Schwere Verletzungen an der Wirbelsäule im Kindesalter sind selten. Diese wenigen Fälle verteilen sich zudem bundesweit auf mehrere Zentren. Die Aneignung einer besonderen Expertise auf diesem Gebiet gelingt also nur über viele Jahrzehnte bei kontinuierlicher Tätigkeit in den entsprechenden Zentren.

Gerade bei Verletzungen der Wirbelsäule im Kindesalter bedarf es allerdings sowohl bei der Diagnostik als auch bei der Therapie einer ausgesprochenen Expertise. An der wachsenden und sich entwickelnden Wirbelsäule sollen Verletzungen nicht übersehen werden, da Spätfolgen z. T. erheblich sein können. Da v. a. bei jüngeren Kindern die Anamnese und die klinische Untersuchung oft erschwert sind, kommt der bildgebenden Diagnostik ein entscheidender Stellenwert zu. Hier diskutiert die Fachwelt aber über abzuwägende Faktoren wie Strahlenbelastung und eingeschränkte Sensitivität einer Röntgendiagnostik, welche dem Risiko einer Narkose, die für eine magnetresonanztomographische Bildgebung notwendig sein kann, gegenüberstehen.

Die Therapie von Verletzungen der Wirbelsäule bei Kindern kann aufgrund des großen Korrekturpotenzials der wachsenden Wirbelsäule oft konservativ erfolgen. Die genaue Kenntnis über die entsprechende Verletzung und das Ausmaß der im verbleibenden Wachstum noch zu erwartenden körpereigenen Korrektur sind hier unabdingbar und bedürfen einer entsprechenden Erfahrung des Behandlers.

In allen Altersgruppen vom Kleinkind bis hin zum Adoleszenten gibt es aber auch schwere Verletzungen der Wirbelsäule, welche einer operativen Therapie bedürfen. Sowohl für die generelle Indikationsstellung als auch für die Wahl der anzuwenden Operationstechniken gibt es bisher keine einheitlichen Empfehlungen.

Das hier vorliegende Themenheft zu Wirbelsäulenverletzungen im Kindesalter stellt in den entsprechenden Leitartikeln die Empfehlungen zu Diagnostik und Therapie von Verletzungen der Wirbelsäule bei Kindern vor, welche durch die Arbeitsgruppe Wirbelsäulentrauma im Kindesalter der Sektion Wirbelsäule der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie erarbeitet wurden. Aus diesen Empfehlungen können konkrete Hilfestellungen bei der Diagnostik und Therapie von allen Verletzungen der gesamten Wirbelsäule für alle Altersabschnitte im Kindesalter entnommen werden.

Eine Kasuistik über 2 Patienten zeigt Langzeitergebnisse nach der Behandlung schwerer Wirbelsäulenverletzungen im Kindesalter.

Aus der genannten Arbeitsgruppe heraus ist auch ein Originalartikel entstanden, welcher erstmalig umfangreiche nationale epidemiologische Daten zu Wirbelsäulenverletzungen im Kindesalter liefert.

Um neben den innerklinischen Abläufen bei pädiatrischen Patienten mit Verletzungen der Wirbelsäule auch die präklinische Versorgung zu optimieren, wurde eine Entscheidungsregel zur präklinischen Immobilisation von Kindern entwickelt und getestet, was in einem weiteren Originalartikel beschrieben ist.

Jahrzehntelange Erfahrung mit der Diagnostik und Behandlung von Kindern mit Wirbelsäulenverletzungen kann durch das vorliegende Themenheft weder generiert noch ersetzt werden. Vielmehr soll es eine Orientierung bei der Behandlung der uns anvertrauten Kinder darstellen.

PD. Dr. Dr. Michael Kreinest

Dr. Stefan Matschke