Wandlung der Geschmacksempfindlichkeit bei einer ballastfreien Ernährung („Astronautenkost“)

Summary

Changes in taste-sensitivity in a 70-year-old man, who had been on a completely residue-free diet for 23 months, caused us to test the gustatory specific and nonspecific thresholds by chemical and electric stimulation of his tongue and with 3 other patients on the same diet. The nonspecific thresholds were normal after both types of stimulation. Electric stimulation of the tongue with different pulse frequencies, normally producing different qualities of taste, elicited in quite a higher percentage of stimulations sweet sensation, and in a lower percentage the result was bitter for those patients on the diet for a longer period. Within the first 2 weeks of this residue-free diet, normal responses to electric stimulation of the tongue were found; this means that sweet was elicited very rarely and bitter much more frequently. The results suggest, that a long lasting monotonous diet might be equivalent with a sensory deprivation of taste information, which might induce changes of the specific taste-thresholds.

Zusammenfassung

Auffällige Veränderungen des Geschmacks bei einem über 23 Monate mit einer Formeldiät ballastfrei ernährten Patienten gaben Veranlassung, das gustatorische Intensitäts- und Qualitätserkennungsvermögen mit chemischer und elektrischer Reizung der Zunge bei weiteren ballastfrei ernährten Kranken zu untersuchen. Die Intensitätsschwellen waren weder bei chemischer noch bei elektrischer Zungenreizung auffällig verändert. Nach elektrischer Zungenreizung mit unterschiedlichen Impulsfrequenzen bei gleichartiger Versuchsanordnung wurde prozentual um so häufiger süß und um so weniger bitter angegeben, je länger die Formeldiät eingehalten worden war. Innerhalb der ersten 8–14 Tage nach dem Beginn der ballastfreien Ernährung wurde dagegen entsprechend unseren bisherigen Erfahrungen mit Normalpersonen süß nur selten und bitter wesentlich häufiger angegeben. Die Ergebnisse weisen darauf hin, daß die durch langdauernde monotone Ernährung bedingte „gustatorisch-sensorische Deprivation“ Veränderungen des Qualitätserkennungsvermögens beim Geschmack auslösen kann.