Sarkome sind im Gegensatz zu Karzinomen seltene Malignome mesenchymalen Ursprungs. Bei einer Inzidenzrate von 6–8/100.000 Einwohnern und absolut 6800 Neuerkrankungen/Jahr in Deutschland machen Sie einen Bruchteil (2–3 %) aller Krebserkrankungen aus. Die für die Behandlungsplanung entscheidende Unterteilung der Sarkome erfolgt nicht wie bei Karzinomen nach dem Ursprungsorgan, sondern im Kern basierend auf ihrer Lokalisation und dem histopathologischen 3‑stufigen Differenzierungsgrad nach FNCLCC (Fédération Nationale des Centres de Lutte Contre Le Cancer). Es werden bis zu 100 histopathologische Subentitäten unterschieden. Hierbei machen Knochensarkome ca. 13 % und Weichteilsarkome ca. 70 % aller Erkrankungen aus. Gastrointestinale Stromatumoren (GIST) als Sonderfall werden mit einem Anteil von ca. 17 % angegeben.

Insbesondere dem seltenen Auftreten von Sarkomen ist eine weiterhin unzureichende, dringend verbesserungsbedürftige Behandlung geschuldet. Während in manchen Ländern wirksame Konzepte zur frühzeitigen Erkennung und Therapie erfolgreich etabliert wurden („two-week rule“, England; Jakob und Schmolders in diesem Heft), leidet die Behandlungsrealität unter anderem in Deutschland weiterhin an fehlender Standardisierung und insbesondere Zentralisierung (Ghadimi und Bruns in diesem Heft). Folge sind inadäquate Resektionen, nicht stattfindende neoadjuvante und adjuvante Therapiemethoden, was nachweislich zu einer schlechteren onkologischen und funktionellen Prognose beiträgt (Jakob und Schmolders). Deshalb sollte als vordringliches Ziel die frühzeitige Zuweisung in ein Sarkomzentrum gelten. Mit der erst kürzlich erfolgten erstmaligen Zertifizierung von 5 Sarkomzentren durch die Deutsche Krebsgesellschaft ist der erste Schritt hin zu einer flächendeckend qualitativ hochwertigen Versorgung von Sarkompatienten erfolgt (https://www.oncomap.de/centers?selectedOrgan=Sarkome).

Das klinische Bild von Sarkomen ist hoch variabel und spezifische Symptome fehlen

Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Behandlung von Sarkomen ist das in Betracht ziehen derselben. Niedergelassene, aber auch klinikgebundene Ärzte kommen nur sehr selten mit Sarkomdiagnosen in Kontakt. Zudem ist das klinische Bild hoch variabel und spezifische Symptome fehlen. Deshalb kommt insbesondere Radiologen eine besondere Bedeutung zu, da durch die Differenzialdiagnose „Sarkom“ entscheidender Einfluss auf das Überweisungsverhalten niedergelassener Kollegen genommen werden kann.

Während durch die Etablierung multimodaler Therapiekonzepte in den letzten 30 Jahren erkennbar Fortschritte im Krankheitsverlauf von Extremitätensarkomen gemacht wurden, ist die Prognose bei retroperitonealen und abdominellen Sarkomen (RPS) weiterhin schlecht (Lindner in diesem Heft). Die chirurgische En-bloc-Tumorresektion mit negativen Resektionsrändern gilt als zentraler Pfeiler einer jeden erfolgreichen Behandlung solider Malignome. In den letzten 10 Jahren hat sich deshalb das chirurgische Konzept der „systematischen retroperitonealen Kompartmentresektion“ (SRKR) für die Resektion von RPS entwickelt (Ghadimi und Bruns). Sie beinhaltet die systematische Resektion des als „Kompartment“ definierten Retroperitonealraums inklusive aller in ihm liegenden Gewebe und Organe. Ghadimi und Bruns beschreiben detailliert, auch anhand mehrerer Fallbeispiele, bildgestützt die Planung und Durchführung der SRKR. Hierbei wird insbesondere auf Abwandlungen der Operationsstrategie eingegangen, die bei jedem Patienten individuell zu prüfen sind. Die Therapieentscheidung hängt hierbei zum einen von der genauen topographischen Lagebeziehung des Tumors, andererseits von dessen histopathologischen Eigenschaften ab. Zu einem kompletten Tumorstaging gehört bei retroperitonealen Sarkomen deshalb neben der computertomographisch (CT-) und magnetresonanztomographisch (MRT-)gestützten Schichtbildgebung die streng extraperitoneal geführte Hohlnadelstanzbiopsie. In Abhängigkeit vom histopathologischen Subtyp und insbesondere vom Grading sollte grundsätzlich ein multimodales Therapiekonzept im Rahmen eines multidisziplinären Sarkomtumorboards geprüft werden.

