Zusammenfassung
Der Artikel untersucht in einem kombinierten migrations- und spielpädagogischen Zugang die Frage, wie ethnische Gastronomie in Spielzeugen repräsentiert wird: Gelingt eine diskriminierungssensible Gestaltung? Oder werden Stereotype über Migrant*innen und post-migrantische Esskultur reproduziert? Dabei zeigen die Autor*innen, wie Spielzeugverpackungen mithilfe einer Kombination aus Artefaktanalyse (vgl. Lueger und Froschauer, Artefaktanalyse. Grundlagen und Verfahren, Springer VS, Wiesbaden, 2018) und visueller Segmentanalyse (vgl. Breckner, Sozialtheorie des Bildes, transcript, Bielefeld, 2010, Breckner, Österreichische Zeitschrift für Soziologie (ÖZS) 12:143–164, 2012) analysiert werden können. Spielzeugverpackungen sind von besonderer Relevanz, weil sie die ersten Kontaktmomente zwischen Produkt und Kundschaft gestalten. Die Analyse zeigt, dass das Verpackungsdesign nicht auf Ethnisierung setzt, sondern den Kebab-Grill ‚postmigrantisch-hybrid‘ inszeniert. Gleichzeitig stellt die Darstellung jedoch Bezüge zu traditionellen Darstellungen von Männlichkeit, Gewalt und Fleischzubereitung her.
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Notes
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„Als Artefakt werden […] Objekte bestimmt, die in der materiellen Welt als Gegenstände verankert sind, die durch menschliche Eingriffe erzeugt, gehandhabt, modifiziert oder verwandelt wurden und werden. Solcherart sind sie Externalisierungen menschlichen Handelns, die einmal in die Welt gesetzt, den Menschen als ihnen äußerlich begegnen und als solche in ihre Denk- und Handlungsweisen intervenieren“ (Lueger und Froschauer 2018, S. 11).
- 2.
Das aktuelle Logo wird seit 1991 verwendet und unterscheidet sich nur unwesentlich von den zuvor eingesetzten (vgl. Hennel 2009, S. 11). Blau setzte sich als primäre Verpackungsfarbe im Lauf der Jahre durch. Die ersten Produkte wurden auch in roten und grünen Packungen angeboten (vgl. ebd., S. 20 ff.).
- 3.
Diese Annahme hat sich im Verlauf der Interpretation verdichtet. Im Folgenden werden wir die Figur deshalb mit männlichem Gender beschreiben, obwohl wir diese Entscheidung erst zum Ende der Analyse getroffen haben.
- 4.
Eine komplette Überarbeitung der Figuren wurde Ende der 1980er Jahre realisiert (vgl. Hennel 2009, S. 15).
- 5.
Links und rechts beziehen sich auf den Blick der Bildbetrachter*innen.
- 6.
Auf der Verpackung finden sich Hinweise auf die Entstehungszusammenhänge: In einem weißen Rahmen ist auf der Oberseite der Firmensitz in Zirndorf, einer Kleinstadt in Bayern, angegeben sowie Angaben über den Produktionsort: Hal Far auf Malta. Playmobil ist also in dieselben globalen Migrations- und Wissensströme eingebunden, die letztlich auch zur Entstehung des Döners im Brot geführt haben.
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Es wurden insgesamt 28 Rezensionen aus Deutschland grob kategorisiert und ausgewertet (vgl. Amazon 2020).
Literatur
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Waburg, W., Haustov, A., Kranixfeld, M., Sterzenbach, B. (2021). „Spielen mit Geschmack“: Zur Repräsentation ethnischer Gastronomie in Spielzeug am Beispiel von Kebab-Grills. In: Götte, P., Waburg, W. (eds) Den Dingen auf der Spur. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-30768-4_3
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