„Vor die Therapie haben die Götter die Diagnose gesetzt!“ So lautet eine alte Medizinerweisheit, die auch heute noch dem ärztlichen Nachwuchs an die Hand bzw. mit auf den Weg der Heilkunst gegeben wird. Doch welche Diagnostik ist unter der Vielzahl der Möglichkeiten zur Bestimmung der Beingeometrie sinnvoll?

Schlagworte wie „Cohen’s Kappa Koeffizient“, „Pearson’s correlation coefficient“, „intracass correlation coefficient“, „intraobserver variability“ oder „interobserver variability“ werden gerne zum Vergleich verschiedener Untersuchungsmethoden herangezogen. Leider sind diese Koeffizienten sehr von der Variabilität der untersuchten Populationen sowie der Größe des Patientenkollektivs abhängig, sodass ein direkter Vergleich oft nicht möglich ist. Nicht einheitliche Begriffsdefinitionen sowie unterschiedliche Darstellungen der Messergebnisse erschweren zusätzlich die Vergleichbarkeit. Die Kenntnis der Genauigkeit der Messmethoden, welche sich aus der Richtigkeit und der Präzision und diese wiederum aus der Wiederholbarkeit und Vergleichbarkeit zusammensetzen, ist eine wesentliche Voraussetzung zur Beurteilung der Ergebnisse (Abb. 1) [70].

Abb. 1
figure 1

Qualitätsmerkmale von Messverfahren [70]

Posttraumatische Fehlstellungen sind überwiegend mehrdimensional. Deshalb müssen sowohl die Länge als auch die Achse als auch die Torsion des deformierten Beinsegments vollständig analysiert werden. Berücksichtigt werden sollte dabei immer, dass auf dem Röntgenbild ein dreidimensionaler Knochen auf einer Ebene mit Projektionsfehlern abgebildet wird. Die tatsächliche Deformität ist meist erheblich größer als in den Einzelprojektionen [28]. Aufgrund der Symmetrie der Beine kann zur Beurteilung einer Fehlstellung die gesunde Gegenseite herangezogen werden. Ist diese ebenfalls verletzt, muss auf Normwerte zurückgegriffen werden [44].

Im nachfolgenden Beitrag soll ein Überblick über die derzeitigen Methoden zur Bestimmung der Beingeometrie und deren Wertigkeit gegeben werden.

Längenmessungen

Im Bereich der unteren Extremitäten werden funktionelle und anatomische Längendifferenzen unterschieden [56]. Letztere sind wahre oder strukturelle Differenzen, welche durch knöcherne Verlängerungen oder Verkürzungen entstehen. Die Ursache von funktionellen Differenzen können Gelenkinstabilitäten oder -kontrakturen, Achsenabweichungen und Fehlstellungen vom Becken bis zum Fuß sein [4]. Die Schwierigkeiten bei der Beinlängenbestimmung haben mit dazu beigetragen, dass zahlreiche verschiedene Beinlängentypen definiert wurden, welche beim Vergleich der Methoden berücksichtigt werden müssen (Abb. 2) [16].

Abb. 2
figure 2

Beinlängentypen, 1 klinische Beinlänge (Spina iliaca anterior superior–Malleolus medialis), 2 relative Beinlänge (Oberrand Hüftkopf bzw. Hüftkopfzentrum–oberer Sprunggelenkspalt), 3 anatomische Beinlänge (Trochanterspitze–Malleolus medialis), 4 absolute Beinlänge (Oberrand Hüftkopf–Plantarfläche) [16]

Die gemessene intraindividuelle Seitendifferenz setzt sich aus der Reproduzierbarkeit der Messmethode und der tatsächlichen Seitendifferenz zusammen. Goldstandard zur Bestimmung der Längen im Bereich der unteren Extremitäten ist die Computertomographie. Die doppelten Standardabweichungen (2SD) der damit ermittelten physiologischen intraindividuellen Längendifferenzen der Oberschenkel betragen 9 mm, der Unterschenkel 8 mm und der Beine 11 mm. Deshalb wird eine intraindividuelle Differenz ≥15 mm (3SD) als pathologisch betrachtet [7, 83].

Prinzipiell werden direkte von indirekten Messmethoden unterschieden.

Brettchenmethode

Es handelt es sich um eine indirekte Messmethode zur Bestimmung der absoluten Beinlängendifferenz. Es werden Brettchen (etwa 15 cm×25 cm) unterschiedlicher Stärken (0,5 cm, 1,0 cm, 2,0 cm, 3,0 cm und 5,0 cm) entsprechend der vermuteten Beinlängendifferenz unter das kürzere Bein gelegt, bis sich die Gesäßfalten horizontal einstellen und ein Beckengeradstand erreicht ist. Zusätzlich kann mit der Rumpfbeugung der Beinlängenausgleich indirekt über eine symmetrische Rückenwölbung überprüft werden (Abb. 3). Dabei muss jedoch eine fixierte Skoliose oder Seitkrümmung der Wirbelsäule ausgeschlossen sein.

Abb. 3 a,b
figure 3

Asymmetrie der Rückenkonturen bedingt durch Beckenschiefstand, deutlicheres Hervortreten bei Rumpfbeuge; c,d Gesäßfalten beim Gesunden als sehr empfindliche anatomische Landmarke zur Beurteilung der Beinlängendifferenz, Längendifferenz von 1 cm bereits deutlich sichtbar (Pfeil)

Literaturdaten

In der Studie von Clark [13] wurde die Beinlängendifferenz radiologisch und mit der Brettchenmethode bestimmt. Bei den 21 Patienten mit einer Seitendifferenz von mehr als 10 mm wurde bei ausschließlicher Beurteilung der Beckenkämme die Differenz mit einem Fehler <5 mm nur bei 9 Patienten richtig diagnostiziert. Einen möglichen Fehler von bis zu 15 mm publizierten Lampe et al. [53] in ihrer Vergleichsstudie zwischen Beckenkammpalpation und Röntgenaufnahme. Hanada et al. [30] bestimmten bei 34 Patienten mit radiologisch nachgewiesenen Beinlängendifferenzen zwischen 7 mm und 53 mm den Intraclass-Korrelationskoeffizienten (ICC) bei Wiederholungsmessungen. Der ICC der Wiederholbarkeit von einem Untersucher betrug 0,98 mit einer mittleren Differenz von 1,6±2,5 mm (SD), der ICC der Vergleichbarkeit zwischen 2 Untersuchern 0,91 mit einer mittleren Differenz von 1,0±5,9 mm (SD). Bei 2 Wiederholungsmessungen konnten Middleton-Duff et al. [58] in ihrem Probendenkollektiv von 25 Patienten gleiche Mittelwerte und Standardabweichungen nachweisen. In der Studie von Harris et al. [32] wurde die Brettchenmethode mit der computertomographischen Längenmessung bei 29 Patienten nach ausgeheilter Oberschenkelschaftfraktur verglichen. Dabei beurteilten die Patienten selbst die Beinlängendifferenz. Unter Nichtberücksichtigung einer Fehlmessung betrug das 95%-Konfidenzintervall (95%-CI) der Differenzen nach der Methode von Bland u. Altman [5] 18 mm bis +20 mm. In einer eigenen Studie wurde der Unterschied zwischen der computertomographischen relativen Beinlängendifferenzmessung und der Brettchenmethode unter Berücksichtigung der Gesäßfalten und der Rückenkontur gemessen. Bei 38 Patienten betrug die maximale Abweichung 15 mm, bei lediglich 3 Patienten war die Differenz >10 mm [71].

