FormalPara Zum 25. Jubiläum

Zum Anlass des 25. Jubiläums im Juli 2016 möchten wir Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, die Erfolgsgeschichte der Münchner Fortbildungswoche von ihrem Beginn unter Leitung von Prof. Marchionini bis zur aktuellen von Prof. Ruzicka geführten Tagung schildern. Ein besonders beliebter Bestandteil der Münchner Fortbildungswoche für Praktische Dermatologie und Venerologie ist die DIA-KLINIK®. Viele von Ihnen wissen vermutlich nicht, dass die mittlerweile auf beinahe allen dermatologischen Fachtagungen in Deutschland etablierte und beliebte DIA-KLINIK® vor 43 Jahren in München auf der 7. Fortbildungswoche 1973 geboren wurde – damals noch als bilderloses 26-seitiges Heft in Schreibmaschinendruck. Zur 9. Fortbildungswoche 1979 entwickelte sich dann die DIA-KLINIK® bereits zu einem 81-seitigen Katalog mit zahlreichen Farbabbildungen. Zum Jubiläum wollen wir an 5 ausgewählte Fälle erinnern, die teils wichtige Entwicklungen in unserem Fachgebiet vorwegnehmen, und diese aus heutiger Perspektive kommentieren.

Peter Thomas, Tagungssekretär

Thomas Herzinger, Diaklinik-Organisator

Die Münchner Fortbildungswoche kann auf eine 65-jährige Erfolgsgeschichte zurückblicken, die anlässlich ihres 25. Jubiläums im Juli 2016 beschrieben werden soll. Die rein deutschsprachige Tagung wird seit dem Gründungsjahr 1951 über die Hautklinik der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität ausgerichtet. Nach anfänglichen mehrjährigen Abständen findet sie nun schon seit Jahrzehnten alle 2 Jahre zu geraden Jahreszahlen in der letzten Juliwoche im Wechsel mit der Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) statt. Das Programm der Fortbildungswoche hat die bewährte Struktur beibehalten: vormittags und bis zum frühen Nachmittag nur Plenarvorträge und erst in der zweiten Nachmittagshälfte parallele Kurse, Seminare und Vorträge. Die Beiträge der Redner werden den Tagungsteilnehmern nochmals zur Verfügung gestellt: bis zum Jahr 2012 in der im Folgejahr erschienenen Kongresspublikation, ab 2014 Web-basiert (über mehrere Monate abrufbar) als „FOBI on demand“. Die Themenpalette ermöglicht Fortbildung und Information zu den Weiterentwicklungen unseres Faches wie auch das Auffrischen und Ergänzen praktischer Fähigkeiten. Die Redner nehmen gern die Herausforderung an, bekannte Themen aktuell darzustellen oder neue Fragestellungen kompetent zu vertiefen. Der Tagungsleiter und sein Organisationsteam zusammen mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Klinik, die weit gefächerte Industrieausstellung und der Münchner Charme lassen die letzte Juliwoche alle 2 Jahre zu einem besonderen Ereignis werden.

Von den Anfängen bis heute

Um den besonderen Charakter der Fortbildungswoche zu verstehen, muss man auch ihre Geschichte näher kennen. Begonnen hat alles mit dem großen Einsatz von Alfred Marchionini (1899–1965). Nach den ersten klinisch wissenschaftlichen Schritten in Freiburg und Heidelberg wurde seine Bewerbung um den Lehrstuhl Dermatologie an der deutschsprachigen Karls-Universität Prag 1937 abgelehnt, und er erlebte zusammen mit seiner Ehefrau – Ärztin mit einem jüdischen Großelternteil – die nationalsozialistische Verblendung Deutschlands. Während der Jahre der Emigration von 1938 bis 1948 in der Türkei als Leiter der Hautklinik Ankara, nach der Übernahme des Lehrstuhls Dermatologie 1948 an der Universität Hamburg und schließlich 1950 an der Ludwig-Maximilians-Universität München hatte er einen großen Wunsch bewahrt. Schließlich konnte er ihn 1951 in Süddeutschland realisieren: Es sollte eine Plattform entstehen, um engeren Kontakt zu den niedergelassenen Dermatologen – zunächst in Bayern – zu bekommen, aber auch, um über seine internationalen Kontakte die weltkriegsbedingte Isolierung der deutschen Dermatologie aufzubrechen. Zusammen mit dem aus Hamburg mitgekommenen leitenden Oberarzt Hans-Michael Götz wurde im Juli 1951 der erste Fortbildungskurs an der Münchner Klinik zwischen Frauenlobstraße und Thalkirchnerstraße durchgeführt. Im großen Hörsaal standen noch lose Stühle, und die Projektion erfolgte mit einem Epidiaskop und einem einfachen Diaprojektor. Es kamen nicht nur Ärzte aus Deutschland, speziell Bayern, sondern auch aus 10 anderen Ländern zusammen. Es gab auch eine Publikation zum 1. Fortbildungskurs, in der auf 268 Seiten in 29 Beiträgen mit 12 Abbildungen (Abb. 1) der damalige Wissensstand beleuchtet wurde [1]. Was wurde damals diskutiert, was gab es an Neuem? Alfred Marchionini berichtete im zweiten Beitrag zu Neurodermitis im Hinblick auf die Therapie über „den geringen Wert der spezifischen Desensibilisierung … erfolgreiche Verabreichung von Keimdrüsenhormonen … gewisse Linderung des Juckreizes durch Antihistamin … Lokalbehandlung der lichenoiden Infiltration über Teer und seine Derivate …“. Alfred Stühmer (1885–1957) aus Freiburg kommentierte in seinem Beitrag zur Syphilis: „… Der Überblick über eine große Zahl von Krankheitsabläufen auch unter Penicillinbehandlung veranlasst mich zu der Warnung, daß wir uns nicht allzufrüh von der gewohnten und festbegründeten Salvarsan-Wismutbehandlung abdrängen lassen! ...“ Bald war aber die Zeit reif dafür, dass große Erfolgsnachrichten aus „Übersee“ gehört und über die Weltoffenheit von Alfred Marchionini zu den deutschen Dermatologen gelangten. So kam durch Marion B. Sulzberger (1895–1983) aus New York die Nachricht über ACTH und Kortison (Compound F, das erste fluorierte Hydrokortison), wobei Letzteres von ihm als hochwirksames, aber nur wenig verfügbares und teures Lokaltherapeutikum beschrieben wurde [2]. Nach Marchioninis Tod wird 1967 Otto Braun-Falco, aus Marburg kommend, neuer Klinikdirektor in München. Zwei Jahre später – nach 5‑jähriger Pause – wird 1969 der 6. Fortbildungskurs ebenfalls noch an der Münchner Hautklinik abgehalten.

