Im Jahr 2018 litten mehr als 58.000 Verstorbene in Deutschland an einer im Leichenschauschein vermerkten psychiatrischen Erkrankung, im Sinne einer sog. F‑Diagnose nach ICD-10 [25]. Diese Erkrankungen stellen nicht die unmittelbare Todesursache dar, dennoch bestehen bei schweren psychiatrischen Erkrankungen nicht selten somatische Komorbiditäten [23]. Vor allem Menschen mit Erkrankungen wie Depressionen, bipolaren Störungen oder Schizophrenien weisen eine 2‑ bis 3‑mal höhere Mortalität auf als der Durchschnitt der Bevölkerung [20].

Einleitung

Dass es im stationären Umfeld der Therapie psychiatrisch kranker Menschen zu Todesfällen kommt, ist im Vergleich zu somatisch erkrankten Patienten relativ selten. In Abhängigkeit von somatischen Vorerkrankungen und den Todesumständen kann eine natürliche Todesart, eine ungeklärte oder der Verdacht auf eine nichtnatürliche Todesart vorliegen. Insbesondere wenn Patienten während einer stationären Unterbringung oder im Rahmen von Fixierungsmaßnahmen versterben, sollte eine Klärung der Todesursache und der Todesumstände durch die Rechtsmedizin als unabhängige Instanz erfolgen.

Material und Methoden

Im Rahmen einer retrospektiven Auswertung wurden die Sektionsprotokolle des Instituts für Rechtsmedizin der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU Gießen) der Jahre 2011–2017 dahingehend untersucht, ob bei den Verstorbenen eine zu Lebzeiten diagnostizierte psychiatrische Erkrankung vorlag, und ob die Patienten in einer Klinik für Psychiatrie verstorben waren. Die stationäre Art der Unterbringung wurde in „offene Station“ und „geschützte Station“ (geschlossene Station) untergliedert.

Mithilfe des Tabellenkalkulationsprogramms Excel® 2010 (Microsoft Corporation) und des Statistikprogramms SPSS® Version 25 (IBM Statistics) wurden die Daten dieser Fälle im Hinblick auf Geschlecht, Alter, Todesart, Todesursache sowie Todesumstände erfasst und ausgewertet. Das Alter der Patienten wurde in Altersklassen von jeweils 5 Jahren eingeteilt.

Die psychiatrischen Diagnosen wurden unterteilt in: „Depression“ (ICD-10 F32–F33), „bipolare affektive Störung“ (ICD-10 F31), „Wahn“ (ICD-10 F22), „Schizophrenie“ (ICD-10 F20), „Borderline“-Störung (ICD-10 F60.31) und „Demenz“ (ICD-10 F00–F03), wobei unter „Depression“ die Major Depression zu verstehen ist. Zusätzlich wurden Suizidversuche oder Suizidgefahr miterfasst. Fälle, in denen keine klare Diagnose dokumentiert wurde oder durch dokumentierte verschriebene Medikation auf eine psychiatrische Erkrankung geschlossen werden konnte, wurden unter dem Begriff „psychiatrisch erkrankt“ zusammengefasst.

Die Todesursachen wurden nach erfolgter Obduktion und in einigen Fällen nach zusätzlich durchgeführter toxikologischer Untersuchung kategorisiert: Differenziert wurden Polytrauma, Strangulation, Ertrinken, Verbluten, Verbrennen, Intoxikation, Ersticken, Luftembolie, Multiorganversagen, Schädel-Hirn-Trauma, intrakranielle Blutung und Bolustod. Trat der Tod im Rahmen eines Erhängens ein, wurde weiter nach der Art der Suspension in „frei hängend“, „nicht frei hängend“ und „unklar“ unterteilt.

Todesursachen aus innerer Ursache wurden zur besseren Übersicht gemäß den ICD-10-Kapiteln zusammengefasst. Folgende Kapitel haben sich ergeben: ICD 10 Kap. I („Bestimmte infektiöse und parasitäre Krankheiten“), ICD 10 Kap. II („Neubildungen“), ICD 10 Kap. IX (Krankheiten des Kreislaufsystems), ICD 10 Kap. X (Krankheiten des Atmungssystems; [10]).