Beckenwaage (PALM)

Bei dieser indirekten Methode wird mit Hilfe einer Wasserwaage mit beweglichen Bügeln die horizontale Einstellung der Beckenkämme überprüft. Somit handelt es sich bei der PALM-Methode („palpation meter“) um eine modifizierte Beckenwaage, welche den Abstand und die Neigung der Beckenkämme misst. Mit Hilfe einer Tabelle kann die Beinlängendifferenz direkt abgelesen werden (Abb. 4) [20].

Abb. 4
figure 4

PALM-Methode, 2 bewegliche Arme zur Bestimmung des Abstands und der Neigung der Beckenkämme, Beinlängendifferenz direkt an Skala ablesbar

Literaturdaten

In der Studie von Petrone et al. [65] betrug der ICC der Beinlängendifferenzen zwischen Röntgenaufnahme als Referenz und PALM zwischen 0,76 und 0,78. Die Intraobservervariation des ICC betrug in der Studie von Gross et al. [25] 0,84 mit einer mittleren Differenz von 2,9±5,2 mm (SD). Erwartungsgemäß war die Interobservervariation des ICC mit 0,77 etwas geringer, die mittlere Differenz betrug 4,9±4,6 mm (SD). In der Literatur beträgt die Intraobservervariation des ICC zwischen 0,84 und 0,96 und die Interobservervariation des ICC zwischen 0,65 und 0,95 [15, 29]. In den vorliegenden Studien war die Anzahl der Probanden jedoch immer kleiner als 25.

Maßbandmethode

Bei der Bestimmung der Beinlängendifferenz mit dem Maßband handelt es sich um eine direkte Messmethode, bei welcher in der Vergangenheit zahlreiche knöcherne Konturen an Thorax, Becken und Bein verwendet wurden. Nach den Richtlinien der DGOT und SICOT ist die klinische Beinlänge definiert als die Strecke zwischen Spina iliaca anterior superior und Umschlagkante des Malleolus medialis [16]. Wie anatomische Studien an Leichenpräparaten ergaben, beträgt die einfache Standardabweichung von 5 Wiederholungsmessungen bei Verwendung dieser anatomischen Landmarken 5,6 mm [50].

Literaturdaten

Friberg et al. [24] verglichen die klinische Beinlängendifferenzmessung mit der Röntgenganzbeinaufnahme. Bei 2 Wiederholungsmessungen innerhalb von 3 Monaten traten Messfehler von bis zu 20 mm auf. Middleton-Duff et al. [58] bestimmten die Wiederholbarkeit der klinischen Beinlänge mit dem Maßband bei 25 Probanden. Dabei lag die einfache Standardabweichung der Seitendifferenzen zwischen 5 mm und 9 mm [58]. In der Studie von Woermann u. Binder-Macleod [93] war die Differenz zwischen Maßbandmethode und Röntgenbild 7,3±10,1 mm (SD). In der Studie von Hoyle et al. [33] betrug der ICC zwischen 2 Untersuchern zwar 0,98, der maximale Unterschied zwischen den Messungen jedoch bis zu 28 mm.

Ursachen der geringen Reproduzierbarkeit dieser Messmethode sind eine schwer zu palpierende Spina iliaca anterior superior, eine Asymmetrie der Spinae, welche eine Beinlängendifferenz maskieren oder verstärken kann, oder eine schwer zu palpierende Umschlagkante des Malleolus medialis [93]. Harris et al. [32] verglichen die computertomographische Bestimmung der Beinlängendifferenzen mit der Maßbandmethode. Gemessen wurde von der Spina iliaca anterior superior bis zum Malleolus medialis. Das 95%-CI der Differenzen zwischen den Methoden betrug −18 mm–+13 mm.

Konventionelle Röntgenuntersuchung

Die Tele- und die Orthoröntgenographie sind 2 verschiedene konventionelle Röntgenmethoden zur Bestimmung der relativen Beinlängendifferenz. Voraussetzung für eine genaue Messung ist immer eine richtige Positionierung des Patienten vor dem Röntgenfilm.

Teleröntgenographie

Sie, die gewöhnliche Röntgenganzbeinaufnahme, wird am stehenden Patienten durchgeführt. Dabei sollte der Film-Fokus-Abstand etwa 2,5–3,0 m betragen und der Zentralstrahl genau auf das a.-p. ausgerichtete Kniegelenk eingestellt werden. In der klinischen Routine werden häufig beide Füße zwischen 10° und 15° nach außen gedreht, in der Annahme, dass das Kniegelenk dann a.-p. ausgerichtet ist. Aufgrund der physiologischen Schwankung der Unterschenkeltorsion zwischen 20° und 50° ist diese Technik falsch [83]. Der Intermalleolarabstand sollte zwischen 15 cm und 20 cm betragen. Damit werden eine annähernd senkrechte Ausrichtung und gleiche Belastung der Beine erreicht (Abb. 5) [21].

Abb. 5
figure 5

Reduktion der Projektionsfehler bei Ganzbeinaufnahme durch Einhaltung eines Abstands zwischen Röntgenfilm und Röntgenröhre von 2,5–3,0 m und Einstellung des Zentralstrahls auf Höhe der Kniegelenkebene bei exakt a.-p. ausgerichtetem Kniegelenk und Intermalleolarabstand von 15–20 cm

Auf der Filmkassette wird ein röntgentransparentes Lineal oder Raster zur Ermittlung des Verzerrungs- und Vergrößerungsfaktors von etwa 6% angebracht. Ungenauigkeiten bei der Längenmessung entstehen v. a. durch Kontrakturen im Bereich des Hüft-, Knie- oder Sprunggelenks. Eine Unterscheidung zwischen anatomischer und funktioneller Beinlängendifferenz ist nicht möglich [79].

Orthoröntgenographie

Es werden einzelne Röntgenaufnahmen von Hüft-, Knie- und Sprunggelenk des stehenden oder liegenden Patienten auf einen langen Röntgenfilm projiziert. Dadurch werden der Vergrößerungs- und der Verzerrungsfaktor reduziert. Mit Hilfe eines Rasters oder eines Lineals auf der Röntgenkassette kann dann die Beinlängendifferenz bestimmt werden. Mit der Einführung der digitalen Röntgenbilder wird diese Methode zunehmend angewendet, da für die digitalen Aufnahmen keine langen Kassetten vorhanden sind. Die Röntgenbilder von der Hüft-, Knie- und Sprunggelenkregion werden anschließend mit einer Software zu einer Ganzbeinaufnahme zusammengesetzt. Nachteile dieser Methode sind wie bei der Teleröntgenographie Messfehler bei Gelenkkontrakturen sowie nicht beabsichtigte Bewegungen zwischen den Röntgenaufnahmen [79].

Literaturdaten

Die maximale Abweichung der Richtigkeit dieser Röntgenuntersuchungen wurde in einer Phantomstudie von Clark [13] mit ±3 mm angegeben. Aaron et al. [1] konnten in einer Kadaverstudie keinen signifikanten Unterschied bei der Bestimmung der relativen Beinlänge zwischen Orthoradiographie und direkter Messung am Präparat nachweisen. Die Wiederholbarkeit der radiologischen Beinlängenmessung beträgt ±2 mm (SD) [24, 54].

Der wesentliche Vorteil der Röntgenganzbeinaufnahmen bestehen darin, dass zusätzlich zur Beinlänge die Neigung der Kniebasislinie und frontale Deformitäten analysiert werden können [79]. Ist die Bestimmung der absoluten Beinlängendifferenz das Ziel der radiologischen Untersuchung, kann aus einer Beckenübersichtsaufnahme im Stehen mit gleichzeitig abgebildetem Lot und Kalibrierungskugel anhand der Hüftkopfzentren die Längendifferenz bestimmt werden (Abb. 6) [23].