Während die neoadjuvante Strahlentherapie von RPS bisher ohne studiengeprüfte Evidenz häufig angewendet wird, da sie flächendeckend verfügbar ist und Alternativen fehlen, hat die neoadjuvante und adjuvante Chemotherapie mit Hyperthermie auch im Langzeit-Follow-up ihre Effektivität bei der Reduktion von Lokalrezidivraten, progressionsfreiem Überleben und Gesamtüberleben unter Beweis stellen können (Lindner). Zentrales Problem ist und bleibt die geringe Verfügbarkeit der Hyperthermie in Deutschland. Adjuvante Chemotherapien werden weiterhin kontrovers diskutiert, da sich gegensätzliche Schlussfolgerungen aus verschiedenen Metaanalysen ergeben haben.

Strahlentherapie bei Extremitätensarkomen ist evidenzbasiert und allgemein akzeptiert

Die Behandlung von Extremitätensarkomen unterliegt ähnlichen Grundsätzen wie die der von RPS. Besondere Bedeutung kommt dem Extremitätenerhalt und der Bewahrung der Extremitätenfunktion zu. Jakob und Schmolders erläutern hierbei, dass der multimodalen Therapieplanung durch ein Expertenteam dabei eine zentrale Bedeutung zukommt. Anders als bei RPS kommt der Strahlentherapie eine evidenzbasierte, allgemein akzeptierte Rolle in der Behandlung tief liegender und über 5 cm messender High-grade-Sarkome der Extremitäten zu. Weitere effektive Verfahren stellen die isolierte Extremitätenperfusion mit rekombinantem Tumornekrosefaktor α und Melphalan sowie die Chemotherapie mit Hyperthermie dar (Lindner). Unter genannten Voraussetzungen können mit einer weniger radikalen fokalen Marginalzonenresektion onkologisch vergleichbare Ergebnisse bei gleichzeitig deutlich besseren funktionellen Resultaten erreicht werden. Komplette kompartimentelle Resektionen des tumortragenden Muskelkompartments sind nicht grundsätzlich notwendig. Nerven und Gefäße sollten nur bei eindeutiger Infiltration reseziert werden. Plastische Rekonstruktionen auch unter Verwendung freier Gewebetransplantate erfordern die Verfügbarkeit eines rekonstruktiv-plastischen Chirurgen.

Gastrointestinale Stromatumoren sind ebenfalls nur durch eine chirurgische Resektion heilbar (Hamacher et al. in diesem Heft). Allerdings haben insbesondere Hochrisiko- und primär metastasierte Patienten durch die Etablierung der medikamentösen Behandlung mittels Imatinib vor knapp 20 Jahren eine deutliche Prognoseverbesserung (Verdreifachung der Überlebenszeit) erfahren. Seit der Einführung von Imatinib hat es einen dramatischen Wissenszuwachs hinsichtlich prädiktiver Faktoren, Resistenzmechanismen und deren Überwindung gegeben (Hamacher et al.). Primär kurativ operierte Patienten mit hohem Rezidivrisiko profitieren ebenfalls erheblich von einer adjuvanten Tyrosinkinaseinhibitor(TKI)-Behandlung. So konnte im adjuvanten Setting eine signifikante Verbesserung des rezidivfreien und des Gesamtüberlebens erreicht werden.

Als wichtigste Entwicklung der letzten Jahre wird von den Autoren (Lindner, Hamacher et al.) die Erstellung von Nomogrammen gesehen, anhand derer wesentlich präziser individuelle Krankheitsverläufe prognostiziert werden können. Nomogramme mündeten in die Entwicklung des „Sarculators“, einer App, die neben tumorspezifischen Parametern auch patientenspezifische Faktoren und im Falle der GISTs genotypische Faktoren verwendet, um das individuelle Rezidivrisiko des Patienten zu berechnen. Mithilfe des Sarculators kann eine individuelle Therapieplanung und Beratung der Patienten erleichtert werden. In der Post-Imatinib-Ära wurden mit Sunitinib (2006) und Regorafenib (2014) weitere effektive Multityrosinkinaseinhibitoren gefunden. Der bisher medikamentös unbehandelbare PDGFRA („platelet derived growth factor receptor alpha“)-D842V-mutierte Genotyp hat mit der erfolgreichen Einführung von Avapritinib kürzlich eine neue Behandlungsoption erhalten.

Retrospektive Studien legen nahe, dass auch im metastasierten Tumorstadium, kurativ intendierte Komplettresektionen und fokale Metastasektomien unter medikamentöser Therapie verbliebener Tumorherde zu einer deutlichen Verbesserung der Krankheitsverläufe bei GIST-Patienten beitragen können (Hamacher et al.). Dennoch muss im Einzelfall im Expertenkonsens abgewogen werden, wie Erfolg versprechend eine chirurgische Therapie im metastasierten Tumorstadium ist. Der optimale Zeitpunkt für eine chirurgische Resektion wird mit 6 bis 9 Monaten nach Einleitung einer TKI-Therapie angegeben.

Die besonders schwer zu behandelnden KIT/PDGFRA-Wiltyp-GISTs sollten grundsätzlich frühzeitig in einem Sarkomzentrum vorgestellt werden.

figure a

Univ.-Prof. Dr. med. Christiane J. Bruns