Zusammenfassung
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1.
Es wurde mit Hilfe von Zeitlupenkinematographie und Elektronenblitz-Aufnahmen der morphologische und zeitliche Verlauf der normalen Beutefanghandlung des Chamäleons verfolgt.
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2.
Die kürzeste Protrusionsdauer der Zunge vor dem Schuß betrug rund 1/5 sec. Längere Protrusionsdauern kommen häufiger vor.
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3.
Die Dauer der Projektionsphase liegt bei etwa 15 cm Zielabstand zwischen 0,039 sec und 0,054 sec. Der Projektion liegt eine explosive Entladung vorher aufgestauter muskulöser Dehnungs-und Kontraktions-energien zugrunde (Trigger-Mechanismus).
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4.
Die Retraktion währt etwa 4–5mal so lange wie die Projektion und geht in zwei aufeinanderfolgenden Etappen vor sich: a) Aufstülpen von Zungenlasso und Klebkeule auf das voll vorgestreckt bleibende Zungenbein, b) Einziehen des ganzen Zungenbeinapparates mit der aufgestülpten Zunge. Die typische Bewegungsform der Retraktionsphase ist das weit bauchwärts führende Durchpendeln des Zungenkolbens am Zungenlasso. Die Retraktion ist im Gegensatz zur Projektion durch während des Vorganges ablaufende Muskelkontraktionen verständlich.
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5.
Die Formveränderungen der Zungenspitze vom Ruhezustand zur Protrusion, Projektion und Retraktion werden photographisch belegt und gedeutet und die Bildung eines „Klebnapfes“ als wirksames Prinzip festgestellt.
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6.
Gelegenheitsbeobachtungen beschreiben einen zweiten Typ der Beutefanghandlung ohne Zungenbeteiligung.
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Altevogt, R., Altevogt, R. Studien zur Kinematik der Chamäleonzunge. Z. Vergl. Physiol. 36, 66–77 (1954). https://doi.org/10.1007/BF00297854
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