Abb. 1
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Titelseite von Band 1. Fortschritte der Praktischen Dermatologie und Venerologie 1952

Mit dem nächsten, nämlich dem 7. Fortbildungskurs beginnt 1973 ein neuer Abschnitt: Die Tagung wird 1973 unter dem Eindruck der großen Nachfrage, der besseren Vernetzung durch die im Vorjahr eröffnete U‑Bahn und über Einbringen neuer Ideen erweitert. Ein neuer Tagungsort wird mit dem Arabella Sheraton Hotel gewählt. Als weiterer Meilenstein wird 1973 die DIA-KLINIK® geboren (Abb. 2 und 3). Am letzten Tag des 7. Fortbildungskurses werden Kasuistiken vorgestellt, die in einem jetzt erstmals präsentierten Format in einer extra ausgegebenen Broschüre den Tagungsteilnehmern mitgegeben werden. Der Begriff „Fortbildungswoche“ wird bei der 8. Veranstaltung 1976 eingeführt. Von den Anwesenden werden sehr aufmerksam neue Themen wie „mikroskopisch kontrollierte Chirurgie des Basalioms“ und die von Klaus Wolf aus Wien vorgestellte „PUVA-Photochemotherapie der Psoriasis“ aufgenommen. Im Jahr 1992 übernimmt Professor Plewig parallel zur Klinikleitung auch die Leitung der Fortbildungswoche, und die Teilnehmerzahlen steigen unter seiner Führung bis zum Jahr 2006 auf über 2500 an. Mancher Tagungsbesucher wird sich noch zurückerinnern, wie beengt die Verhältnisse im Tagungshotel Arabella waren, auf dessen Oberdeck sogar ein Zelt mit Zusatzprojektion für Teilnehmer errichtet wurde [3]. Die Tagungsbände mit der integrierten DIA-KLINIK® waren nunmehr schon seit ihrer Einführung in den 1950er-Jahren wertvolle Nachschlagewerke geworden. Sowohl auf den Bänden der DIA-KLINIK® als auch den Fortbildungsbänden erinnert ein typisches, siegelartiges Logo mit den Türmen der Frauenkirche und der Mariensäule vor dem Rathaus an die Münchner Fortbildungswoche. Das seit 1983 bis heute bewahrte Format der DIA-KLINIK® hat seinen Siegeszug auch außerhalb der Fortbildungswoche angetreten und wird bei fast jeder großen Regionaltagung wie auch bei den Tagungen der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft erfolgreich genützt.

Abb. 2
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Titelseite der Erstausgabe der DIA-KLINIK 1973

Abb. 3
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Titelseite des aktuellen Formates

Im Jahr 2008 beginnt ein dritter Abschnitt der Erfolgsgeschichte der Fortbildungswoche. Thomas Ruzicka, der aktuelle Münchner Lehrstuhlinhaber (Abb. 4), verlagert die Fortbildungswoche nun in den zentrumsnahen Gasteig (den Konzertsaal der Münchner Philharmoniker) und das gegenüberliegende Holiday Inn. Der große Plenarsaal bietet jetzt allen Teilnehmern Platz, und die erweiterte Industrieausstellung wird gerne angenommen. Die Fortbildungswoche erhält ihre bewährte Struktur, trägt aber auch neuen Entwicklungen Rechnung. So wird der Fortbildungsband letztmals für die 23. FOBI (2012) verfasst und 2014 in eine Online-Plattform („FOBI on demand“) überführt, die den Tagungsteilnehmern das Nacharbeiten der Vorträge ermöglicht. Als kurzweilige, interaktive Stunde wird die „TED-Sitzung“ im Plenum gut besucht, und über Abstimmung bleibt Gelerntes im Gedächtnis. Neue Schwerpunkte wie Ästhetik-Tag und Laser-Tag werden sehr gut aufgenommen.

Abb. 4
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Tagungsleiter der Fortbildungswoche für Praktische Dermatologie und Venerologie

Im Jahr 2016 ist der Zeitpunkt gekommen, an dem die Tagung wieder unter einem Dach – nämlich im ICM (internationales Congresszentrum München) – ausgerichtet wird. Rechtzeitig zum 25. Jubiläum bietet die Fortbildungswoche 2016 wieder kurze Wege zwischen den Tagungsräumen, geballte Information unter größtmöglicher täglicher Punktezuteilung, eine erweiterte Industrieausstellung – und natürlich den Münchner Charme als lieb gewordene Tradition.