Das im Jahr 2002 durch den Gesetzgeber beschlossene flächendeckende Mammographie-Screening zur Früherkennung des Mammakarzinoms hat in der ersten 30 Monaten der Laufzeit bei 2,68 Mio. eingeladenen Frauen eine Teilnahmequote von 54% zu verzeichnen.

Im §20 Abs. 2 des Vertrages zur Änderung des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) über besondere Versorgungsaufträge im Rahmen des Programms zur Früherkennung von Brustkrebs durch Mammographie-Screening zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem Verband der Krankenversicherungen und Ersatzkassen wurde festgelegt, dass

„während der ersten zwei Jahre nach Aufnahme der Tätigkeit im Rahmen des Früherkennungsprogramms der Pathologe, der auf Veranlassung des Programm verantwortlichen Arztes die histopathologische Beurteilung organisiert und durchführt, die Präparate zusammen mit seiner Beurteilung an einen weiteren Pathologen übersendet, der eine Genehmigung nach §16 hat und über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren histopathologische Beurteilungen im Rahmen des Früherkennungsprogramms durchgeführt hat. Dieser Pathologe beurteilt die Präparate und teilt sein Ergebnis dem Pathologen nach Abs. 1 mit. Dieser übermittelt die beiden Beurteilungen an den Programm verantwortlichen Arzt. Bei unterschiedlichen Beurteilungen entscheidet der Programm verantwortliche Arzt über das weitere Vorgehen.“

Diese in Anlehnung an die radiologische Diagnostik geschaffene Qualitätssicherungsmaßnahme stellt ein Unikat in Europa dar. In keinem anderen Land – auch nicht in denen mit langjähriger mammographischer Früherkennungspraxis – wird eine derartige histopathologische Doppelbefundung für erforderlich erachtet.

Den lediglich potenziellen, bisher durch keine Studie gesicherten Vorteilen einer obligaten Doppelbefundung stehen tatsächliche Nachteile gegenüber, wie die Verzögerung der Diagnostik häufig über die geforderten 48 Stunden hinaus. Außerdem wird mit einer zusätzlichen Schnittstelle eine potenzielle Fehlerquelle geschaffen, und eine unnötige Verunsicherung von Kliniker und Betroffenen durch scheinbar widersprüchliche Befunde ist zu befürchten. Neben dem zusätzlichen finanziellen Aufwand für die Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) entstanden auf 2 Jahre begrenzte, nicht nachhaltige Strukturen ohne ausreichende Kostendeckung auf Seiten der Zweitbefunder.

Legt man die eingangs genannten Zahlen und eine Abklärungsquote von etwa 5% zugrunde, von denen wiederum maximal 20% histologisch untersucht werden, sind bis heute etwa 14.500 Zweitbefundungen zu erwarten. Eine Arbeitsgruppe der Referenzpathologen im Deutschen Mammographie-Screening hat eine sehr heterogene Praxis in der Umsetzung der Zweitbefundung konstatiert. Zum Teil werden ausschließlich Fremdschnitte und diese vollzählig, teils bis B4 vollzählig, bei B5 nur repräsentativ übersandt. Paraffinblöcke werden teils regelmäßig, teils nur bei Bedarf angefordert. In einem Zentrum werden die Fremdschnitte vollzählig und alle Paraffinblöcke regelmäßig zur Anfertigung eigener Schnittpräparate zur Verfügung gestellt, und von allen Fällen der Kategorie B2 mit Mikrokalk und Kolumnarzellläsionen werden eigene Schnitte angefertigt. Die Bildgebung wird unterschiedlich umfangreich oder auch gar nicht dokumentiert. Einige Programm verantwortliche Ärzte lassen ein Sammeln von Fällen für den Versand zu und nehmen ein dadurch eventuell entstehendes Zeitfenster von mehreren Tagen bis Wochen in Kauf, in dem sich eine Diskrepanz herausstellt. Immunhistochemie erfolgt durch die einsendenden Institute oder die Referenzpathologie in einer Häufigkeit von weniger als 5%.

Diese Heterogenität in der Praxis der Zweitbefundung macht es schwer, die Ergebnisse einzelner Zentren zur vergleichen, aber bei der Synopsis der bisher erfassten etwa 13.300 doppelbefundeten Fälle werden Trends erkennbar, wie eine Teilauswertung einiger der Zentren mit etwa 6000 Doppeluntersuchungen ergibt.

Die bevorzugten Diagnosekategorien sind B2 und B5 mit 40% bzw. 45–50%. Nur zwischen 5% und 10% fallen in die problematische B3-Kategorie. Die Konkordanzraten über alle B-Kategorien liegt bei 95–98%. Abweichungen traten prozentual am häufigsten in der zahlenmäßig kleinsten Gruppe der Verdachts- bzw. B4-Diagnosen auf, gefolgt von B3 mit 6–16%. Die geringste Abweichungsquote war bei B5 zu verzeichnen und lag bei 0,5–1,3%. Berücksichtigt man nur die Fälle, die zu keiner weiteren chirurgischen Abklärungen geführt hätten (falsch-negativ, unzutreffendes B2) bzw. zu einer überflüssigen onkologischen statt Abklärungsoperation geführt hätten (falsch-positiv, unzutreffendes B5), ergeben sich sehr kleine Zahlen von jeweils nur 3 falsch-positiven oder -negativen Fällen bezogen auf 2 Referenzzentren mit zusammen 6200 Fällen.

Bei den Abweichungsgründen führen, wenn die Ergebnisse eines Referenzzentrums zugrunde gelegt werden, die atypische und einfache intraduktale Hyperplasie bzw. das intraduktale Karzinom mit 23% gefolgt von fehlender Korrelation mit der Radiologie in 21%, insbesondere dem Kalknachweis. Kolumnarzellmetaplasie und flache epitheliale Atypie führen zu divergierenden Befunden in 17%, die intralobuläre Neoplasie in 9%, das Papillom in 9% und die radiäre Narbe in 8%.

Im Vergleich zu publizierten internationalen Studien [1, 2, 3, 4] bestätigen somit Erstbefundung und Zweitbefundung im deutschen Mammographie-Screening einen hohen Grad der Übereinstimmung (95%). Es zeigt sich ein noch höherer Grad der Übereinstimmung bei Karzinomen (>99%). In internationalen Studien ist nicht mehr erreicht worden.

Abweichungen sind relativ häufiger bei Veränderungen, deren biologische Signifikanz zurzeit noch unklar ist (flache Atypie, lobuläre Neoplasie usw.). Hierbei handelt es sich um kein Qualifikations-, sondern ein Methodenproblem, das derzeit nicht lösbar ist, wie Studien aus England mit einer langjährigen Erfahrung mit Schulung und diagnostischen Testserien zum Mammographie-Screening offen legen. Das Erfordernis einer obligaten Doppelbefundung im Mammographie-Screening, wie in Deutschland praktiziert, steht daher weiterhin als Qualitätssicherungsinstrument in der Diskussion, insbesondere da weder vorliegende Literaturdaten noch die eigenen Konkordanzergebnisse eine ausreichende Evidenzbasierung bereitstellen.