Risikostratifizierung

Jede chronisch entzündliche Erkrankung bedarf der Immunsuppression, die je nach Verlauf der Erkrankung mehr oder weniger aggressiv gestaltet werden muss. Dadurch erhöht sich unweigerlich das Risiko für Infektionen, da das Immunsystem zumindest theoretisch Keime nicht mehr optimal kontrollieren und abwehren kann. Infektionen stellen tatsächlich – zusammen mit kardiovaskulären Komorbiditäten – die Haupttodesursache von Patienten mit chronisch verlaufenden entzündlich rheumatischen Erkrankungen dar. Neben der medikamentösen Immunsuppression kommen natürliche Risikofaktoren für Infektionen hinzu wie das Alter des Patienten sowie Begleiterkrankungen wie chronische Nieren- und Lungenerkrankungen, angeborene oder erworbene Immundefekte wie Hypogammaglobulinämien oder eine funktionelle Asplenie. So zeigen Registerdateien, dass das Risiko für bakterielle Infektionen, hier v. a. Pneumonien und Harnwegsinfektionen, virale Infektionen wie Herpes zoster sowie opportunistische Infektionen mit intrazellulären Erregern wie der Tuberkulose ab dem 60. Lebensjahr signifikant ansteigt [1]. Dabei verlaufen die Infektionen häufig aggressiver und beginnen oligosymptomatisch, was ebenfalls als Zeichen einer Immunoseneszenz gedeutet werden kann. Ursachen hierfür können neben funktionellen, bisher nicht gut charakterisierten Defiziten auch eine Malnutrition, anatomische Veränderungen wie eine verminderte Sekretproduktion oder ein weniger kraftvolles Abhusten, Komorbiditäten mit chronischer Herz- und Lungenerkrankung, Nierenerkrankungen, längere Hospitalisierungsphasen sowie eine wenig aggressive Diagnostik (Zumutbarkeit von Untersuchungen, Compliance etc.) sein [2]. So wurde in Impfstudien belegt, dass die Impfantwort (gemessen anhand der Antikörperbildung) mit zunehmendem Alter abnimmt [3, 4].

Die Aggressivität der Krankheit selbst, sicherlich koinzident damit auch die Therapie mit ihrer immunsuppressiven Kapazität, bedingt, dass Infektionen mit bestimmten Krankheiten wie Vaskulitiden oder Kollagenosen eher assoziiert sind als mit Arthritiden und Spondylarthritiden. Somit ist zu konstatieren, dass das Infektionsrisiko von Patient zu Patient variiert und vor einer Immunsuppression individuell beurteilt werden muss. Wichtige Einflussfaktoren dabei sind:

  • die Grunderkrankung: Das Risiko ist bei Kollagenosen und Vaskulitiden höher als bei der rheumatoiden Arthritis, dem Morbus Bechterew oder der Psoriasisarthritis;

  • die Aktivität der Grunderkrankung: Patienten mit aktiver rheumatoider Arthritis tragen ein höheres Infektionsrisiko als Patienten mit inaktiver Erkrankung. Auch die Seropositivität, der Nachweis von Rheumaknoten und anderer extraartikulärer Manifestation erhöht das Infektionsrisiko, möglicherweise korrelierend zur Intensität der nötigen Immunsuppression [5];

  • Komorbiditäten wie COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung), Bronchiektasen, Diabetes mellitus, Hypogammaglobulinämie, Nierenerkrankungen, Asplenie (www.biologika-register.de, hier „Risikoscore“);

  • relevante Infektionen in den letzten 12 Monaten;

  • ein Alter über 60 Jahre;

  • funktionelle Einschränkungen (z. B. Funktionsfragebogen Hannover [FFbH]);

  • die Intensität der Immunsuppression: Steroiddosis, Anzahl abgesetzter Basistherapeutika <5/>5;

  • der Impfstatus, Prophylaxe und das Einhalten der Screeningmaßnahmen.