Abb. 6
figure 6

Radiologische Bestimmung der absoluten Beinlängendifferenz mit Beckenübersichtsaufnahme im Stehen mit Abbildung einer Kalibrierungskugel und eines Lots

Computertomographische Beinlängenmessung

Sie erfolgt am liegenden Patienten ohne Belastung. Bei der Methode nach Waidelich et al. [90] werden die relative, bei der Methode von Carey et al. [12] die absolute Beinlänge bestimmt. Die Genauigkeit der Computertomographie hängt von der Schichtdicke bzw. dem Schichtabstand ab. Am Modell beträgt der maximale Fehler der Richtigkeit ±2 mm [12]. In der Studie von Aaron et al. [1] war die Standardabweichung der Richtigkeit bei 5 Wiederholungsmessungen 0,8 mm. Dagegen war die Standardabweichung der Vergleichbarkeit der Wiederholungsmessungen am Patienten wesentlich größer. In der Studie von Pfeifer et al. [66] wurde bei 40 Patienten die intraindividuelle Seitendifferenz der Ober- und Unterschenkel zu 2 unterschiedlichen Zeitpunkten bestimmt. Die mittleren Abweichungen der intraindividuellen Seitendifferenz der Ober- bzw. Unterschenkel betrugen 0,4±3,5 mm (SD) und −0,1±2,4 mm (SD) und die mittlere absolute Abweichung der Ober- bzw. Unterschenkellängendifferenz 2,1±2,7 mm (SD) und 1,6±1,8 mm (SD).

Sonographische Beinlängenmessung

Es haben sich 3 verschiedene Methoden etabliert.

Methode von Konermann et al. [49]

Der Schallkopf wird mit einer mechanischen Messapparatur verbunden. Dadurch kann der Abstand zwischen definierten sonographisch anatomischen Konturen bestimmt werden. Die Richtigkeitsmessung am Plexiglasstab ergab eine Standardabweichung von 0,8 mm mit einer maximalen Abweichung von 2 mm. Dies entspricht der lateralen Auflösung eines 5-MHz-Ultraschallkopfs. An 6 Leichenpräparaten waren die mittlere Abweichung 2 mm und die maximale 6 mm. Bei der Messung am Probanden zeigte sich bei der Intraobserveranalyse eine mittlere Abweichung von 2 mm bei einer maximalen Abweichung von 7 mm. In 89% der Fälle war bei der Interobserveranalyse der Unterschied <6 mm.

Methode von Krettek et al. [50]

Es handelt sich um eine modifizierten Konermann-Methode, bei welcher der Ultraschallkopf mit einem elektronischen Seilzugwegaufnehmer verbunden wurde. Dadurch wurde eine flexible, aber konstante Kopplung zwischen der abgebildeten anatomischen Struktur und dem hochpräzisen elektronischen Längenmessstab hergestellt. Die anatomischen Landmarken, ventraler Rand des Azetabulums und oberer Sprunggelenkspalt von ventral, sind dabei die gleichen wie bei der Methode von Konermann et al. [49]. Am anatomischen Präparat betrug die Richtigkeit dieser Methode −1,2±2,9 mm (SD), die Standardabweichung bei Wiederholungsmessungen 3,4 mm. Als am wenigsten reproduzierbar stellte sich in dieser Arbeit der ventrale Azetabulumrand als anatomische Landmarke heraus. Je nach Einstellung des Schallkopfs kann sich hier die Beinlänge um bis zu 10 mm ändern [50].

Methode von Keppler et al. [45]

Im Jahre 1999 publizierten Keppler et al. [45] die erste navigierte sonographische Messung der gesamten Beingeometrie. Die Verbindung des Schallkopfs mit der Messeinheit erfolgt hierbei mit einem Navigationssystem. Dadurch wird eine räumliche Vermessung von beliebigen anatomischen Landmarken am Patienten ermöglicht. Bei dieser Methode werden das Hüftkopf- und das Sprunggelenkzentrum durch 2 senkrecht zueinander stehende sonographische Schnittebenen ermittelt. Dadurch beträgt die Standardabweichung der Interobservervariation nur 1,6 mm. Ein signifikanter Unterschied zur computertomographischen Beinlängenmessung konnte bei 50 Patienten nicht nachgewiesen werden, die maximale Abweichung der intraindividuellen Differenz betrug 7 mm (Abb. 7) [45].

Abb. 7
figure 7

Ultraschallnavigationssystem (ZEBRIS® CMS 70–4) zur Bestimmung der Beingeometrie

Messung der Beinachse

Es werden die mechanische und die anatomische Beinachse unterschieden. Erstere verläuft durch das Hüft-, Knie- und Sprunggelenkzentrum und wird auch als der mechanische femorotibiale Winkel (mFTW) bezeichnet. Er wird von medial gemessen und beträgt im Normalkollektiv 179±6° (2SD).

Die anatomische Beinachse – oder der anatomische femorotibiale Winkel – ist der Schnittpunkt zwischen der nach proximal verlängerten Tibiaschaftachse und der Femurschaftachse. Sie schneiden sich nicht im Kniegelenkzentrum, sondern im Bereich der distalen Femurmetaphyse. Dieser Winkel wird von lateral gemessen und beträgt im Normalkollektiv 173±6° (2SD) [63].

Klinische Untersuchung

Aufgrund des individuell ausgeprägten Weichteilmantels ist es unmöglich, mit dem Goniometer die anatomische Beinachse zu bestimmen. Nur bei normal ausgebildeter Muskulatur und Subkutangewebe kann die Beinachse klinisch am stehenden Patienten beurteilt werden [44]. Bei einer mechanischen Beinachse von 180° berühren sich bei Kontakt der Innenknöchel und a.-p. ausgerichteten Kniegelenken die medialen Femurkondylen gerade eben. Bei Kindern sind die interkondyläre bzw. die intermalleoläre Distanz ein geeignetes Maß, um die physiologische Entwicklung der Beinachse vom Genu varum zum Genu valgum zu kontrollieren [62]. Bei Beugekontrakturen im Bereich des Hüft- oder Kniegelenks ist eine Bestimmung der mechanischen Beinachse nicht möglich. Ein instabiler Kniebandapparat kann eine funktionelle Deformität im Valgus- oder Varussinn vortäuschen. Des Weiteren täuschen ein Genu antecurvatum oder eine Innentorsion des Beins eine anatomische X-Bein-Stellung vor, umgekehrt wird eine O-Bein-Stellung durch ein Genu recurvatum oder eine Außentorsion des Beins simuliert [84].

Röntgenuntersuchung

Eine exaktere Bestimmung der Achse des Beins ist durch den Einsatz der Tele- und der Orthoröntgenographie möglich. Hier stehen v. a. die Bestimmungen der Achsen- und Gelenkwinkel im Bereich des Ober- und Unterschenkels im Vordergrund. Zur Beschreibung von Winkelabweichungen hat sich die Nomenklatur von Paley et al. [64] durchgesetzt (Abb. 8). Voraussetzung bei der Bestimmung der korrekten Winkel ist immer ein a.-p. ausgerichtetes Kniegelenk. Ein sehr guter Kontrollparameter ist dabei das Fibulaköpfchen. Es wird in dieser Stellung um etwa 1/3 vom lateralen Anteil des Schienbeinkopfs verdeckt [44].

