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Über die Lokomotion der Kreuzspinne Aranea diadema beim Netzbau (nach Filmanalysen)

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Zusammenfassung

Die Arbeit gibt eine Analyse verschiedener Lokomotionsweisen der Aranea diadema mit Hilfe von Filmbildern.

  1. 1.

    Die Bewegungsweise der einzelnen Beine verändert sich beim Laufen am waagerechten Faden nicht wesentlich gegenüber der Fortbewegung auf der horizontalen Ebene. Anders verhält sich allein das 2. Beinpaar, das hier durch Angreifen in der Körperlängsachse (am Faden) nach der Art des 1. Beipaares bewegt wird. Remotionen und Promotionen des 1. und 2. Beinpaares werden zeitlich und räumlich darauf eingestellt.

    3. und 4. Beinpaar sind aktiv an der Fortbewegung beteiligt.

    Die Bewegungskoordination gestaltet sich derart, daß die im reinen Diagonalrhythmus synchron bewegten Beine bei der Fortbewegung am Faden kurz nacheinander in Aktion treten. 3. und 4. Beinpaar werden meist schneller als das 1. und 2. Beinpaar bewegt. Es treten dabei ganz bestimmte Frequenzverhältnisse auf, z. B. verhalten sich in einem Fall die vorderen zu den hinteren Beinpaaren wie 3∶4 oder verhalten sich 1., 2. 3. und 4. Beinpaar zueinander wie 1∶1∶2∶1.

    Amputations- und Autotomie-Experimente, die grundsätzlich zu den gleichen Ergebnissen führen, zeigen eine Rhythmik-Umstellung im Sinne des Diagonalrhythmus.

  2. 2.

    Die Umkehr am Faden erfolgt unter Ausnützung der Schwerkraft durch Verlagerung des Angriffspunktes der hängenden Spinne.

    Für das Hochklettern am Faden stellt sich eine charakteristische Bewegungskoordination heraus, die sich vom Diagonalrhythmus ableiten läßt und als eine Anpassung an die besondere Situation aufgefaßt wird.

  3. 3.

    Bei der Beschreibung der Bewegungen der einzelnen Beine beim Ziehen der Klebspirale werden lokomotorische und funktionelle Bewegungen unterschieden. Die ersteren bewirken allein den Vorschub und stehen nur mittelbar im Dienste der Netzgestaltung, während den letzteren keine Bedeutung für den Vorschub, dagegen ein unmittelbarer Anteil an der Netzgestaltung zukommt.

1., 2. und 4. Beinpaar sind neben der Ausführung von funktionellen Bewegungen vollwertig lokomotorisch tätig. Der Anteil des 3. Beinpaares an der Lokomotion ist meist auffallend gering.

Die funktionellen Bewegungen sind in die normalen lokomotorischen der einzelnen Beine eingebaut. Es stellt sich heraus, daß sich die netzbauende. Spinne keineswegs durch eine spezialisierte Bewegungsrhythmik auszeichnet. Die lokomotorischen Bewegungen stimmen grundsätzlich mit denen einer sich nicht im Netz bewegenden Spinne überein. In dieser Tatsache wird ein hoher Grad von Plastizität der Bewegungen der Situation gegenüber gesehen.

Durch Bewegungen und Gewicht der Spinne entstehen Fadenverlagerungen. Der Grad der Verbiegung verhält sich proportional zur Größe der in Betracht kommenden Abstände (HS-KfU bzw. R0/HS-R1/HS).

Bei mittlerer Entfernung der Radialfäden und geringem Abstand der Hilfsspirale vom Klebfaden-Umgang wird ein Normaltyp des Bewegungsrhythmus gefunden, auf den sich alle anderen Bewegungs-koordinationen, die innerhalb des Ziehens der Klebspirale auftreten, zurückführen lassen. Als die den Normaltyp beeinflussenden Momente erweisen sich einmal die Entfernung der Radialfäden voneinander, zum andern der Abstand der Hilfsspirale vom Klebfadenumgang. Die Lage der Spinne im Netz (oben, unten, seitlich) übt keinerlei Einfluß auf den Bewegungsrhythmus aus.

Die festgestellte Abweichung des Bewegungszusammenspieles vom Diagonalrhythmus kann aus der funktionellen Beanspruchung erklärt werden.

Amputations- und Autotomie-Experimente zeigen den lokomotorischen und funktioneilen Ersatz der ausgefallenen Beine durch die restlichen. In der Koordinationsumstellung macht sich dabei deutlich die Tendenz zu diagonalrhythmischem Verhalten bemerkbar.

An einem Beispiel wird die sichtbare Auswirkung des Verlustes von Beinen auf die Netzgestalt erläutert.

Nach Pervitingabe macht sich eine starke Störung des Bewegungsrhythmus bemerkbar, die offensichtlich für die unregelmäßige Netzstruktur verantwortlich ist.

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Jacobi-Kleemann, M. Über die Lokomotion der Kreuzspinne Aranea diadema beim Netzbau (nach Filmanalysen). Z. Vergl. Physiol. 34, 606–654 (1953). https://doi.org/10.1007/BF00297925

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