Einfluss der Immunsuppression

Die Intensität der Immunsuppression bestimmt hier in besonderer Weise das Risiko für die Entstehung schwerer Infektionen: So ist eine Therapie mit Cyclophosphamid – primär oder sekundär durch die verursachte Lymphopenie und Granulozytopenie – mit einerseits einer erhöhten Inzidenz von Pneumocystis-jirovecii-Pneumonien (PjP), andererseits mit Infektionen durch gramnegative Bakterien assoziiert. Eine entsprechende PjP-Prophylaxe ist unbedingt notwendig (Trimethoprim/Sulfamethoxazol 960 mg 3‑mal/Woche), dies wird identisch für die Therapie der ANCA(antinukleäre zytoplasmatische Antikörper)-assoziierten Vaskulitiden mit Rituximab und inzwischen auch für rheumatische Erkrankungen mit einem geringeren Infektionsrisiko, aber hoch dosierter Steroidtherapie empfohlen [6, 7]. Das Risiko von „banaleren“ Infektionen ist jedoch auch bei chronischen Gelenkerkrankungen um mindestens 50 % erhöht [5], hier hauptsächlich getrieben durch die Kortikosteroiddosis und Biologikatherapie, während eine Therapie mit Basistherapeutika wie Methotrexat oder anderen traditionellen DMARDs („disease modifying antirheumatic drugs“) sich hierauf kaum auswirkt [8]. Einzelne Arbeiten legen nahe, dass bei Patienten mit rekurrenten Infekten möglicherweise eine Anti-TNF(Tumor-Nekrose-Faktor)-Rezeptor-Therapie mit Etanercept im Vergleich zu Anti-TNF-Antikörpern ein geringeres Infektionsrisiko trägt, wobei die Signifikanz in großen Studien oft nur grenzwertig war [9]. Eine auf der Basis des deutschen RABBIT-Registers durchgeführte Analyse zeigt, dass v. a. eine hohe Kortikosteroiddosis und das Vorliegen von Komorbiditäten das Risiko, eine schwere Infektion zu erleiden, erhöhen (www.biologika-register.de, hier „Risikoscore“). Gelingt es somit, durch eine Biologikatherapie die Aktivität der Erkrankung gut zu kontrollieren und somit die Steroiddosis gerade bei älteren Patienten zu reduzieren, kann dies möglicherweise das Infektionsrisiko sogar mindern. Dabei gilt es zu beachten, dass auch eine geringe Dosis der Kortikosteroide gerade bei älteren Patienten das Infektionsrisiko immer noch signifikant ansteigen lässt: So ist bei diesen Patienten das Infektionsrisiko einer 3‑jährigen, niedrig dosierten Prednisolon-Therapie in etwa identisch zu dem Risiko unter 30 mg Kortikosteroiden/Tag über 1 Monat, es normalisiert sich erst ein halbes Jahr nach Beendigung der Therapie [10]. Somit sollten Kortikosteroide gerade bei älteren Patienten – sofern überhaupt erforderlich – in der niedrigsten effektiven Dosis eingesetzt werden. Dies trifft wahrscheinlich auch für eine zusätzliche Biologikatherapie zu: Eine britische Biologikaregisterstudie bestätigt die Zunahme des Infektionsrisikos mit zunehmendem Alter [11]. Eine über Steroide hinausgehende zusätzliche TNF-Blocker-Therapie führte bei diesen Patienten jedoch nicht zu einem überproportionalen Anstieg des Infektionsrisikos [12]. Dies belegt nochmals, dass es nicht sinnvoll ist, eine Basistherapie zugunsten einer Steroidtherapie zu vermeiden oder suboptimal zu dosieren.

Das Risiko für Herpes-zoster-Infektionen ist bei Patienten mit rheumatoider Arthritis laut einer US-amerikanischen Studie aus Krankenkassendaten verdoppelt. Eine Therapie mit synthetischen Basistherapeutika scheint diese Infektionsrate nicht zu beeinflussen, die Therapie mit Tofacitinib (und vermutlich auch anderen JAK-Inhibitoren) erhöht die Herpes-zoster-Infektionsrate, während das Risiko unter Therapie mit TNF-Blockern wenn überhaut nur gering ansteigt [13,14,15,16].