Abb. 8
figure 8

Nomenklatur und Normwerte der Achsen- und Gelenkwinkel der unteren Extremität nach Paley et al. [64], modifiziert nach Keppler [40]

Der Verlauf der mechanischen und anatomischen Beinachse ist bei der konventionellen Röntgenuntersuchung von der Beugung und der Außen- bzw. Innenrotation des Kniegelenks abhängig. Dabei korreliert der Messfehler mit der Größe der Varus- bzw. Valgusabweichung, je größer die Achsenabweichung, desto größer der Messfehler. Allgemein gilt, eine Innenrotation führt zu einer Valgus-, eine Außenrotation zu einer Varusabweichung [85]. Wie Messungen am Phantom zeigten, nimmt die auf den Röntgenfilm projizierte anatomische Beinachse von 173° bei einer Beugung des Kniegelenks von 10° um 1° ab, d. h. es kommt zu einer Deformierung im Valgussinn. Durch eine zusätzliche Innenrotation des Kniegelenks von 15° nimmt diese scheinbare Deformierung um ein weiteres Grad zu. Umgekehrt verhält es sich bei einer relativen Außenrotation des Kniegelenks bei normaler anatomischer Beinachse. Eine Außenrotation von 15° bewirkt eine virtuelle Deformierung im Varussinn von 1°, bei zusätzlicher Beugung des Kniegelenks von 10° um insgesamt 2° [55].

Literaturdaten

Thornberry [88] führte eine Spiral-CT und eine Teleröntgenographie zur Bestimmung der mechanischen Beinachse bei 78 Patienten durch und fand Differenzen von bis zu 4,5°. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass es sich bei der CT-Messung um eine unbelastete und bei der Teleröntgenographie um eine Messung unter Belastung handelt. Wie die Studie von Brouwer et al. [9] ergab, nimmt die Varusabweichung bei der Bestimmung der mechanischen Beinachse im Stehen durch die Belastung im Vergleich zum Liegen um durchschnittlich 2° zu. Beim Vergleich der Bestimmung der mechanischen Beinachse mit dem PACS-System und der manuellen Auswertung mit dem Goniometer betrug in der Studie von Sailer et al. [74] die mittlere Abweichung bei Varusdeformitäten 1,1° und bei Valgusdeformitäten 0,7° mit einer maximalen Abweichung von je 2°. In der Studie von Prakash et al. [67] wurde der aFTW auf Röntgenbildern von 35 cm×43 cm bestimmt. Die Standardabweichung der Intra- und Interobservervariation betrug je 2°.

Intraoperative Messungen

Eine Möglichkeit der intraoperativen Kontrolle der mechanischen Beinachse ist die so genannte Kabelmethode. Dabei wird das Kabel des Elektrokauters mit Hilfe des Bildwandlers genau über dem Zentrum des Hüftgelenkkopfs und der Mitte des oberen Sprunggelenkspalts ausgerichtet. Am a.-p. ausgerichteten Kniegelenk kann dann mit dem Bildwandler der Abstand zwischen Kniegelenkzentrum und Verlauf der mechanischen Beinachse bestimmt werden. Eine mögliche Fehlerquelle ist ein Abweichen des Kabels bei nicht ganz gestrecktem Kniegelenk oder durch die Weichteile [51].

Am genauesten kann heute intraoperativ die mechanische Beinachse mit Hilfe der Navigation bestimmt werden. Am häufigsten kommt sie bei der Implantation von Knieoberflächenprothesen und bei Korrekturosteotomien zum Einsatz [46, 48].

Bestimmung der Torsionswinkel

In der Literatur werden die Begriffe Rotation und Torsion oft synonym verwendet. Unter einer Torsion des Knochens versteht man die Verdrehung um seine Längsachse. Es handelt sich dabei um einen statischen Zustand, wie er z. B. nach knöchern konsolidierten Frakturen auftreten kann. Unter Rotation dagegen versteht man eine Drehbewegung um ein Rotationszentrum, wie sie z. B. im Hüftgelenk möglich ist [80]. Die Rotation ist im Vergleich zur Torsion kein statischer Zustand, sondern ein dynamischer Vorgang.

Klinische Untersuchung

Oberschenkel

Bei der Bestimmung der Oberschenkeltorsion werden 2 Untersuchungstechniken unterschieden. Die erste Methode wurde erstmals von Netter 1940 publiziert [61]. Sie basiert auf der Palpation der lateralen Prominenz des Trochanter major bei horizontal eingestelltem Schenkelhals. Der Unterschenkel dient dabei als Zeiger für die Winkelmessung zwischen Schaftachse und Vertikaler.

Ruwe et al. [73] führten diese Methode präoperativ und intraoperativ vor geplanter Korrekturosteotomie bei normalgewichtigen Kindern durch. Dabei wurde intraoperativ in den Schenkelhals unter Bildwandlerkontrolle zentral ein Führungsdraht eingebracht. Der Winkel zwischen diesem Draht und der Unterschenkelachse in der Frontalebene wurde mit einem sterilen Winkelmesser gemessen und mit dem präoperativen Wert verglichen. Bei 59 Winkelmessungen lagen 95% der Differenzen zwischen prä- und intraoperativen Winkeln zwischen –12° und +10° bei einer mittleren absoluten Abweichung von 4° und einem Korrelationskoeffizienten von 0,89. Der mittlere Inter- und Intraobserverfehler wurde von Ruwe et al. [73] auf 5° geschätzt. In einer prospektiven Studie wurde von Günther et al. [27] die Reproduzierbarkeit überprüft. Dabei wichen die Mittelwerte der Messungen zwischen 2 Untersuchern und zwischen dem gleichen Untersucher signifikant voneinander ab. Der Korrelationskoeffizient betrug beim gleichen Untersucher 0,77 und zwischen 2 Untersuchern nur 0,44. Die absoluten Abweichungen wurden in dieser Studie nicht angegeben.

Bei der zweiten Methode zur klinischen Bestimmung der Torsionswinkeldifferenzen wird über den Rotationsumfang bei 90° gebeugtem Hüftgelenk auf die Torsion der Oberschenkel im Seitenvergleich geschlossen. Braten et al. [8] konnten zwar eine positive Korrelation zwischen Antetorsion und Innenrotation sowie eine negative Korrelation zwischen Antetorsion und Außenrotation im Hüftgelenk nachweisen, es bestand jedoch keine Korrelation zwischen einem pathologischen Antetorsionswinkel und den Bewegungsumfängen. Franzreb et al. [22] verglichen in einer prospektiven Studie die klinische Bestimmung der intraindividuellen Torsionswinkeldifferenzen über den Bewegungsumfang bei 90° gebeugtem Hüftgelenk mit der Computertomographie nach Waidelich et al. [90]. Bei 26 der 34 Patienten betrug die Differenz bis zu 15°. In einem größeren Kollektiv von 127 Oberschenkelpaaren wurde bei 79% eine Differenz von ≤15° bestimmt. Die 95. Perzentile der Differenzen lag bei 21° bei einer maximalen Abweichung von 35° [71].

Unterschenkel

Bei der klinischen Bestimmung der Unterschenkeltorsion gibt es ebenfalls 2 Methoden. Bei der ersten Technik werden die passive Außen- und Innenrotation des Unterschenkels bei 90° gebeugtem Kniegelenk gemessen und mit der Gegenseite verglichen [80]. Eine einfachere und schnellere Methode ist die Beurteilung der spontanen Einstellung der Füße bei Neutral-0-Stellung im oberen Sprunggelenk und 90° gebeugten Kniegelenken in Bauchlage oder intraoperativ am hängenden Unterschenkel (Abb. 9) [44]. Gemessen wird dabei der Winkel zwischen Oberschenkel- und Fußachse.