Für die Unterteilung von Todesfällen unter einer Fixierung wurden die „2-Punkt-“, die „5-Punkt-“ und die „7-Punkt Fixierung“ sowie die Kategorie „keine Fixierung“ für die Todesfälle, in denen keine Fixierung dokumentiert wurde, herangezogen.

Die Ergebnisse durchgeführter forensisch-toxikologischer Untersuchungen wurden hinsichtlich des Vorliegens einer todesursächlichen Vergiftung zunächst in „Monointoxikation“, „Mischintoxikation“ (2 oder mehr Fremdsubstanzen) und „keine“ sowie dann im Einzelfall nach der todesursächlich führenden Substanz eingeteilt.

Fälle, bei denen durch die Obduktion und durch toxikologische und/oder histologische Untersuchungen – sofern durchgeführt – keine eindeutige Todesursache festzustellen war, wurden als „unklar“ beschrieben.

Die Todesfälle wurden den Todesarten „natürlich“, „nichtnatürlich“ und „ungeklärt“ zugeordnet.

Aufgrund der geringen Fallzahl von n = 44 wurde die Auswertung auf eine deskriptive Darstellung beschränkt.

Ergebnisse

Im Zeitraum 2011–2017 wurden im Institut für Rechtsmedizin der JLU Gießen 3643 Verstorbene obduziert. Davon hatten 471 an psychiatrischen Erkrankungen gelitten, die in 44 Fällen zum Todeszeitpunkt stationär therapiert worden waren.

Altersklassen und Art der Unterbringung

Von den 44 Patienten in stationärer Therapie waren 3 auf einer offenen Station und 13 auf einer geschützten Station untergebracht. In den übrigen Fällen ließen sich in den Unterlagen keine weiteren Informationen bezüglich der Art der stationären Unterbringung finden. Es wurde eine deutlich größere Anzahl männlicher (n = 27) als weiblicher (n = 17) Patienten festgestellt. Das Alter betrug im Mittel 51 Jahre, mit Häufung in der 5. und 7. Lebensdekade (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Verteilung der Altersklassen der verstorbenen Psychiatriepatienten (n = 44)

Todesarten und Todesursachen

Die Todesart wurde in 52,3 % der Fälle als „nichtnatürlich“ (n = 23), in 43,2 % der Fälle als „natürlich“ (n = 19) und in 4,5 % der Fälle als „ungeklärt“ (n = 2) klassifiziert (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Verteilung der Todesarten nach dem Ergebnis der Obduktion und aller weiteren Untersuchungen (n = 44)

Als nichtnatürliche Todesursachen zeigten sich insbesondere Strangulationen (n = 13), bei denen es sich ausnahmslos um Suizide handelte, sowie Intoxikationen (n = 5). Den natürlichen Todesfällen lagen vornehmlich Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit z. B. Myokardinfarkt oder Lungenembolie zugrunde (n = 11). In 2 dieser Fälle war eine 2‑Punkt-Fixierung dokumentiert worden.

In 2 Fällen blieb die Todesursache auch nach der Obduktion unklar. Hier wurden durch die Obduzenten toxikologische und histologische Untersuchungen empfohlen, diese wurden jedoch nicht angeordnet (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Verteilung der autoptisch bzw. im Nachgang zur Obduktion festgestellten Todesursachen (n = 44)

Suizide

Insgesamt verstarben 16 der 44 Patienten (10 Männer, 6 Frauen) durch Suizid; in 5 Fällen konnte ein Suizid nicht sicher von einem Unfallgeschehen abgegrenzt, eine Fremdeinwirkung ermittlungsseitig aber ausgeschlossen werden. In 3 dieser 5 Fälle bestand eine todesursächliche Intoxikation, wobei anhand der Ermittlungsakten nicht zu differenzieren war, ob diese suizidal oder akzidentell war. In den 2 weiteren Fällen wurde nach der Obduktion eine todesursächliche Intoxikation vermutet, jedoch keine toxikologische Untersuchung angeordnet.