Screening und Management

Entscheidend ist die Einschätzung der individuellen Risiken, bevor man die Immunsuppression beginnt. Dies fängt bei der entsprechenden Aufklärung des Patienten an, geht über die internistische Analyse der Komorbiditäten des Patienten, die Einschätzung der Aggressivität der Grunderkrankung, die Begleittherapie, die Vorgeschichte, ggf. die Messung der Immunglobulinspiegel sowie anamnestische Daten, wie sie im oben genannten Risikoscore festgehalten sind. Klinisch werden die Erfassung der körperlichen Funktion (z. B: FFbH) sowie von pulmonalen (z. B. COPD) und renalen (z. B. chronische Niereninsuffizienz) Komorbiditäten die wichtigsten Informationen liefern. Dies ist Aufgabe des internistischen Rheumatologen und belegt erneut, dass eine breite internistische Ausbildung zur optimalen Betreuung der Patienten bei jeder Form chronisch entzündlich rheumatischer Erkrankungen notwendig ist, um den Patienten optimal beurteilen, einstellen und betreuen zu können und ihn dadurch nicht einem erhöhten Risiko auszusetzen. Auch die Wahl des bestmöglichen Immunsuppressivums aus der glücklicherweise steigenden Anzahl an Möglichkeiten bedarf einiger Erfahrung, um die Differenzialindikation einzelner Medikamente zu kennen und beim individuellen Patienten differenziert anzuwenden. Ziel sollte sein, das am besten geeignete Immunsuppressivum (Wirkung, Nebenwirkungsprofil, u. a. Infektionsrisiko) nach Analyse der oben genannten verschiedensten Faktoren auszuwählen.

Vor Beginn einer Immunsuppression muss der Hepatitis-B- und Hepatitis-C-Status erhoben werden: Dazu sollten zumindest HbsAg, Anti-HBs und Anti-HBc bestimmt werden sowie Antikörper gegen Hepatitis C. Je nach Ergebnis muss geprüft werden, ob eine Immunsuppression, ggf. unter virostatischer Schutztherapie, durchgeführt werden kann: Es sind Fälle beschrieben, bei denen z. B. unter einer Therapie mit Rituximab bei vermeintlich ausgeheilter Hepatitis B tödlich verlaufende Hepatitiden auftraten. Hepatitis-B-Prophylaktika sind hier am ehesten neuere Substanzen wie Entecavir oder Tenofovir, da sie eine geringere Resistenzentwicklung aufweisen. Veröffentlichte Algorithmen können helfen, das individuelle Risiko abzuschätzen und therapeutische Entscheidungen zu treffen ggf. unter Diskussion mit Infektiologen oder Hepatologen [17].

Vor Beginn einer Immunsuppression sollte der Hepatitis-B- und Hepatitis-C-Status erhoben werden

Vor Beginn einer Biologikatherapie ist in der Regel ein Tuberkulose(Tbc)-Screening (Interferon-γ-Release-Essay, Thoraxröntgenaufnahme mit Frage nach Altspezifika) erforderlich. Bei Hinweisen auf eine abgelaufene, latente oder aktive Tuberkulose sollte vor Beginn einer Biologikatherapie (Ausnahme: Rituximab) eine tuberkulostatische Therapie begonnen werden. Hierzu stehen Isoniazid 5 mg/kg, maximal 300 mg/Tag für 9 Monate (nach den ersten 4 Wochen kann die Biologikatherapie dann begonnen werden) und alternativ Rifampicin 10 mg/kg, maximal 600 mg/Tag für 4 Monate zur Verfügung. Hierbei ist zu beachten, dass regelmäßige Kontrollen der Leberwerte durchgeführt werden und Rifampicin ein hohes Interaktionspotenzial mit anderen Substanzen aufweist. Eine neue Studie belegt, dass eine 4‑monatige prophylaktische Therapie mit Rifampicin einer 9‑monatigen Therapie mit Isoniazid bezüglich des Tbc-Risikos nicht unterlegen war und Vorteile hat bezüglich der Behandlungscompliance und -sicherheit [18]. Einschränkend muss gesagt werden, dass bei der genannten Studie keine Patienten mit neuer Immunsuppression eingeschlossen wurden. Das Risiko einer Tbc-Reaktivierung ist unter gegen TNF-α-gerichteter Biologikatherapie mit Antikörpern höher als unter Verwendung des TNF-Rezeptors Etanercept [19]. Die Frage, ob ein Tuberkulosescreening auch vor einer nicht TNF-gerichteten Biologikatherapie notwendig ist, ist umstritten. Bei allen Studien mit modernen Immunsuppressiva wurde immer vor Einschluss eine Tbc ausgeschlossen, somit ist das Tbc-Screening auch in der Fachinformation festgelegt. Cantini et al. fassen zusammen, dass eine nicht TNF-gerichtete Biologikatherapie wahrscheinlich kein erhöhtes Risiko für eine Reaktivierung der Tuberkulose trägt, wobei sich diese Aussage auf die bis 2016 zugelassenen Substanzen bezieht und neuere Immunsuppressiva nicht mit einschließt [20]. Unter Therapie mit JAK(Januskinase)-Inhibitoren beispielsweise sind in den Studien einzelne Tbc-Fälle berichtet worden, sodass hier bis zum Vorliegen von Registerdaten besondere Vorsicht geboten erscheint.