Abb. 9
figure 9

Klinische Beurteilung der Unterschenkeltorsion am auf dem Bauch liegenden Patienten, Messung des Winkels zwischen Oberschenkel- und Fußachse bei Neutral-0-Stellung des oberen Sprunggelenks

Bei dem Vergleich zwischen computertomographischer Bestimmung der Unterschenkeltosionswinkeldifferenzen und der klinischen Untersuchung ist in 90–95% die Differenz ≤15° [22, 71]. Zur Reproduzierbarkeit der klinischen Bestimmung der Unterschenkeltorsion wurden in der Studie von Staheli u. Engel [77] Differenzen von <±5° angegeben. In der Studie von Stulberg [84] betrug die maximale Abweichung zwischen klinischer und computertomographischer Torsionswinkelmessung 6°.

Röntgenuntersuchung

Die Bestimmung der Antetorsion mit konventionellen Röntgenbildern nach der Methode von Rippstein [72] sollte heute wegen der nachgewiesenen Ungenauigkeit und sehr hohen Gonadendosis nicht mehr durchgeführt werden [92]. Durch die intraoperative radiologische Kontrolle der Prominenz des Trochanter minor mit dem Bildwandler in Abhängigkeit von der Rotation im Hüftgelenk bei a.-p. ausgerichtetem Kniegelenk können theoretisch größere Torsionswinkelabweichungen vermieden werden. Zahlen über die Richtigkeit und Präzision dieser Methode sind bisher nicht publiziert [51].

Clementz u. Magnusson [14] veröffentlichten 1989 eine radiologische Methode zur Bestimmung der Unterschenkeltorsion mit dem Bildwandler. Anatomische Landmarken sind die Femurkondylen von lateral sowie der Innenknöchel von anterior. Die Richtigkeit der Methode wurde an 10 Leichenpräparaten überprüft. Dabei betrug die mittlere Abweichung 1,0±1,68° (2SD), die mittlere absolute Abweichung 1,2° mit einer maximalen Abweichung von 2,0°. Die 95%-CI der oberen und unteren Grenzen\( {\left( {\overline{x} \pm 2SD} \right)} \)betrugen 1,67–3,76° und 0,39–−1,7°, die maximale Spanne zwischen diesen Grenzen 5,1°.

Bei 2 Wiederholungsmessungen an 10 Leichenpräparaten zur Überprüfung der Vergleichbarkeit der radiologischen Methode waren die mittlere Abweichung 0,16±1,96° (2SD), die mittlere absolute Abweichung 0,82° mit einer maximalen Abweichung von 1,7°. Die 95%-CI der oberen und unteren Grenzen\( {\left( {\overline{x} \pm 2SD} \right)} \)lagen bei 0,59–3,02° und −3,10−3,34°, die maximale Spanne zwischen diesen Grenzen bei 6,1°.

Computertomographie

Oberschenkel

Weiner et al. [91] publizierten 1978 die erste Arbeit über die computertomographische Bestimmung der Antetorsion. Dabei wurden mit Hilfe von computertomographischen Schnitten durch den Schenkelhals und die Femurkondylen die Schenkelhals- und die Epikondylenachse bestimmt. Diese Achsen werden wie bei allen nachfolgenden CT-Methoden auf die Transversalebene projiziert. Somit wird mit der Computertomographie nicht der absolute, sondern der projizierte Antetorsionswinkel gemessen, welcher vom realen Antetorsionswinkel und vom CCD-Winkel abhängig ist. Die Reproduzierbarkeit der Bestimmung der Schenkelhalsachse auf nur einer Schnittebene ist ein wesentlicher Schwachpunkt dieser Methode. So weicht diese Achse bei Wiederholungsmessungen in 95% um ±7° ab, wie Jaarsma et al. [34] in einer Studie mit 74 Patienten belegen konnten. Die Epikondylenachse zeigt ebenfalls eine 5-mal geringe Reproduzierbarkeit im Vergleich zur posterioren Kondylentangente [60].

Grote et al. [26] definierten deshalb die Schenkelhalsachse durch die Hüftkopfmitte und einen weiteren Schnitt subtrochantär. Sie berücksichtigten außerdem die Lage der Schaftachse relativ zur Tischebene und führten durch die Bestimmung der Koordinaten von jedem Messpunkt die erste lagerungsunabhängige Berechnung der Antetorsion durch. In den nachfolgenden Jahren wurden mehrere Arbeiten publiziert, welche zur Definition der Schenkelhalsachse das Hüftkopfzentrum und einen zusätzlichen Schnitt im Bereich des Schenkelhalses bzw. der Trochanterregion verwendeten. Die Reproduzierbarkeit der Antetorsionswinkelmessung an Kadavermodellen unter paralleler Ausrichtung der Schaftachse zur Tischebene lag dabei zwischen 1,2° und 3,2° [36, 57, 60].

Bei der Methode von Waidelich et al. [90] wird die Schenkelhalsachse durch das Hüftkopfzentrum und den durch eine einhüllende Ellipse grafisch approximierten Flächenmittelpunkt des Trochanter major festgelegt (Abb. 10). Als distale Achse wird die dorsale Kondylentangente gewählt [90]. Die intraindividuelle Seitendifferenz dieser Methode zeigte eine hohe Reproduzierbarkeit. In einem Kollektiv von 34 Patienten betrug die mittlere absolute Abweichung 1,7° bei einer maximalen Abweichung von 4° [66].

Abb. 10
figure 10

Computertomographische Bestimmung des Antetorsionswinkel nach der Methode von Waidelich et al. [90]. Die proximale Femurachse wird durch das Hüftkopfzentrum und den durch eine einhüllende Ellipse grafisch approximierten Flächenmittelpunkt des Trochanter major festgelegt. Als distale Femurachse wird die Kondylenhinterkantentangente gewählt

Die Antetorsionswinkel der Methode nach Waidelich et al. [90] liegen in einem Normalkollektiv bei 23,47±8,85° (SD), die intraindividuelle Seitendifferenz zwischen 11° (95%-Perzentile) und 14,8° (99%-Perzentile) [81]. Bei Kindern und Jugendlichen liegen die physiologischen intraindividuellen Antetorsionswinkeldifferenzen in derselben Größenordnung wie bei Erwachsenen [42].

Unterschenkel

Analog wie bei der Oberschenkeltorsion wurden bei der Bestimmung der Unterschenkeltorsion unterschiedliche Achsen im Bereich der proximalen und distalen Tibia definiert. Elgeti et al. [17] publizierten 1980 die erste Arbeit über die computertomographische Bestimmung der Unterschenkeltorsion. In dieser wird der Winkel zwischen der dorsalen proximalen Tibiakondylentangente und der Achse, welche durch die Mitte des Innen- und Außenknöchels verläuft, projiziert auf die Transveralsebene bestimmt. Bei 25 normalen Tibiae lag der Mittelwert des Torsionswinkels bei 28,8±13,4° (2SD). Die Richtigkeit dieser Methode betrug am Kadavermodell ±1° [17]. Jakob et al. [35] verwendeten statt der dorsalen proximalen Tibakante den breitesten Abstand des Tibiaplateaus. Dabei betrugen der Mittelwert von 45 Kadavertibiae 30°, die Wiederholbarkeit und Vergleichbarkeit im Mittel 5°.

Wie die Studie von Jend et al. [38] zeigte, beträgt die mittlere Abweichung der proximalen und distalen Achsen zur Bestimmung der Unterschenkeltorsion zwischen 1,8° und 2,5°. Die mittlere Torsion bei 70 gesunden Unterschenkeln lag in dieser Arbeit wegen einer anderen Definition der distalen Tibiaachse bei 40±18° (2SD). In den nachfolgenden Jahren setzten sich die dorsale proximale Tibiatangente und die Achse, welche durch die Mitte des Pilons bzw. von Malleolus medialis und Malleous lateralis verläuft, zur Bestimmung der Unterschenkeltorsion durch. Die Wiederholbarkeit und Vergleichbarkeit wurden dabei mit ±1,9–2,1° (SD) und die Richtigkeit mit 2,2° angegeben [11, 69].