Dreizehn der Suizidenten verstarben durch Erhängen. In 2 dieser Fälle wurde eine freie Suspension beschrieben, in 5 Fällen hatten die Körper der Verstorbenen Kontakt mit dem Boden oder mit Mobiliar, in 6 Fällen wurde keine Information zur Suspension dokumentiert. Das Strangwerkzeug war in den meisten Fällen (n = 10) ein Bekleidungsstück, das in seiner Beschaffenheit direkt als solches diente (z. B. Gürtel, Schnürsenkel) oder das zu einem Strick umfunktioniert wurde (z. B. Schlafanzughose oder T‑Shirt). In einem Fall wurde als Strangwerkzeug ein Kofferspanngurt unklarer Herkunft verwendet, in einem Fall ein aus einem zusammengerollten Kopfkissenbezug und einer Plastiktüte bestehendes Strangwerkzeug und in einem Fall ein Nylonseil, mit dem Sauerstofflaschen in den Patientenzimmern an der Wand fixiert wurden.

Ein Patient verstarb an einem in suizidaler Absicht erfolgten Sturz aus großer Höhe, ein Patient an einem Verbluten nach außen nach mehrfachen selbstbeigebrachten Schnitt- und Stichverletzungen und ein weiterer Patient an einer Intoxikation mit Medikamenten. Im letztgenannten Fall wurden zwar keine toxikologischen Untersuchungen vonseiten der Staatsanwaltschaft angeordnet, allerdings fanden sich bei der Obduktion zahlreiche Tablettenreste in Magen und Duodenum. Ermittlungen hatten ergeben, dass der Verstorbene vor seinem stationären Aufenthalt Medikamente (Amisulprid, Quetiapin, Promethazin und Valproinsäure) in einer Größenordnung, die für einen Monat ausreichen sollte, verschrieben bekommen hatte. Vier der Suizidenten hatten in der Vergangenheit bereits mindestens einen Suizidversuch unternommen.

Psychiatrische Diagnosen

Der Blick auf die psychiatrischen Diagnosen ergab eine Häufung von Schizophrenien (8 Fälle), Depressionen (7 Fälle), bipolaren affektiven Störungen (2 Fälle) und sonstigen Psychosen (7 Fälle). In 5 Fällen waren die später Verstorbenen nach einem Suizidversuch in eine psychiatrische Klinik eingewiesen worden.

In 6 Fällen wurden Therapie und Verlauf der Patienten ermittlungsseitig zwar mitgeteilt, jedoch keine Diagnosen genannt. Diese 6 Fälle wurden in der Kategorie „psychiatrisch erkrankt“ zusammengefasst. In 3 Fällen wurden keine Diagnosen oder Hinweise für eine psychiatrische Erkrankung dokumentiert (Abb. 4).

Abb. 4
figure 4

In den Krankenunterlagen genannte bzw. mitgeteilte psychiatrische Diagnosen sowie weitere Einweisungsgründe (n = 41; 3 Fälle ohne mitgeteilte Diagnose)

Die 7 Patienten mit bekannter Depression begingen Suizid, von den 5 Patienten mit vorhergehenden Suizidversuchen verstarben 4, ebenfalls durch Suizid. Von den 8 Patienten mit einer Schizophrenie suizidierten sich 2.

Fixierung

Bei den verstorbenen Psychiatriepatienten wurde in keinem Fall eine 7‑Punkt-Fixierung dokumentiert, in einem Fall eine 5‑Punkt-Fixierung und in 3 Fällen eine 2‑Punkt-Fixierung. In den restlichen 40 Fällen wurde keine Fixierung dokumentiert.

Von den 3 Fällen der 2‑Punkt-Fixierung verstarben ein Patient an einem Myokardinfarkt, einer an einer Lungenembolie und einer an einer Pneumonie bei stark vorgeschädigtem Herzen. Im Fall der 5‑Punkt-Fixierung trat der Tod durch Ersticken im Rahmen einer sog. positionellen Asphyxie ein.

