Zusammenfassung
Unsere heutige Kenntnis bezüglich der Struktur des Rückenmarkes ist durch die Anwendung aller im vorigen Kapitel erörterten Arbeitsmethoden erhalten worden; aber im Gegensatz zu den anderen Teilen des Nervensystems ist hier insbesondere die Embryologie von großem Nutzen gewesen. Und dies nicht nur dadurch, daß die spät-embryonale Periode, zusammen mit der ersten postnatalen, die Gelegenheit bot, zahlreiche Strukturdetails, die im ausgewachsenen Organ keiner Untersuchung zugänglich sind, sichtbar zu machen. Dieser Umstand ist einerseits darauf zurückzuführen, daß verschiedene Imprägnationstechniken am besten in Geweben aus dieser Lebensphase gelingen und andererseits darauf, daß die für das Studium des Nervensystems so wichtige Mal’kreifung in diese Zeit fällt. Wir kennen das junge Rückenmark dadurch bedeutend besser als das ausgewachsene und obwohl fast nicht genug betont werden kann, daß hiermit keine direkten Data über das ausgewachsene Organ erhalten sind, so ist doch unsere Kenntnis betreffs des Rückenmarks im allgemeinen sehr wesentlich dadurch bereichert. Aber daneben — und dies gilt insbesondere für das Rückenmark — bot die jungembryonale Periode die Gelegenheit, einen Einblick in die Verhältnisse der verschiedenen Kerne und Bahnen untereinander zu erhalten. In jungen Embryonen stets steigenden Alters hat es sich nämlich als möglich erwiesen, in jedem Altersstadium ein ziemlich vollständiges Bild von dem im Rückenmark vorhandenen Neuronenapparat in seiner Gesamtheit zu erhalten, so daß wir Schritt für Schritt verfolgen können, wie ein anfangs einfacher und übersichtlicher Neuronenkomplex (der dann indessen trotz seiner Einfachheit schon einen vollständigen Reflexapparat repräsentiert) durch Umbildung seiner Unterteile allmählich zu einem viel verwickelteren Komplex wird, in welchem wir einerseits die wichtigsten Unterteile des ausgewachsenen Rückenmarkes bereits erkennen können und wir andererseits die Verbindung zwischen den Kernen und Bahnen untereinander in großen Zügen zu überblicken noch im Stande sind, unter anderem dank der in diesem Stadium sehr auffallenden Distinktion dieser Unterteile.
Abgeschlossen am 1. August 1926.
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Bok, S.T. (1928). Das Rückenmark. In: Bielschowsky, M., et al. Nervensystem. Handbuch der Mikroskopischen Anatomie des Menschen, vol 4 / 1. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-66443-4_9
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