Waidelich et al. [90] publizierten 1992 eine Methode zur Bestimmung der Unterschenkeltorsion, bei welcher die distale Achse durch den Flächenmittelpunkt einer Ellipse in der Incisura fibularis und im Malleolus medialis verläuft. Bei der Überprüfung der Wiederholbarkeit dieser Methode betrug die mittlere absolute Abweichung der intraindividuellen Seitendifferenzen in einer Studie von 40 Patienten 1,7° mit einer maximalen Abweichung von 7° [90]. Die Normwerte für diese Methode betragen 34,03°±17,2° (2SD), die intraindividuelle Seitendifferenz 12,3° (95%-Perzentile) und 15,2° (99%-Perzentile) [83].

Magnetresonanztomographie

Sie wurde 1995 von Tomczak et al. [89] als neue Methode zur Bestimmung des femoralen Torsionswinkels bei Kindern eingeführt. Die Vorteile der magnetresonanztomographischen Antetorsionswinkelmessung sind die fehlende Strahlenbelastung und die gute Darstellung von Knorpel, was v. a. bei Kindern im Vorschulalter bedeutsam ist. Bei der Untersuchungstechnik von Tomczak et al. [89] werden die Schnittebenen genau durch den Schenkelhals und durch die Femurkondylen gelegt. Der projizierte Antetorsionswinkel wird aus der Schenkelhalsachse, welche nach der Methode von Weiner et al. [91] bestimmt wird, und der dorsalen Kondylentangente berechnet. Die Inter- und Intraobservervariabilität wurden mit einem Korrelationsfaktor zwischen 0,96 und 0,99 angegeben.

Schneider et al. [76] publizierten eine magnetresonanztomographische Bestimmung der Ober- und Unterschenkeltorsion, bei welcher dieselben Schnittebenen wie bei der computertomographischen Bestimmung im Bereich des distalen Femurs und der Tibia verwendet werden. Die Antetorsion des Schenkelhalses wird durch eine in Richtung desselben verlaufende Schnittebene bestimmt.

Ultraschalluntersuchung

Moulton u. Upadhyay [59] veröffentlichten 1982 nach ausführlichen anatomischen Studien eine neue sonographische Torsionswinkelmessung am Oberschenkel. Zur Bestimmung der Antetorsion wurden von ventral der Hüftkopf und die Trochanterregion dargestellt. Als Referenzlinie diente die ebenfalls von ventral sonographisch dargestellte Femurkondylenlinie. Zarate et al. [94] modifizierten diese Methode und verwendeten zur Bestimmung der Oberschenkeltorsion distal den dorsalen kondylären Transversalschnitt. Die Standardabweichung der Richtigkeit der sonographischen Bestimmung betrug in der Studie von Harland et al. [31] an 14 Leichenfemura 1,62°. Aufgrund der besseren Reproduzierbarkeit setzte sich der sonographische ventrale Trochanterschnitt zur Torsionswinkelbestimmung am Oberschenkel durch [87].

Im Jahr 1995 wurde erstmals von Keppler et al. [41] eine sonographische Methode publiziert, mit welcher die Oberschenkeltorsion mit einem Ultraschallgerät in Kombination mit einem Ultraschallnavigationssystem bestimmt werden konnte. Prasad et al. [68] beschrieben 2003 eine sonographische Methode zur Bestimmung der Antetorsion bei Säuglingen. Sie verwendeten zur Torsionswinkelbestimmung ebenfalls den ventralen Trochanterschnitt und führten den Begriff der ventralen Antetorsion ein.

Die sonographische Messung der Tibiatorsion wurde erstmals von Joseph et al. [39] 1987 publiziert. Als Referenzlinien zur Torsionswinkelmessung dienen an der proximalen und distalen Tibia die gelenkflächennahen posterioren Knochenkonturen. Die von Keppler et al. [45] entwickelte Ultraschallmethode unterscheidet sich hiervon insofern, dass zur Torsionswinkelbestimmung des Unterschenkels die dorsalen proximalen Tibiakonturen und die ventralen Konturen des Talus verwendet werden. Gemessen wird somit die tibiofibulare Unterschenkeltorsion (Abb. 7).

Die mittleren Abweichungen der intraindividuellen Torsionswinkeldifferenzen zwischen Computertomographie und Sonographie betragen bei der navigierten Ultraschalluntersuchung am Oberschenkel −0,7±3,2° \( {\left( {\overline{x} \pm 2SD} \right)} \) und am Unterschenkel −0,9±5,3° \( {\left( {\overline{x} \pm 2SD} \right)} \) [45].

Diskussion

Die Kenntnis der Genauigkeit der Messmethoden ist eine Grundvoraussetzung einer gezielten und effektiven Diagnostik bei der Bestimmung der Beingeometrie.

Beinlänge

Bei der klinischen Bestimmung der Beinlängendifferenzen ist die Brettchenmethode am genauesten. Besonders groß ist dabei die Wiederholbarkeit bei der Bestimmung der intraindividuellen Beinlängendifferenz [58]. Dabei sollten möglichst mehrere anatomische Landmarken zur Beurteilung des Beckengeradstands herangezogen werden:

  • die Beckenkämme,

  • die Gesäßfalten und

  • der symmetrische Rücken bei der Rumpfbeuge.

Limitiert wird diese Methode durch eine physiologische Asymmetrie des Beckens von bis zu 30% [13, 21]. Aus diesem Grund schwanken die Präzision und Richtigkeit der Brettchenmethode in der Literatur zwischen ±15 und 20 mm [25, 32, 58, 71].

Mit der PALM-Methode wird die Genauigkeit der Messungen nicht erhöht, da sie mögliche Beckenasymmetrien nicht berücksichtigen kann. Sie kann somit ihr Ziel, eine objektive millimetergenaue Messung, nicht erreichen [20]. Ein Vorteil gegenüber der Brettchenmethode ist ihre schnelle und einfache Anwendung. Die Wiederholbarkeit der Messungen ist zwar relativ hoch (ICC 0,84–0,98), die Vergleichbarkeit jedoch deutlich (ICC 0,65–0,88) geringer [29, 65]. Wie die anderen Korrelationsfaktoren ist auch der ICC vom Stichprobenumfang und der Spanne der Werte abhängig. Je größer die Variabilität der Stichprobe, desto größer der ICC [6, 70]. Ein weiterer wesentlicher Faktor, welcher die Genauigkeit der PALM-Methode beeinflussen kann, ist der Body-Mass-Index (BMI). So wurden die genannten Werte bei ausschließlich normalgewichtigen Probanden (BMI 18,5–24,9) ermittelt.

Die Bestimmung der Beinlängendifferenz mit dem Maßband nach den Richtlinien der DGOT und SICOT, wie sie heute noch in jedem Rentengutachten gefordert wird, kann aufgrund der geringen Genauigkeit und Reproduzierbarkeit nicht mehr empfohlen werden [33]. Falls sie dennoch angewendet wird, sollten mindestens 2 Messungen vom gleichen Untersucher durchgeführt und der Mittelwert zum Seitenvergleich verwendet werden [2].

Weder mit der Brettchenmethode noch mit dem Maßband kann eine funktionelle von einer anatomischen Beinlängendifferenz unterschieden werden.