Toxikologie

In 19 der 44 Fälle (n = 43,2 %) wurden toxikologische Untersuchungen durchgeführt. Diese ergaben 2 Monointoxikationen und 2 Mischintoxikationen. Bei den beiden Monointoxikationen hatte einer der beiden Verstorbenen eine, aus toxikologischer Sicht, potenziell letale Dosis Lithium im Blut, der andere eine letale Dosis Promethazin, beide verstarben jedoch an einer Strangulation. Die Mischintoxikationen wiesen eine Kombination von Codein, Diazepam und Lorazepam auf sowie eine Kombination von Cocain, Methadon und Zopiclon. In diesen beiden Fällen konnte keine eindeutige Aussage über die Einstufung als suizidale oder akzidentelle Intoxikation getroffen werden.

Diskussion

Todesfälle stationär untergebrachter Psychiatriepatienten sind seltener als in der Somatik, doch wirft ein solcher Todesfall nicht selten die Frage einer möglichen Sorgfaltspflichtverletzung auf.

Alter und Geschlechterverhältnis der untersuchten Stichprobe

In der vorliegenden Untersuchung zu Todesfällen in der stationären Psychiatrie betrug das Geschlechterverhältnis von männlich zu weiblich 3:2.

Im Gegensatz dazu ist den Daten des Statistischen Landesamtes Hessen (SLA) des Jahres 2017, die auf einer Aufbereitung aller Leichenschauscheine beruhen, zu entnehmen, dass bei der Verteilung von Todesfällen aufgrund psychiatrischer Grunderkrankungen ein Geschlechterverhältnis männlich zu weiblich von etwa 1:2 besteht. Außerdem geht aus den Daten des SLA hervor, dass sich Männer (unabhängig von einer diagnostizierten psychiatrischen Grunderkrankung) ungefähr 3‑mal häufiger suizidieren als Frauen [16]. Das SLA Hessen erfasst alle an einer psychiatrischen Grunderkrankung und an einem Suizid Verstorbenen des Bundeslandes Hessen. Allerdings sind auch diese Zahlen kritisch zu sehen, da das SLA Hessen seine Daten den Leichenschauscheinen entnimmt, diese nicht immer adäquat ausgefüllt werden, und nur selten durch eine Obduktion validiert sind [17, 29].

Die festgestellte Häufung von Todesfällen in der 5. und 7. Lebensdekade ließe sich dadurch erklären, das mit 19 Fällen die Depression zusammen mit ihren Komorbiditätserkrankungen (Psychose, vorhergegangene Suizidversuche) knapp die Hälfte der untersuchten Fälle ausmacht (43 %). In der Literatur wird für die Depression eine Altershäufigkeit zwischen 30 und 45 Jahren und ab dem 65. Lebensjahr beschrieben [21].

Todesursachen

Natürliche Todesursachen

Bei den natürlichen Todesursachen ist eine Häufung der Herz-Kreislauf-Erkrankungen (n = 11) feststellen. Aufgrund der hohen Mortalität durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Deutschland ist es nicht verwunderlich, dass auch in der Psychiatrie Todesfälle aus diesem Kreis der Erkrankungen am häufigsten vorkommen [24].

Suizide

In der vorliegenden Untersuchung fand sich auch eine Reihe von Todesfällen infolge Suizids. Psychiatrische Erkrankungen, insbesondere Depressionen und Schizophrenien, gehen mit einem erhöhten Risiko für (weitere) Suizidversuche oder einen Suizid einher [22]. Die vorliegende Untersuchung ergab, dass sich 7 der an Depression Erkrankten suizidierten. Insgesamt hatten sich 13 Verstorbene auf einer geschützten Station befunden. Von diesen hatten sich 9 Patienten, 6 davon durch Strangulation, suizidiert.