Eine besondere Herausforderung mag das Screening von Flüchtlingen mit Arthritiden sein, bevor Biologika begonnen werden. Dazu wurden kürzlich Empfehlungen einer multidisziplinären Task-Force aus 4 europäischen Fachgesellschaften veröffentlicht [21].

Bei der Therapie von schweren Infektionen wird zunächst immer versucht werden, den Erreger zu isolieren und zu identifizieren. Bei der Wahl des Antibiotikums sollte gerade bei älteren Patienten an Wechselwirkungen mit der Begleitmedikation gedacht werden. In der Regel empfiehlt es sich, die immunsuppressive Therapie für einige Tage zu pausieren. Dies gilt in besonderer Weise für renal eliminierte Substanzen wie Methotrexat (MTX), da eine in dieser Situation häufige Verschlechterung der Nierenfunktion sehr rasch zur MTX-Toxizität führen kann. Ein besonderes Augenmerk gilt den Patienten unter einer IL(Interleukin)-6-Rezeptor-blockierenden Therapie mit Tocilizumab oder Sarilumab, da hier das CRP (C-reaktives Protein) erst sehr spät und dann auch nur moderat ansteigen wird, was zu einer verzögerten Diagnose und/oder einer Fehlinterpretation der Infektionsstärke führen kann.

Weitere Prophylaxe

Die Erhebung der oben bereits genannten anamnestischen und klinischen Daten sollte vor Beginn einer Immunsuppression ebenso Standard sein wie die Erhebung des Impfstatus und die Aufklärung des Patienten zu Impfungen. Impfungen nach Maßgabe der Ständigen Impfkommission (STIKO) sind dem Patienten nahezulegen. Hierbei ist zu beachten, dass Lebendimpfungen (Mumps, Masern, Röteln, Influenza Nasenspray, Gelbfieber, Tuberkulose) unter Immunsuppression kontraindiziert sind. Die Impfung gegen Herpes zoster war früher ebenfalls eine Lebendimpfung, aktuell ist eine rekombinante Subunit-Vakzine zugelassen, eine Empfehlung des gemeinsamen Bundesausschusses wird aktuell formuliert. Die STIKO empfiehlt jährliche Influenzaimpfungen, darüber hinaus regelmäßige Auffrischimpfungen gegen Tetanus und Diphterie (alle 10 Jahre), Pneumokokken für immunsupprimierte Patienten ab dem 50. Lebensjahr (PCV13, nach ca. 6 Monaten PPSV23, dann PPSV23 alle 6 Jahre), ggf. gegen Meningokokken (bei immunsupprimierten Patienten, insbesondere bei Komplementdefekten, systemischem Lupus erythematodes [SLE], tatsächlicher oder funktioneller Asplenie, Hypogammaglobulinämie, vor Eculizumab-Therapie) [22].

Dabei kann durch die Wirkung der Immunsuppressiva die Impfantwort vermindert sein. Festzuhalten ist jedoch, dass die Messung eines Impferfolges sehr schwierig ist, allein der mangelnde Anstieg eines Antikörpertiters belegt nicht, dass sich der Impferfolg nicht eingestellt hat, da die Induktion einer zellulären Immunantwort nicht gut messbar ist. Dennoch unterdrücken gerade die zellgerichteten Biologika wie Rituximab oder Abatacept die Impfantwort (unter Rituximab daher Impfung am besten 2 bis 4 Wochen vor erneuter Rituximab-Infusion) [23, 24]. Eine Arbeit zeigt auch, dass eine kurze Methotrexat-Pause für 2 Wochen nach einer Influenzaimpfung einen besseren Anstieg der impfinduzierten Antikörperspiegel ermöglichen kann [25]. Ob dieses Vorgehen auch für andere Impfungen einen Vorteil darstellt, ist gegenwärtig noch unklar. Eine Impfung gegen Hepatitis B unter Immunsuppression wird von der STIKO ebenfalls empfohlen [26].