Die Bestimmung der Beinlängendifferenzen ist auf den Röntgenganzbeinaufnahmen bei korrekter Einstellung möglich. Dabei betragen die Richtigkeit der Messungen ±3 mm (95%-CI) und die Standardabweichung der Wiederholbarkeit ±2 mm (95%-CI). Somit sind Messfehler bei der Bestimmung der intraindividuellen Beinlängendifferenz von bis zu 10 mm möglich [13, 24, 55]. Die Richtigkeit der konventionellen radiologischen Längenmessung unterscheidet sich nicht von der der Computertomographie, wie Aaron et al. [1] in einer Kadaverstudie nachweisen konnten.

Lediglich bei Beugekontrakturen im Kniegelenk ist die Computertomographie der Orthoradiographie überlegen. Die Wiederholbarkeit der Messungen ist bei der CT besser, da eine korrekte Lagerung beim liegenden Patienten eher gewährleistet ist. Bei der Durchführung eines Spiral-CT kann eine lagerungsunabhängige Messung durchgeführt werden. Die Strahlenbelastung ist bei einem Übersichtsscan („scout view“) zur Längenbestimmung deutlich geringer als bei der Ganzbeinaufnahme. Die Computertomographie ist deshalb heute aufgrund der großen Genauigkeit und der geringeren Strahlenbelastung der Goldstandard zur Bestimmung der relativen Beinlängen [10, 19, 90].

In der Studie von Harris et al. [32] wurde die Wertigkeit der computertomographischen Längenmessung in Frage gestellt, da keine signifikante Korrelation zwischen den Messmethoden nachgewiesen werden konnte. Unter Eliminierung eines Extremwerts von 4 cm betragen die Grenzen der tolerablen Übereinstimmung nach der Methode von Bland u. Altman [5] 0,9±7,0 mm mit einem 95%-CI von −18–+20 mm. Diese Differenzen liegen in der gleichen Größenordnung der bisher publizierten Studien [22, 71]. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass in der Studie von Harris et al. [32] die Patienten selbst den Beinlängenausgleich mit unterlegten Brettchen beurteilten.

Bisher konnte sich die sonographische Bestimmung der Beinlängendifferenzen nur in wenigen Zentren etablieren. Ihre Richtigkeit entspricht in etwa der der Computertomographie. Etwas geringer ist die Wiederholbarkeit der Messungen, welche vom Untersucher abhängig sind. Durch die Navigation wurde die Genauigkeit der so genannten 2,5D-Sonographie nochmals erhöht. Die 95. Perzentile der Differenz zwischen CT und 2,5D-Sonographie bei der Bestimmung der intraindividuellen Längendifferenzen beträgt ±6 mm [45]. Da Ultraschall mit keinerlei Strahlenbelastung oder sonstigen Schädigungen verbunden ist, sollte diese Methode v. a. bei Kindern und Jugendlichen favorisiert werden.

Beinachse

Bei ihrer klinischen Bestimmung kann nur bei optimalen Untersuchungsbedingungen (BMI 20–25) zwischen normal und nicht normal unterschieden werden. Eine Bestimmung der Beinachse mit dem Goniometer ist mit einer ausreichenden Genauigkeit nicht möglich. Der einzige aussagekräftige klinische Parameter zur Verlaufskontrolle der Entwicklung der Beinachse bei Kindern sind der Intermalleolar- und Interkondylarabstand [62].

Die Ganzbeinaufnahme ist der Goldstandard zur Bestimmung der mechanischen und anatomischen Beinachsen. Entscheidend ist dabei die richtige Aufnahmetechnik mit

  • Film-Fokus-Abstand von 2,5–3,0 m,

  • auf den Kniegelenkspalt gerichtetem Zentralstrahl,

  • genau a-.p. ausgerichtetem Kniegelenk und

  • Intermalleolarabstand von etwa 15–20 cm.

Auch bei korrekt durchgeführter Röntgenaufnahme darf die Genauigkeit der Beinachsenbestimmung nicht überschätzt werden. Der Fehler, der durch ein nicht exakt a.-p. ausgerichtetes Kniegelenk verursacht wird, ist umso größer, je stärker die Achse von 180° abweicht [85]. Deshalb sollte die mechanische (mFTW) und nicht die anatomische Beinachse (aFTW) zur Diagnostik eines Genu varum oder valgum verwendet werden. Die Inter- und Intraobservervariation beträgt ±1°, dazu kann sich ein Fehler von ±2° durch asymmetrische Belastung oder nicht ganz korrekt eingestelltem Kniegelenk ergeben, sodass der gesamte Fehler bei der Bestimmung der Beinachse auf der Röntgenganzbeinaufnahme bis zu ±3° betragen kann [67, 74, 88]. Die Reproduzierbarkeit der anatomischen Beinachse auf langen Kniegelenkaufnahme ist deutlich geringer [67]. Deshalb sollte diese Methode nicht zur Bestimmung der Beinachse verwendet werden.

Die intraoperative Bestimmung der Beinachse kann orientierend mit der Kabelmethode durchgeführt werden [51]. Weniger störungsanfällig ist die Verwendung einer röntgentransparenten Rasterplatte. Bei beiden Techniken ist die genaue a.-p. Ausrichtung des Kniegelenks entscheidend für die Genauigkeit der Methode. In Zukunft werden Navigationssysteme die Präzision der Achsenkorrekturen wie bei der Knieprothesenimplantation weiter verbessern [46].

Torsionswinkel

Klinische Bestimmung

Bei intraindividuellen Torsionswinkeldifferenzen im Bereich der Oberschenkel treten Messfehler von bis zu ±25° (95. Perzentile) auf [22, 73], wobei sich die beiden vorgestellten Untersuchungstechniken nicht wesentlich unterscheiden. Sie sind deshalb zur Diagnostik von pathologischen Torsionswinkeln nicht geeignet. Dennoch ist eine klinische Überprüfung des Rotationsumfangs bei gebeugtem und gestrecktem Hüftgelenk nicht sinnlos, da die Überprüfung des rotatorischen Nulldurchgangs eine wichtige Entscheidungshilfe zur Stellung der Operationsindikation ist [82].

Die klinische Bestimmung der Unterschenkeltorsion ist wesentlich genauer. Eine schnelle und einfache Methode ist die Messung des Winkels zwischen der Oberschenkel- und der Fußlängsachse bei 90° gebeugtem Kniegelenk. Sie wurde erstmals von King u. Staheli [47] beschrieben, wobei der maximale Fehler bei der Torsionswinkelbestimmung nur 6° betrug. Bei etwa 10% der Messungen ist die intraindividuelle Differenz im Vergleich zur Computertomographie >15° [22, 71]. Sie ist deshalb eher geeignet, eine Torsionswinkelfehlstellung zu diagnostizieren.

Röntgen

Die Bestimmung der Oberschenkeltorsion mit konventionellen Röntgentechniken ist weder prä- noch intraoperativ mit ausreichender Genauigkeit möglich. Hier könnte in Zukunft die Navigation eine intraoperative Kontrolle der Länge und Torsion ermöglichen.

Clementz u. Magnusson [14] zeigten, dass eine genaue und reproduzierbare Bestimmung der Unterschenkeltorsion mit dem Bildwandler möglich ist. Dabei beträgt der maximale Fehler lediglich etwa 5° und liegt somit in der Größenordnung einer computertomographischen Torsionswinkelbestimmung.