Da bei etlichen psychiatrischen Erkrankungen ein erhöhtes Risiko für das Auftreten eines Suizids bekannt ist und Patienten auf einer geschützten Station erheblich genauerer Überwachung unterliegen, ist im Einzelfall zu prüfen, wie es 9 Verstorbenen in stationärer Therapie möglich war, sich zu suizidieren. Eine solche Prüfung umfasst die Frage der Überwachung bzw. Kontrolle, wie die Patienten z. B. an Strangwerkzeug oder an Medikamente gelangten, und ob Sicherheitsmaßnahmen wie die Einbehaltung von Gürteln und Schnürsenkeln durchgeführt wurden [7]. Besonders zu berücksichtigen ist der Suizid durch Strangulation als häufigste Suizidmethode in Deutschland [14]. Bei der Bearbeitung solcher Todesfälle ist eine genaue Dokumentation des verwendeten Strangwerkzeugs (Gegenstand an sich und Art der Anbringung), der Örtlichkeit (besonders bezüglich z. B. frei liegender Rohrleitungen zum Anbringen von Strangwerkzeug) sowie der Suspension des Verstorbenen von Bedeutung, um u. a. Hinweise zur Unterscheidung zwischen Homizid, Suizid oder Unfall erheben zu können [11].

Ungeklärte Todesursache

In 2 Fällen wurde nach Obduktion eine ungeklärte Todesursache angegeben. Aufgrund fehlender makroskopischer Todesursachen wurden toxikologische und histologische Untersuchungen empfohlen, jedoch nicht angeordnet. Zwar kann die Staatsanwaltschaft die Untersuchung entnommener Proben veranlassen, sind für sie jedoch alle Fragen beantwortet, ordnet sie in der Mehrzahl der Fälle keine weiteren Untersuchungen an [3, 4].

Stellenwert der forensisch-toxikologischen Untersuchung

Die forensische Toxikologie muss sich in Fällen von stationär verstorbenen psychiatrischen Patienten mit folgenden zwei Problemen auseinandersetzen: Einerseits ist bei der Interpretation von postmortal nachgewiesenen Wirkstoffkombinationen und Wirkstoffspiegeln – auch im Hinblick auf die todesursächliche Relevanz der Wirkstoffe – immer an eine individuelle Gewöhnung zu denken, so z. B. bei Opioiden. Dann ist eine klare Aussage über den verbindlichen letaltoxischen Schwellenwert kaum möglich, auch wenn es in der Literatur publizierte Schwellenwerte gibt [1]. Andererseits sind die zahlreichen, in der Psychiatrie verwendeten, gewollt zentral wirkenden Medikamente teilweise durch ihren raschen Metabolismus zu Lebzeiten postmortal qualitativ schwer nachzuweisen [6].

Dennoch zeigte sich, dass toxikologische Untersuchungen in Fällen von in der Psychiatrie Verstorbenen anzustreben sind, einerseits um Aufschluss über die Todesursache geben zu können, andererseits weil in der Psychiatrie zentral wirksame Medikamente therapeutisch genutzt werden und damit grundsätzlich zugänglich sind. So konnte in einem Fall ein Suizid mit einem Antipsychotikum festgestellt werden. Zwei weitere Patienten verstarben nach Einnahme von Opiaten und einer nach Einnahme von Opiaten und eines Benzodiazepins, wobei keine Aussage über eine suizidale oder akzidentelle Intoxikation in den Unterlagen zu finden war. In solchen Fällen ist zu klären, wie die Verstorbenen an Medikamente in toxischer Dosierung gelangen konnten. Es sollte aber grundsätzlich nicht nur an Suizid durch Intoxikation gedacht werden, sondern auch an verstärkte oder unerwünschte Wirkungen eines Psychopharmakons oder an Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten [2].

