Zusammenfassung
Bei der Bevölkerung genießt der Arztberuf nach wie vor ein sehr hohes Ansehen. Er hat jedoch auch erhebliche Schattenseiten. Diese sind eine hohe zeitliche und psychische Belastung, eine geringe Lebenszufriedenheit, wenig Freizeit und Privatleben, starke gesundheitliche Belastungen in Verbindung mit einem erhöhten gesundheitlichen Risikoverhalten.
Zwischen Januar 2004 und März 2006 wurden in den Bundesländern Hessen, Niedersachsen, Sachsen und Thüringen niedergelassene Urologinnen und Urologen über Ihre Lebenszufriedenheit, ihr gesundheitliches Befinden und ihre Berufszufriedenheit befragt. Von 599 der angeschriebenen Ärzte sandten 194 den 14-seitigen Fragebogen ausgefüllt zurück. Die Rücklaufquote betrug 30,8%. Der Fragebogen beinhaltete Fragen zur beruflichen Situation, zu Wünschen und Plänen, zur Gesundheit, zur Person, zur Lebenssituation und zur Einstellung zu verschiedenen Lebensbereichen. Folgende Fragebögen wurden eingesetzt: Fragen zur beruflichen Selbstwirksamkeit von Abele et al. (2000), zur beruflichen Belastung und zur Lebenszufriedenheit (FLZ) von Fahrenberg et al. (2000) und zur beruflichen Gratifikation (ERI) von de Jonge et al. (2000). Die körperlichen Beschwerden wurden mit der Kurzform des Gießener Beschwerdebogens (GBB24) erfasst. Wenn möglich wurden die Daten mit denen einer repräsentativen Bevölkerungsstichprobe verglichen.
Die Auswertung ergab, dass sich die urologischen Vertragsärzte am meisten durch den bürokratischen Verwaltungsaufwand belastet fühlen, gefolgt von der unsicheren Zukunft und dem Mangel an Privatleben. Obwohl >74,8% glauben, dass ihre gesundheitliche Verfassung gut bzw. sehr gut sei, leiden die Urologinnen und Urologen viel mehr an Herz- und Magenbeschwerden als der Durchschnitt der Bevölkerung und sind in weit höherem Maße erschöpft. Bei einer überdurchschnittlich hohen Verausgabungsbereitschaft liegt das Verausgabungs-Belohnungs-Ungleichgewicht weit über dem der Bevölkerungsstichprobe. Letzteres könnte eine Ursache für die psychosomatischen Beschwerden der Ärztinnen und Ärzte sein.
Abstract
The medical profession still enjoys a high standing in the general population. It does, however, have considerable drawbacks. These include high levels of time expenditure and intense psychological stress, lower degree of life satisfaction, limited leisure time and private life, and immense physical stress in connection with increased health risk behavior.
Between January 2004 and March 2006, a survey was conducted among urologists in private practice in the German states of Hesse, Lower Saxony, Saxony, and Thuringia concerning their life satisfaction, health status, and professional satisfaction. Of the 599 physicians contacted by mail, 194 returned the completed 14-page questionnaire. The rate of return was 30.8%. The questionnaire contained items on professional situation, wishes and plans, health, personal data, life situation, and attitude towards various aspects of life. The following questionnaires were employed: questions on professional self-efficacy according to Abele et al. (2000), on professional stress and life satisfaction according to Fahrenberg et al. (2000), and on professional gratification according to de Jonge et al. (2000). Physical complaints were assessed by the short form of the Giessen Complaint Questionnaire. When possible, the data were compared with those of a representative population sample.
Analysis revealed that registered urologists considered bureaucratic administrative chores to cause the greatest strain, followed by an uncertain future and lack of a private life. Although >74.8% believed that their physical condition was good or very good, urologists suffer more frequently from cardiac and abdominal complaints than the average population and are exhausted to a considerably higher extent. With their above average willingness to overtax themselves, the imbalance between exhaustion and benefit is far greater than in the population sample. This could represent the cause of the psychosomatic complaints among the physicians.
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Berberich, H.J., Brähler, E. Lebenszufriedenheit, gesundheitliches Befinden und Berufszufriedenheit bei niedergelassenen Urologinnen und Urologen. Urologe 45, 933–938 (2006). https://doi.org/10.1007/s00120-006-1123-6
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00120-006-1123-6