Ein retroperitoneales Hämatom ist eine bislang kaum beschriebene schwerwiegende Komplikation nach einer zirkulären Hämorrhoidopexie nach Longo. Diese wurde erfolgreich durch die Einlage von rektalen Endo-SPONGEs® therapiert.

Anamnese

Eine 69-jährige Patientin stellte sich mit einem zunehmenden Prolapsgefühl bei Hämorrhoidalleiden vor. In der Untersuchung zeigten sich Hämorrhoiden 3. Grades, ein Mukosaprolaps sowie ein beginnender zirkulärer Anodermprolaps als Ursache. Konservative Maßnahmen brachten keinen gewünschten Erfolg, weshalb im Verlauf die Indikation zur operativen Resektion gestellt wurde. Die Patientin litt an keinen relevanten Komorbiditäten.

Intraoperativ zeigte sich ein erheblicher Mukosaprolaps, daher fiel der Entschluss zur zirkulären Hämorrhoidopexie nach Longo. Bei einem kleinen Restprolaps erfolgte außerdem eine segmentäre Hämorrhoidektomie nach Milligan-Morgan bei 11 Uhr SSL. Der Eingriff gestaltete sich komplikationslos. Postoperativ beklagte die Patientin im Aufwachraum deutliche Schmerzen im kleinen Becken, die jedoch analgetisch zu kompensieren waren.

Befund und Diagnose

Am Abend des Operationstages setzte die Patientin in großen Mengen koageliges Blut ab. Es erfolgt eine Untersuchung in Vollnarkose. Dort zeigte sich bei 4–6 Uhr eine Dehiszenz im Bereich der Klammernahtreihe mit leichter Sickerblutung, welche gestillt werden konnte. Oral davon imponierte ein ca. 6 cm großes retrorektales Hämatom ohne Anhalt für eine aktive Blutung. Da die Höhle kontaminiert war, wurde der Befund belassen und auf eine Hämatomausräumung verzichtet. Die Patientin erhielt Cefazolin und Metronidazol intravenös.

Zwei Tage postoperativ kam es zu einem Hb-Abfall von präoperativ 11,8 g/dl auf 7,9 g/dl (12,0–16,0 g/dl). Ebenfalls entwickelten sich trotz der antibiotischen Therapie zunehmend erhöhte laborchemische Infektparameter. Die Patientin zeigte klinische Anzeichen für eine beginnende Sepsis, weshalb eine Verlegung in das hiesige Universitätsklinikum erfolgte. Die antibiotische Therapie wurde mit Moxifloxacin eskaliert.

In der dort durchgeführten Computertomographie (CT) mit rektaler Kontrastierung demarkierte sich im Bereich der Nahtinsuffizienz ein deutlicher Kontrastmittelaustritt in die bereits vorbeschriebene Hämatomhöhle mit diffus entzündlichen Umgebungsreaktionen (Abb. 1). Perirektal und retroperitoneal imponierten ausgeprägte Imbibierungen, die sich nach apikal bis auf Höhe des Pankreas und diffus entlang der parakolischen Rinnen beidseits erstreckten. Ebenfalls zeigten sich perirektal bis nach paraaortal und parakaval und bis zum dorsolateralen Leberrand abgrenzbare retroperitoneale Luftkollektionen (Abb. 2).

Abb. 1
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CT-Abdomen: Kontrastmittelaustritt mit diffus entzündlicher Umgebungsreaktion

Abb. 2
figure 2

CT-Abdomen: retroperitoneale Luftkollektionen

Therapie und Verlauf

Neben der Eskalation der antibiotischen Therapie wurde aufgrund der milden abdominellen Symptomatik gegen eine operative Sanierung entschieden. Stattdessen erfolgte noch am Aufnahmetag eine Koloskopie, in der ein 15 mm Endo-SPONGE® (B. Braun Melsungen AG, Melsungen, Deutschland) in die etwa faustgroße koagelgefüllte Wundhöhle eingebracht wurde (Abb. 3 und 4). Die Patientin erhielt flüssige Kost.

Abb. 3
figure 3

Bild der flexiblen Rektoskopie: Stuhl und fibrinbelegter Koagel (dicker Pfeil) mit angrenzender Klammernaht (dünne Pfeile)

Abb. 4
figure 4

Bild der flexiblen Rektoskopie: Einbringung des Endo-SPONGE® in die Wundhöhle (dicker Pfeil)