Fixierungen

In Notfällen mit akuter Eigen- oder Fremdgefährdung und wenn mildere Mittel versagen, darf ein Patient fixiert werden [15]. In den 44 untersuchten Fällen wurden nur 4 Fixierungen dokumentiert. Drei dieser Fixierungen erfolgten in einer „2-Punkt-Fixierung“. Regelgerechte Fixierungsmaßnahmen sind in der Fachliteratur beschrieben, von einer 1‑Punkt- bis zu einer 11-Punkt-Fixierung [9]. Bei Fixierungen von 4 Punkten oder weniger besteht die Gefahr, dass der Patient sich selbst wegen des verbleibenden körperlichen Spielraums z. B. strangulieren kann. Dies kann durch eine kontinuierliche Überwachung vermieden werden [12]. Grundsätzlich sollte eine Fixierung vermieden werden, da ein erhöhtes Thrombose- und Embolierisiko besteht und fixierte Patienten durch ihre Agitiertheit in eine hilflose Lage geraten oder sogar durch unbeabsichtigte Strangulation versterben können, wie in einem Fall dieser Untersuchung [13, 19]. Im Einzelfall ist zu klären, aus welchen Gründen eine Fixierung erfolgte, und ob zuvor weniger eingreifende Maßnahmen unternommen wurden [27]. Auch ist zu prüfen, ob alle Fixierungen unter nötiger Sorgfalt und mit regelmäßigen Kontrollen aufrechterhalten wurden [5].

Die S3-Leitlinie „Verhinderung von Zwang“ der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) verlangt, die Fixierungszeit so kurz wie möglich zu halten und z. B. in Abhängigkeit von der Dauer einer Fixierung auch eine Thromboseprophylaxe durchzuführen [8, 9]. Somit wäre in Fällen einer tödlichen Lungenembolie unter Fixierung zu klären, wie lange die Fixierung als Zwangsmaßnahme im Sinne einer Sicherungsmaßnahme aufrechterhalten wurde, und ob, bei längerer Fixierung, eine (leitliniengerechte) Thromboseprophylaxe durchgeführt wurde. Zu beachten ist, dass auch bei leitliniengerechter Thromboseprophylaxe das Auftreten von Thrombosen und Embolien nicht in allen Fällen verhindert werden kann [26].

Ein Patient verstarb in einer Fixierung an einer Pneumonie in Kombination mit einem stark vorgeschädigten Herzen. Eine derartige Konstellation kann die Fragen nach einer ausreichend durchgeführten körperlichen Untersuchung aufwerfen, und ob klinische Symptome hätten festgestellt werden können oder müssen.

Eine Untersuchung agitierter Patienten ist schwierig, in einigen Fällen unmöglich, dennoch ist eine gründliche körperliche Untersuchung zeitnah anzustreben, um mögliche Komplikationen, die durch somatische Vorerkrankungen entstehen könnten, rechtzeitig zu erkennen [28].

Ein Patient verstarb an einem Herzinfarkt. Durch die starke Erregung des Patienten, die durch eine Fixierung noch verschlimmert wird, kann eine bereits seit Jahren progrediente stenosierende Koronarsklerose zu einem Herzinfarkt führen.

Die Fixierung eines Patienten als Sicherungsmaßnahme wird als Ultima Ratio angewendet. Deswegen wäre für weitere Studien zur Verhinderung von Komplikationen ein Register, das zumindest von der jeweiligen Einrichtung, wenn nicht zentral geführt wird, anzustreben. In diesem sollten Art und Umstände der Fixierung sowie detaillierte Angaben zum Gesundheitszustand und zu entstandenen Komplikationen des fixierten Patienten dokumentiert werden [18]. Durch ein solches Register ließe sich in Kombination mit einer Obduktion und weiterführenden Untersuchungen auch eher differenzieren, ob der Patient an der Fixierung verstarb oder unabhängig davon in einer Fixierung.

Fazit für die Praxis

  • Todesfälle in der stationären Psychiatrie sollten gründlich untersucht werden, um mögliche Risikofaktoren zu identifizieren und zu minimieren.

  • Zur Vermeidung von Todesfällen im stationären Bereich der Psychiatrie sind ggf. eine kontinuierliche Überwachung und ein Entfernen/Einbehalten von möglichen Werkzeugen, mit denen ein Suizid begangen werden kann, erforderlich.

  • Das Führen eines Registers durchgeführter Fixierungen und aufgetretener Komplikationen ist sinnvoll.

  • Dokumentationsdefizite sollten vermieden werden.

  • Obduktionen von in der Psychiatrie Verstorbenen sind immer anzustreben.