Computertomographie

Die Bestimmung der Antetorsion mittels CT hat sich zum Goldstandard etabliert. Um reproduzierbare Messungen zu erhalten, sind zur Konstruktion der Schenkelhalsachse 2 Schnittebenen notwendig [3, 18, 26, 36, 90]. Messungen an Kadavermodellen konnten keine Überlegenheit eines bestimmten Schnitts nachweisen, die Reproduzierbarkeit unter optimalen Lagerungsbedingungen lag bei etwa 3°. Als am besten reproduzierbar hat sich distal die dorsale Femurkondylentangente erwiesen [36, 57, 60]. Dennoch dürfen die Reproduzierbarkeit und Genauigkeit dieser Methode nicht überschätzt werden. Bedingt durch eine nicht symmetrische Lagerung können bei CCD-Winkeln von 135° Projektionsfehler bei der Bestimmung der Antetorsion von bis zu 10° auftreten [43]. Nur die Methode von Grote et al. [26] ist lagerungsunabhängig. Sie konnte sich jedoch wegen zusätzlicher mathematischer Berechnungen in der klinischen Routine nicht durchsetzen.

Jaarsma et al. [34] kamen aufgrund der geringen Reproduzierbarkeit der computertomographischen Antetorsionswinkelbestimmungen von bis zu 11° zu dem Schluss, dass diese Methode als zu ungenau eingestuft werden muss. Dabei wurde jedoch die Methode nach Weiner et al. [91] genutzt, deren Schwächen hinreichend bekannt sind und die deshalb nicht mehr angewendet werden sollte. Um die computertomographischen Ergebnisse beurteilen zu können, sind wegen der Verwendung von unterschiedlichen anatomischen Landmarken methodenspezifische Normwerte notwendig. Diese wurden bisher nur für die Methode von Waidlich et al. [83] publiziert. Dagegen können die intraindividuellen physiologischen Seitendifferenzen von 11° (2SD) bzw. 15° (3SD) auf andere computertomographische Methoden übertragen werden, wenn diese die Kondylentangente und 2 Schnitte zur Konstruktion der Schenkelhalstangente verwenden.

Bei der computertomographischen Bestimmung der Unterschenkeltorsion hat sich proximal die dorsale Tibiakante als Referenzachse durchgesetzt [37, 52, 69, 75, 90]. Als distale Achse wird in der Literatur entweder die Achse durch den Mittelpunkt des Malleolus medialis und lateralis oder die durch den Flächenmittelpunkt des Malleolus medialis und der Incisura fibularis oberhalb des oberen Sprunggelenkspalts favorisiert [17, 75, 90]. Die mittlere Außentorsion des Unterschenkels beträgt je nach Studie zwischen 30° und 34° mit einer Standardabweichung von ±7,6–10,3° [69, 75, 83]. Die Standardabweichung der Wiederholbarkeit der Torsionswinkelbestimmung an den gleichen Bildern beträgt zwar ±2–3°, dies entspricht aber nicht einer realistischen Auswertung [52, 90]. Die Standardabweichung des Inter- und Intraobserverfehlers lag in der Studie von Reikeras u. Hoiseth [69] zwischen 1,9° und 2,1°. Fasst man die möglichen Fehlerquellen bei der computertomographischen Bestimmung der Unterschenkeltorsion zusammen, liegt der maximal mögliche Fehler zwischen 8° und 10°. Nicht empfehlen kann man als distale Achsen die Längsachsen des Kalkaneus oder des 2. Zehenstrahls, da es in der Literatur keine Angaben über deren Präzision gibt.

Mit der Einführung der neuen 3D-Computertomographien werden die Methoden in Zukunft weiter an Genauigkeit zunehmen. Die Lagerung, die bisher größte Fehlerquelle, wird dann nicht mehr relevant sein.

Magnetresonanztomographie

Ihre Anwendung zur Bestimmung der Torsion im Bereich des Ober- und Unterschenkels wird derzeit noch durch die hohen Kosten, die Lärmbelästigung, die lange Untersuchungszeit (10–20 min) und die noch nicht nachgewiesene Genauigkeit und Reproduzierbarkeit eingeschränkt. Wegen der langen Untersuchungsdauer ist die MRT-Technik zur Torsionswinkelbestimmung bewegungsempfindlicher als die Computertomographie, bezüglich der Lagerungsabhängigkeit besteht dieselbe Problematik. Aufgrund der genannten Gründe können die bisher publizierten magnetresonanztomographischen Techniken zur Torsionswinkelbestimmung nicht als Routineuntersuchungen empfohlen werden.

Ultraschall

Die navigierte sonographische Bestimmung der Ober- und Unterschenkeltorsion ist zurzeit die genaueste sonographische Messmethode. Bei den Differenzen zwischen Ultraschall und CT muss berücksichtigt werden, dass darin der Fehler beider Messmethoden enthalten ist. Unter Berücksichtigung der Reproduzierbarkeit der computertomographischen Torsionswinkelbestimmung ist die sonographische Messung in der Hand eines erfahrenen Untersuchers der Computertomographie gleichwertig [45]. Die sonographische Bestimmung der Antetorsion nach der Methode von Terjesen u. Anda [86], bei welcher der Schallkopf mit einer Wasserwaage bei der Bildabspeicherung horizontal eingestellt und auf dem Sonographiebild der Antetorsionswinkel direkt bestimmt wird, ist der klinischen Untersuchung nicht überlegen und kann deshalb nicht empfohlen werden.

Der wesentliche Vorteil der Sonographie ist die fehlende Strahlenbelastung. Sie bietet sich deshalb v. a. für Screeninguntersuchungen und Verlaufskontrollen bei Kindern und Jugendlichen an. Entscheidend bei dieser Methode ist die exakte Darstellung der definierten Oberflächenkonturen. Eine zuverlässige sonographische Bestimmung der Torsion ist nicht möglich, wenn die zur Messung notwendigen Oberflächenkonturen an Hüft-, Knie- oder Sprunggelenk posttraumatisch, degenerativ oder tumorös verändert sind. Ein Nachteil der navigierten Ultraschallmessung ist der zusätzliche apparative Aufwand und eine Untersuchungszeit von ca.15 Minuten, welche bisher eine größere Verbreitung dieser Methode verhindert hat.

Fazit für die Praxis

Die klinische Untersuchung ist der erste Schritt der Diagnose von Beindeformitäten. Mit der Brettchenmethode können die absoluten intraindividuellen Beinlängendifferenzen bei Verwendung der Gesäßfalten und der Rückenkonturen auf ±1,5 cm genau bestimmt werden. Schneller und einfacher ist das mit der PALM-Methode möglich. Die klinische Bestimmung der Torsionswinkeldifferenzen ist nur im Bereich der Unterschenkel sinnvoll. In 95% ist der Fehler <15°. Die übrigen Parameter entziehen sich einer ausreichend genauen klinischen Beurteilung.

Die Beinachsen werden am exaktesten auf einer standardisierten Ganzbeinaufnahme bestimmt. Auch bei korrekter Aufnahmetechnik sind Messfehler von bis zu ±3° möglich.

Goldstandard zur Ermittlung der Beinlängen- und Torsionswinkeldifferenzen ist das CT. Die Richtigkeit der Messung ist von physikalischen Parametern abhängig und beträgt am Knochenmodell ±2° bzw. ±2 mm. Dagegen sind Wiederhol- und Vergleichbarkeit der Messungen (Präzision) untersucherabhängig. Bei der Bestimmung der Seitendifferenzen im CT können Abweichungen von bis zu ±5 mm bzw. ±5° auftreten.

Die navigierte Ultraschallbestimmung der Achsen, Längen und Torsionen im Bereich der unteren Extremität liefert dem CT bzw. der standardisierten Ganzbeinaufnahme vergleichbare Ergebnisse. Aufgrund der fehlenden Strahlenbelastung ist sie bei Kindern und Jugendlichen die Methode der Wahl zur Bestimmung der gesamten Beingeometrie.