Im Abstand von 3–4 Tagen wurden Rektoskopien mit Einlage von sukzessiv verschmälerten Endo-SPONGE® durchgeführt. Ein zwischenzeitlich auf dem Boden auftretender Fistelporus bildete sich im Verlauf der Endospongetherapie zurück. Es entstand zunehmend eine saubere Granulationshöhle mit abgeschlossenem Wundgrund (Abb. 5). Nach 17 Tagen konnte die Endo-SPONGE®-Therapie beendet werden. Die Patientin wurde kostaufgebaut und konnte die Klinik am darauffolgenden Tag beschwerdefrei und mit normwertigen Infektparametern verlassen. Im häuslichen Rahmen erfolgte die tägliche Gabe von rektalen Klistiers. In der Abschlussuntersuchung, 23 Tage nach Beginn der Therapie, zeigte sich im Bereich der Klammernahtreihe noch ein kleiner Porus. Eiter oder Flüssigkeit entleert sich nicht, die Wundverhältnisse erschienen reizlos. Die Patientin konnte von nun an ambulant weiterbetreut werden. Eine weitere Kontrolle 9 Monate postoperativ zeigte eine komplett reizlos verheilte Narbe (Abb. 6). Die Patientin ist bis dato beschwerdefrei im Hinblick auf ihre Hämorrhoidalbeschwerden, beklagt keine Inkontinenz, Entleerungsstörungen oder Schmerzen im analen Bereich oder im kleinen Becken.

Abb. 5
figure 5

Bild der flexiblen Rektoskopie: Beendigung der Endo-SPONGE®-Therapie bei saubererem Wundgrund mit Granulationsgewebe (dicker Pfeil)

Abb. 6
figure 6

Bild der flexiblen Rektoskopie: Abschlussuntersuchung zeigt reizloses Narbengewebe (dünne Pfeile)

Diskussion

Die zirkuläre Hämorrhoidopexie nach Longo ist eine 1981 von Koblandin [1] entwickelte und seit der Modifikation durch Longo 1998 [2] mittlerweile weltweit anerkannte Operationstechnik bei Hämorrhoiden 3. Grades.

Bislang überzeugt diese Technik, insbesondere im Vergleich zu der Hämorrhoidektomie nach Milligan-Morgan, durch eine kurze Operationszeit, geringe postoperative Schmerzen und kurze Rekonvaleszenzzeit [3]. Die Komplikationsraten variieren je nach Studie zwischen 6,4 % und 31 % [4]. Berichtet wird überwiegend von Rezidiven, Thrombosen, Kontinenzstörungen, endoluminalen Nachblutungen und Stenosen [4]. Nur wenige Fälle von schwerwiegenden Nebenwirkungen wurden bislang publiziert. In der Literatur findet sich zum aktuellen Zeitpunkt ein Fall über eine pelvine Sepsis [5] und 3 Fälle, in denen über eine Perforation des Rektums mit folgender fäkaler Peritonitis [6], Pneumoretroperitoneum und Pneumomediastinum [7] bzw. ein retroperitoneales Hämatom berichtet wird [8]. Als Folge dieser schwerwiegenden Komplikationen wurde in den meisten Fällen eine explorative Laparotomie durchgeführt, teilweise wurde sogar die Anlage eines temporären Kolostomas nötig.

Als Hauptursache werden technische Fehler vermutet. Durch eine zu tiefe Resektion durch den Staplerkopf und die Mitnahme von Anteilen der Muskulatur kann es konsekutiv zu einer Wühlblutung mit Einbruch ins Retroperitoneum kommen.

Die rein interventionelle Behandlung mit Einlage von einem Endo-SPONGE® ist im Zusammenhang mit einer solchen Komplikation bislang nicht beschrieben worden. Seit der Einführung der Endo-SPONGE®-Therapie 2007 durch Weidenhagen et al. [9] gehört diese zur Standardtherapie in der Behandlung von Insuffizienzen bei Rektumanastomosen. Zusätzlich wurde das Einsatzspektrum stetig erweitert. Aufgrund des positiven Verlaufs bei einer solch schwerwiegenden Komplikation und dem Verzicht auf weitere invasive Eingriffe kann diese rein interventionelle Behandlungsmöglichkeit daher auch in Zukunft als Therapieoption in Erwägung gezogen werden. Bei einer Exazerbation der klinischen Symptomatik oder freier intrababdomineller Luft ist weiterhin eine Exploration mit Lavage und ggf. weiteren operativen Maßnahmen zu erwägen.

Fazit für die Praxis

  • Trotz der scheinbar technischen Einfachheit der Staplermukosektomie sollte die Gefahr von schwerwiegenden Nebenwirkungen nicht unterschätzt werden.

  • Bei milder Symptomatik einer retroperitonealen Perforation ohne Anhalt für eine Peritonitis ist eine rein interventionelle Therapie möglich.

  • Die rektale Endo-SPONGE®-Therapie stellt hierbei ein mögliches Verfahren dar.

  • Bei Zeichen einer Peritonitis sollte dieses Verfahren um eine Lavage ergänzt werden.