Die Impfung sollte in einer Phase möglichst gut kontrollierter Grunderkrankung erfolgen

Lebendimpfungen sind bei immunsupprimierten Patienten kontraindiziert. Übersichtliche und einschlägige Informationsbroschüren, die die Situation bezüglich Immunsuppressiva für den individuellen Patienten aufzeichnen, sind verfügbar. Für die Dokumentation von Impfungen sollte der Impfpass konsequent geführt werden. Die Erkenntnis, dass über Impfungen Infektionsprophylaxe betrieben werden kann, ist eine der Errungenschaften der frühen medizinischen Wissenschaft und war Nobelpreise wert. Aufgabe des internistischen Rheumatologen sollte es sein, die Patienten davon zu überzeugen, dass Impfungen effizient sind und dass bei Autoimmunerkrankungen keine zusätzlichen Kontraindikationen gegen die Anwendung von Totimpfstoffen bestehen. Hierfür ist allerdings Voraussetzung, dass neue Impfstoffe vor der Zulassung ausreichend gut untersucht wurden und Nebenwirkungen von Impfstoffen sorgfältig erfasst und gemeldet werden, um ein Höchstmaß an Therapiesicherheit zu erreichen. Zahlen auch aus Deutschland belegen, dass noch viel zu wenige Patienten über die aktuellen Impfempfehlungen informiert sind und dass gerade bei älteren Patienten die empfohlenen Impfungen nicht durchgeführt werden [27]. Die Impfung sollte in einer Phase möglichst gut kontrollierter Grunderkrankung erfolgen, somit in Phasen mit niedrigen Steroiddosierungen und möglichst zurückhaltender Immunsuppression.

Eine weitere therapeutische Infektionsprophylaxe wird dann indiziert sein, wenn bei niedrigen Immunglobulinspiegeln eine schwere Infektion auftritt. In diesem Fall ist neben einer adäquaten antibiotischen Therapie auch die Anhebung des Ig(Immunglobulin)G-Spiegels anzustreben und im Verlauf zumindest vorübergehend eine regelmäßige prophylaktische Ig-Substitution durchzuführen. Auch das Einstellen des Nikotinabusus ist nicht nur für die Besserung der Grunderkrankung (damit Minderung der nötigen Immunsuppression), sondern auch infektionsprophylaktisch sinnvoll, eine Steigerung der körperlichen Aktivität könnte möglicherweise die Inzidenz von Infektionen reduzieren.

Eine Prophylaxe gegen eine Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie mit Trimethoprim/Sulfamethoxazol ist bei der Therapie von Kleingefäßvaskulitiden mit Cyclophosphamid etabliert und wird oft auf die Behandlung anderer rheumatologischer Erkrankungen mit Cyclophosphamid übertragen. Es gibt Hinweise, dass v. a. bei Vorliegen einer Lymphopenie unter Anwendung von Immunsuppressiva oder einer höher dosierten Steroidtherapie eine Prophylaxe ebenfalls sinnvoll sein kann.

Fazit für die Praxis

  • Vor Einleitung einer immunsuppressiven Therapie sollte eine Kalkulation des individuellen Infektionsrisikos vorgenommen werden.

  • Bei chronischen Infektionen wie einer Hepatitis B oder latenten Tuberkulose kann eine antibiotische Prophylaxe erforderlich sein. Zur Tbc-Prophylaxe eignet sich Rifampicin für 4 Monate in gleicher Weise wie Isoniazid für 9 Monate.

  • Bei chronischer Hepatitis B sollten neuere Virostatika eingesetzt werden, Lamivudin ist wegen höherer Resistenzwahrscheinlichkeit nicht optimal.

  • Eine Pneumocystis-jirovecii-Prophylaxe mit Trimethoprim-Sulfamethoxazol ist zu erwägen.

  • Der Impfstatus sollte erfasst werden. Nach individueller Beratung und Abwägen von Nutzen und Risiken ist ein Impfplan zu erstellen. Besonders ist auf Influenza, DPT (Diphtherie, Pertussis, Tetanus), Pneumokokken, Meningokokken und Herpes zoster zu achten