Das vorliegende Heft widmet sich mit seinem Schwerpunkt „Evidenzbasierte Medizin in der Urologie“ einem wichtigen Bestandteil unseres Fachgebiets. Bereits im Jahr 2013 hat die Deutsche Gesellschaft für Urologie e. V. (DGU) als eine der ersten medizinischen Fachgesellschaften mit der Gründung von UroEvidence den Grundstein für den Aufbau eines Wissenstransferzentrums gelegt [1]. UroEvidence verfolgt, unter der Leitung von Prof. Dr. med. B. Wullich, mit insgesamt 15 ehrenamtlich tätigen Urologinnen und Urologen, 3 wissenschaftlichen Mitarbeitern und einem Leitliniensekretariat innerhalb der Berliner DGU-Geschäftsstelle das Ziel, die verfügbare wissenschaftliche Evidenz in der Urologie systematisch zu erfassen, zu bewerten und allen in aufbereiteter Form zur Verfügung zu stellen.

Die evidenzbasierte Medizin ist mittlerweile ein fester Bestandteil des deutschen Gesundheitswesens und lässt sich auch aus der Urologie nicht mehr wegdenken. Hierbei bestehen zwei gleichwertige Prinzipien: 1. Es gibt Evidenz, die qualitativ hochwertiger ist, als andere (Evidenzhierarchie). 2. Entscheidungen im Gesundheitswesen basieren auf dem aktuellen Stand der klinischen Forschung, der individuellen klinischen Erfahrung des Arztes und den Werten und Wünschen des uns anvertrauten Patienten.

In diesem Leitthemenheft geben Ihnen Dräger et al. einen Überblick über die wichtigsten Institutionen evidenzbasierter Medizin in Deutschland, welche medizinische Entscheidungen zur Versorgung der Bevölkerung und zum Schutz der Patienten auf wissenschaftliche Erkenntnisse unter Abwägung von Nutzen und Schaden stützen.

Graf et al. stellen Ihnen die verschiedenen Formen der Evidenzsynthese vor und zeigen den Unterschied zwischen einer qualitativ hochwertigen systematischen Übersichtsarbeit und einer einfachen Evidenzzusammenfassung auf.

Durch die zwei oben beschriebenen, gleichberechtigten Prinzipien der evidenzbasierten Medizin kann es folglich auch für qualitativ hochwertige Forschungsergebnisse keine automatische Anwendung von Studienergebnissen in die klinische Routine geben. Eine systematische und transparente Methode zur Bewertung der Vertrauenswürdigkeit in die Evidenz, aber auch für den Transfer von Studienergebnissen zu einer medizinischen Empfehlung, wurde von der GRADE Working Group etabliert [2]. Die Arbeitsgruppe um Herrn Meerpohl zeigt an einem urologischen Beispiel, wie sich die Vertrauenswürdigkeit der vorhandenen Evidenz anhand von GRADE interpretieren lässt. In dem folgenden Artikel beschreibt Frau Nothacker, wie hieraus unter Berücksichtigung weiterer Entscheidungskriterien unterschiedliche Empfehlungsstärken für Leitlinien gestellt werden können.

Der Transfer von Forschungsergebnissen aus klinischen Studien in die klinische Praxis, sowie die regelmäßige Überprüfung dessen Aktualität ist ein wichtiger Bestandteil der evidenzbasierten Medizin. Der Gemeinsame Bundesausschuss wurde als höchstes Gremium der Selbstverwaltung durch den Gesetzgeber beauftragt, über den medizinischen Leistungsanspruch von gesetzlich krankenversicherten Menschen zu entscheiden. Die Arbeitsgruppe um Frau Lelgemann stellt uns vor, wie dies in Deutschland funktioniert und welche Evidenzgrundlage hierfür verwendet wird.

Für den Wissenstransfer sind aber auch die von den Mitgliedern von UroEvidence bereits seit 2015 in Der Urologe veröffentlichten Übersetzungsarbeiten von qualitativ hochwertigen systematischen Übersichtsarbeiten wichtig. Die Ergebnisse von Cochrane Reviews werden hierdurch einer breiten deutschsprachigen Leserschaft zugänglich gemacht, und es erfolgt eine kritische Betrachtung und Einordnung in die klinische Praxis in Deutschland [3]. Falls Sie einen dieser Beiträge verpasst haben, geben wir Ihnen hier nochmal die Möglichkeit, in den gesammelten Werken der letzten 3 Jahre die für Sie interessanten Übersetzungen noch einmal zu sichten.

Wenn Sie mehr über unsere Arbeit der letzten Jahre erfahren möchten, dann laden wir Sie auf der Internetseite der biomedizinischen Datenbank PubMed (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/) dazu ein, unsere Beiträge unter dem Stichwort „UroEvidence“ zu verfolgen.

Die evidenzbasierte Medizin ist gerade in letzter Zeit durch kontrovers diskutierte Entscheidungen in die Kritik geraten. Wir halten es für dringend notwendig, die Vorgehensweise der evidenzbasierten Medizin zu kennen, damit Entscheidungen auf Grundlage von wissenschaftlichen Erkenntnissen getroffen werden und damit transparent und nachvollziehbar sind.

Wir hoffen, dass die hier präsentierten Artikel zum Thema evidenzbasierte Medizin für Sie spannend sind und laden zu einer konstruktiven Diskussion über die Möglichkeiten einer qualitativ hochwertigen Patientenversorgung ein.

Ihr UroEvidence Team