen in der frühen Implantation haben. Wurde für viele Jahrzehnte die Lehrmeinung, bei einem Abort habe eine Kürettage zu erfolgen, nicht angetastet, so hat auch hier ein Umdenken stattgefunden. R. Popovici aus München beschreibt genau die Studienlage, dass ein Zuwarten in vielen Fällen das deutlich risikoärmere Vorgehen sein kann.

H. Fluhr aus Heidelberg befasst sich mit einem Thema von großer akuter klinischer Relevanz, das ebenfalls seinen Ursprung in der gestörten Plazentation und somit in einer gestörten Implantation hat. Die Notfallsituation der Plazentaretention kann im schlimmsten Falle bis zum Organverlust führen – gerade für Frauen mit noch nicht abgeschlossener Familienplanung ist das eine Katastrophe. Auch hier gibt es neue operative Verfahren, um den Uterus doch zu erhalten.

Auch in dieser Ausgabe ist es uns wichtig, nicht nur auf direkte Belange der Reproduktionsmedizin zu achten, sondern auch Folgen aufzuzeigen, beispielsweise für den weiteren Schwangerschaftsverlauf. Das muss den Reproduktionsmediziner interessieren, auch wenn wir selbst vielleicht nie mit einer solchen Notfallsituation im späten Schwangerschaftsverlauf konfrontiert werden.

Reproduktionsmedizin steht also nicht nur am Anfang, sondern mittendrin. In diesem Sinne hoffen wir, dass Sie eine Ausgabe von Gynäkologische Endokrinologie in der Hand halten, die viele für Sie interessante Aspekte mit Nutzen für den klinischen Alltag abdeckt.

figure a

T. Strowitzki

figure b

G. Griesinger

figure c

H. Kentenich